Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Himbeerbüsche und Hülsendorn standen überall
durch einander, ein starker Geruch von Haidekräu¬
tern, welche abwechselnd mit kurzem Grase die freien
Stellen des Bodens bedeckten, erfüllte die Luft. Hier
ist es einsam, sagte Elisabeth; wo mögen die Andern
sein?

An den Rückweg hatte Reinhardt nicht gedacht.
Warte nur; woher kommt der Wind? sagte er, und
hob seine Hand in die Höhe. Aber es kam kein Wind.

Still, sagte Elisabeth, mich dünkt, ich hörte sie
sprechen. Rufe einmal dahinunter.

Reinhardt rief durch die hohle Hand: Kommt hier¬
her! -- Hierher! rief es zurück.

Sie antworten! sagte Elisabeth und klatschte in die
Hände.

Nein, es war nichts, es war nur der Wiederhall.

Elisabeth faßte Reinhardts Hand. Mir graut!
sagte sie.

Nein, sagte Reinhardt, das muß es nicht. Hier
ist es prächtig. Setz dich dort in den Schatten zwi¬
schen die Kräuter. Laß uns eine Weile ausruhen;
wir finden die Andern schon.

Elisabeth setzte sich unter eine überhängende Buche

Himbeerbüſche und Hülſendorn ſtanden überall
durch einander, ein ſtarker Geruch von Haidekräu¬
tern, welche abwechſelnd mit kurzem Graſe die freien
Stellen des Bodens bedeckten, erfüllte die Luft. Hier
iſt es einſam, ſagte Eliſabeth; wo mögen die Andern
ſein?

An den Rückweg hatte Reinhardt nicht gedacht.
Warte nur; woher kommt der Wind? ſagte er, und
hob ſeine Hand in die Höhe. Aber es kam kein Wind.

Still, ſagte Eliſabeth, mich dünkt, ich hörte ſie
ſprechen. Rufe einmal dahinunter.

Reinhardt rief durch die hohle Hand: Kommt hier¬
her! — Hierher! rief es zurück.

Sie antworten! ſagte Eliſabeth und klatſchte in die
Hände.

Nein, es war nichts, es war nur der Wiederhall.

Eliſabeth faßte Reinhardts Hand. Mir graut!
ſagte ſie.

Nein, ſagte Reinhardt, das muß es nicht. Hier
iſt es prächtig. Setz dich dort in den Schatten zwi¬
ſchen die Kräuter. Laß uns eine Weile ausruhen;
wir finden die Andern ſchon.

Eliſabeth ſetzte ſich unter eine überhängende Buche

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0024" n="18"/>
        <p>Himbeerbü&#x017F;che und Hül&#x017F;endorn &#x017F;tanden überall<lb/>
durch einander, ein &#x017F;tarker Geruch von Haidekräu¬<lb/>
tern, welche abwech&#x017F;elnd mit kurzem Gra&#x017F;e die freien<lb/>
Stellen des Bodens bedeckten, erfüllte die Luft. Hier<lb/>
i&#x017F;t es ein&#x017F;am, &#x017F;agte Eli&#x017F;abeth; wo mögen die Andern<lb/>
&#x017F;ein?</p><lb/>
        <p>An den Rückweg hatte Reinhardt nicht gedacht.<lb/>
Warte nur; woher kommt der Wind? &#x017F;agte er, und<lb/>
hob &#x017F;eine Hand in die Höhe. Aber es kam kein Wind.</p><lb/>
        <p>Still, &#x017F;agte Eli&#x017F;abeth, mich dünkt, ich hörte &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;prechen. Rufe einmal dahinunter.</p><lb/>
        <p>Reinhardt rief durch die hohle Hand: Kommt hier¬<lb/>
her! &#x2014; Hierher! rief es zurück.</p><lb/>
        <p>Sie antworten! &#x017F;agte Eli&#x017F;abeth und klat&#x017F;chte in die<lb/>
Hände.</p><lb/>
        <p>Nein, es war nichts, es war nur der Wiederhall.</p><lb/>
        <p>Eli&#x017F;abeth faßte Reinhardts Hand. Mir graut!<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;ie.</p><lb/>
        <p>Nein, &#x017F;agte Reinhardt, das muß es nicht. Hier<lb/>
i&#x017F;t es prächtig. Setz dich dort in den Schatten zwi¬<lb/>
&#x017F;chen die Kräuter. Laß uns eine Weile ausruhen;<lb/>
wir finden die Andern &#x017F;chon.</p><lb/>
        <p>Eli&#x017F;abeth &#x017F;etzte &#x017F;ich unter eine überhängende Buche<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0024] Himbeerbüſche und Hülſendorn ſtanden überall durch einander, ein ſtarker Geruch von Haidekräu¬ tern, welche abwechſelnd mit kurzem Graſe die freien Stellen des Bodens bedeckten, erfüllte die Luft. Hier iſt es einſam, ſagte Eliſabeth; wo mögen die Andern ſein? An den Rückweg hatte Reinhardt nicht gedacht. Warte nur; woher kommt der Wind? ſagte er, und hob ſeine Hand in die Höhe. Aber es kam kein Wind. Still, ſagte Eliſabeth, mich dünkt, ich hörte ſie ſprechen. Rufe einmal dahinunter. Reinhardt rief durch die hohle Hand: Kommt hier¬ her! — Hierher! rief es zurück. Sie antworten! ſagte Eliſabeth und klatſchte in die Hände. Nein, es war nichts, es war nur der Wiederhall. Eliſabeth faßte Reinhardts Hand. Mir graut! ſagte ſie. Nein, ſagte Reinhardt, das muß es nicht. Hier iſt es prächtig. Setz dich dort in den Schatten zwi¬ ſchen die Kräuter. Laß uns eine Weile ausruhen; wir finden die Andern ſchon. Eliſabeth ſetzte ſich unter eine überhängende Buche

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Theodor Storms Novelle "Immensee" erschien zuerst… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852/24
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852/24>, abgerufen am 21.11.2024.