Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.Antlitz des geliebten Herrn; die Fremdheit des Aber nur, wie ein Hauch verweht, so blickten Und fast verwirret auf den Todten schauend 3 *
Antlitz des geliebten Herrn; die Fremdheit des Aber nur, wie ein Hauch verweht, ſo blickten Und faſt verwirret auf den Todten ſchauend 3 *
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Antlitz des geliebten Herrn; die Fremdheit des
Todes, ſo darauf lag, ſagte mir, daß er itzt
eines andern Land's Genoſſe ſei. Indem ich
aber neben dem Leichnam zum Gebete hinknieen
wollte, erhub ſich über den Rand des Sarges
mir genüber ein junges blaſſes Antlitz, das
aus ſchwarzen Schleiern faſt erſchrocken auf mich
ſchaute.
Aber nur, wie ein Hauch verweht, ſo blickten
die braunen Augen herzlich zu mir auf, und es
war faſt wie ein Freudenruf: „O, Johannes,
ſeid Ihr's denn! Ach, Ihr ſeid zu ſpät gekom¬
men!“ Und über dem Sarge hatten unſere
Hände ſich zum Gruß gefaßt; denn es war Ka¬
tharina, und ſie war ſo ſchön geworden, daß
hier im Angeſicht des Todes ein heißer Puls
des Lebens mich durchfuhr. Zwar, das ſpielende
Licht der Augen lag itzt zurückgeſchrecket in der
Tiefe; aber aus dem ſchwarzen Häubchen dräng¬
ten ſich die braunen Löcklein, und der ſchwellende
Mund war um ſo röther in dem blaſſen Antlitz.
Und faſt verwirret auf den Todten ſchauend
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