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Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.

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Reinhardt setzte das Glas aus der Hand und griff
nach seiner Mütze.

Was willst du? fragte das Mädchen.

Ich komme schon wieder.

Sie runzelte die Stirn. Bleib! rief sie leise, und
sah ihn vertraulich an.

Reinhardt zögerte. Ich kann nicht, sagte er.

Sie stieß ihn lachend mit der Fußspitze. Geh!
sagte sie. Du taugst nichts; ihr taugt alle mit ein¬
ander nichts. Und während sie sich abwandte, stieg
Reinhardt langsam die Kellertreppe hinauf.

Draußen auf der Straße war es tiefe Dämmerung;
er fühlte die frische Winterluft an seiner heißen Stirn.
Hie und da fiel der helle Schein eines brennenden
Tannenbaums aus den Fenstern, dann und wann
hörte man von drinnen das Geräusch von kleinen
Pfeifen und Blechtrompeten und dazwischen jubelnde
Kinderstimmen. Schaaren von Bettelkindern gingen
von Haus zu Haus, oder stiegen auf die Treppen¬
geländer und suchten durch die Fenster einen Blick in
die versagte Herrlichkeit zu gewinnen. Mitunter
wurde auch eine Thür plötzlich aufgerissen und schel¬
tende Stimmen trieben einen ganzen Schwarm solcher

Reinhardt ſetzte das Glas aus der Hand und griff
nach ſeiner Mütze.

Was willſt du? fragte das Mädchen.

Ich komme ſchon wieder.

Sie runzelte die Stirn. Bleib! rief ſie leiſe, und
ſah ihn vertraulich an.

Reinhardt zögerte. Ich kann nicht, ſagte er.

Sie ſtieß ihn lachend mit der Fußſpitze. Geh!
ſagte ſie. Du taugſt nichts; ihr taugt alle mit ein¬
ander nichts. Und während ſie ſich abwandte, ſtieg
Reinhardt langſam die Kellertreppe hinauf.

Draußen auf der Straße war es tiefe Dämmerung;
er fühlte die friſche Winterluft an ſeiner heißen Stirn.
Hie und da fiel der helle Schein eines brennenden
Tannenbaums aus den Fenſtern, dann und wann
hörte man von drinnen das Geräuſch von kleinen
Pfeifen und Blechtrompeten und dazwiſchen jubelnde
Kinderſtimmen. Schaaren von Bettelkindern gingen
von Haus zu Haus, oder ſtiegen auf die Treppen¬
geländer und ſuchten durch die Fenſter einen Blick in
die verſagte Herrlichkeit zu gewinnen. Mitunter
wurde auch eine Thür plötzlich aufgeriſſen und ſchel¬
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[24/0030] Reinhardt ſetzte das Glas aus der Hand und griff nach ſeiner Mütze. Was willſt du? fragte das Mädchen. Ich komme ſchon wieder. Sie runzelte die Stirn. Bleib! rief ſie leiſe, und ſah ihn vertraulich an. Reinhardt zögerte. Ich kann nicht, ſagte er. Sie ſtieß ihn lachend mit der Fußſpitze. Geh! ſagte ſie. Du taugſt nichts; ihr taugt alle mit ein¬ ander nichts. Und während ſie ſich abwandte, ſtieg Reinhardt langſam die Kellertreppe hinauf. Draußen auf der Straße war es tiefe Dämmerung; er fühlte die friſche Winterluft an ſeiner heißen Stirn. Hie und da fiel der helle Schein eines brennenden Tannenbaums aus den Fenſtern, dann und wann hörte man von drinnen das Geräuſch von kleinen Pfeifen und Blechtrompeten und dazwiſchen jubelnde Kinderſtimmen. Schaaren von Bettelkindern gingen von Haus zu Haus, oder ſtiegen auf die Treppen¬ geländer und ſuchten durch die Fenſter einen Blick in die verſagte Herrlichkeit zu gewinnen. Mitunter wurde auch eine Thür plötzlich aufgeriſſen und ſchel¬ tende Stimmen trieben einen ganzen Schwarm ſolcher

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852/30>, abgerufen am 23.11.2024.