Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.Sonst war es kirchenstill in alle Weite, Kein Vogel hörbar; nur an meiner Seite Sprang schnaufend ab und zu des Oheims Hund; Denn nicht allein wär' ich um solche Zeit Gegangen zum entlegnen Waldesgrund; Mir graute vor der Mittagseinsamkeit. -- Heiß war die Luft, und alle Winde schliefen; Und vor mir lag ein sonnig offner Raum, Wo quer hindurch schutzlos die Steige liefen. Wohl hatt' ich's sauer und ertrug es kaum; Doch rascher schreitend überwand ich's bald. Dann war ein Bach, ein Wall zu überspringen, Dann noch ein Steg, und vor mir lag der Wald, In dem schon herbstlich roth die Blätter hingen. Und drüber her, hoch in der blauen Luft, Stand beutesüchtig ein gewaltger Weih', Die Flügel schlagend durch den Sonnenduft; Tief aus der Holzung scholl des Hähers Schrei. Himbeerenduft und Tannenharzgeruch Quoll mir entgegen schon auf meinem Wege, Und dort im Walle schimmerte der Bruch, Durch den ich meinen Pfad nahm in's Gehege. 5 *
Sonſt war es kirchenſtill in alle Weite, Kein Vogel hörbar; nur an meiner Seite Sprang ſchnaufend ab und zu des Oheims Hund; Denn nicht allein wär' ich um ſolche Zeit Gegangen zum entlegnen Waldesgrund; Mir graute vor der Mittagseinſamkeit. — Heiß war die Luft, und alle Winde ſchliefen; Und vor mir lag ein ſonnig offner Raum, Wo quer hindurch ſchutzlos die Steige liefen. Wohl hatt' ich's ſauer und ertrug es kaum; Doch raſcher ſchreitend überwand ich's bald. Dann war ein Bach, ein Wall zu überſpringen, Dann noch ein Steg, und vor mir lag der Wald, In dem ſchon herbſtlich roth die Blätter hingen. Und drüber her, hoch in der blauen Luft, Stand beuteſüchtig ein gewaltger Weih', Die Flügel ſchlagend durch den Sonnenduft; Tief aus der Holzung ſcholl des Hähers Schrei. Himbeerenduft und Tannenharzgeruch Quoll mir entgegen ſchon auf meinem Wege, Und dort im Walle ſchimmerte der Bruch, Durch den ich meinen Pfad nahm in's Gehege. 5 *
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Sonſt war es kirchenſtill in alle Weite,
Kein Vogel hörbar; nur an meiner Seite
Sprang ſchnaufend ab und zu des Oheims Hund;
Denn nicht allein wär' ich um ſolche Zeit
Gegangen zum entlegnen Waldesgrund;
Mir graute vor der Mittagseinſamkeit. —
Heiß war die Luft, und alle Winde ſchliefen;
Und vor mir lag ein ſonnig offner Raum,
Wo quer hindurch ſchutzlos die Steige liefen.
Wohl hatt' ich's ſauer und ertrug es kaum;
Doch raſcher ſchreitend überwand ich's bald.
Dann war ein Bach, ein Wall zu überſpringen,
Dann noch ein Steg, und vor mir lag der Wald,
In dem ſchon herbſtlich roth die Blätter hingen.
Und drüber her, hoch in der blauen Luft,
Stand beuteſüchtig ein gewaltger Weih',
Die Flügel ſchlagend durch den Sonnenduft;
Tief aus der Holzung ſcholl des Hähers Schrei.
Himbeerenduft und Tannenharzgeruch
Quoll mir entgegen ſchon auf meinem Wege,
Und dort im Walle ſchimmerte der Bruch,
Durch den ich meinen Pfad nahm in's Gehege.
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