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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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Johannes," sagte sie, "Er will mir wol Ade
sagen! So kann Er auch dem Fräulein gleich
seine Reverenze machen!" Da war schon
Katharina von ihrer Arbeit aufgestanden; aber,
indem sie mir die Hand reichte, traten die Junker
Wulf und Kurt mit großem Geräusch in's Zim¬
mer; und sie sagte nur: "Lebwohl, Johannes!"
Und so ging ich fort.

Im Thorhaus drückte ich dem alten Dieterich
die Hand, der Stab und Ranzen schon für mich
bereit hielt; dann wanderte ich zwischen den
Eichbäumen auf die Waldstraße zu. Aber mir
war dabei, als könne ich nicht recht fort, als
hätt' ich einen Abschied noch zu Gute, und stand
oft still und schaute hinter mich. Ich war auch
nicht den Richtweg durch die Tannen, sondern,
wie von selber, den viel weiteren auf der großen
Fahrstraße hingewandert. Aber schon kam vor
mir das Abendroth überm Wald herauf, und ich
mußte eilen, wenn mich die Nacht nicht überfallen
sollte. "Ade, Katharina, ade!" sagte ich leise
und setzte rüstig meinen Wanderstab in Gang.

Johannes,“ ſagte ſie, „Er will mir wol Ade
ſagen! So kann Er auch dem Fräulein gleich
ſeine Reverenze machen!“ Da war ſchon
Katharina von ihrer Arbeit aufgeſtanden; aber,
indem ſie mir die Hand reichte, traten die Junker
Wulf und Kurt mit großem Geräuſch in's Zim¬
mer; und ſie ſagte nur: „Lebwohl, Johannes!“
Und ſo ging ich fort.

Im Thorhaus drückte ich dem alten Dieterich
die Hand, der Stab und Ranzen ſchon für mich
bereit hielt; dann wanderte ich zwiſchen den
Eichbäumen auf die Waldſtraße zu. Aber mir
war dabei, als könne ich nicht recht fort, als
hätt' ich einen Abſchied noch zu Gute, und ſtand
oft ſtill und ſchaute hinter mich. Ich war auch
nicht den Richtweg durch die Tannen, ſondern,
wie von ſelber, den viel weiteren auf der großen
Fahrſtraße hingewandert. Aber ſchon kam vor
mir das Abendroth überm Wald herauf, und ich
mußte eilen, wenn mich die Nacht nicht überfallen
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[29/0043] Johannes,“ ſagte ſie, „Er will mir wol Ade ſagen! So kann Er auch dem Fräulein gleich ſeine Reverenze machen!“ Da war ſchon Katharina von ihrer Arbeit aufgeſtanden; aber, indem ſie mir die Hand reichte, traten die Junker Wulf und Kurt mit großem Geräuſch in's Zim¬ mer; und ſie ſagte nur: „Lebwohl, Johannes!“ Und ſo ging ich fort. Im Thorhaus drückte ich dem alten Dieterich die Hand, der Stab und Ranzen ſchon für mich bereit hielt; dann wanderte ich zwiſchen den Eichbäumen auf die Waldſtraße zu. Aber mir war dabei, als könne ich nicht recht fort, als hätt' ich einen Abſchied noch zu Gute, und ſtand oft ſtill und ſchaute hinter mich. Ich war auch nicht den Richtweg durch die Tannen, ſondern, wie von ſelber, den viel weiteren auf der großen Fahrſtraße hingewandert. Aber ſchon kam vor mir das Abendroth überm Wald herauf, und ich mußte eilen, wenn mich die Nacht nicht überfallen ſollte. „Ade, Katharina, ade!“ ſagte ich leiſe und ſetzte rüſtig meinen Wanderſtab in Gang.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/43>, abgerufen am 21.11.2024.