Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.lernte. Ich wollte auch nicht, aber die Mutter Aber du hältst nicht Wort, Reinhardt. Du hast Nun las Reinhardt auch den Brief seiner Mutter, Er wäre fast verirret Dann trat er an sein Pult, nahm einiges Geld her¬Und wußte nicht hinaus; Da stand das Kind am Wege Und winkte ihm nach Haus! aus, und ging wieder auf die Straße hinab. -- Hier war es mittlerweile stiller geworden; die Weihnachts¬ bäume waren ausgebrannt, die Umzüge der Kinder hatten aufgehört. Der Wind fegte durch die einsa¬ lernte. Ich wollte auch nicht, aber die Mutter Aber du hältſt nicht Wort, Reinhardt. Du haſt Nun las Reinhardt auch den Brief ſeiner Mutter, Er wäre faſt verirret Dann trat er an ſein Pult, nahm einiges Geld her¬Und wußte nicht hinaus; Da ſtand das Kind am Wege Und winkte ihm nach Haus! aus, und ging wieder auf die Straße hinab. — Hier war es mittlerweile ſtiller geworden; die Weihnachts¬ bäume waren ausgebrannt, die Umzüge der Kinder hatten aufgehört. Der Wind fegte durch die einſa¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="27"/> lernte. Ich wollte auch nicht, aber die Mutter<lb/> redete mir zu; ſie ſagte, es würde der guten Frau<lb/> Werner eine gar große Freude machen.</p><lb/> <p>Aber du hältſt nicht Wort, Reinhardt. Du haſt<lb/> keine Märchen geſchickt. Ich habe dich oft bei dei¬<lb/> ner Mutter verklagt; ſie ſagt dann immer, du habeſt<lb/> jetzt mehr zu thun, als ſolche Kindereien. Ich<lb/> glaub' es aber nicht; es iſt wohl anders.</p><lb/> <p>Nun las Reinhardt auch den Brief ſeiner Mutter,<lb/> und als er beide Briefe geleſen und langſam wieder<lb/> zuſammengefaltet und weggelegt hatte, überfiel ihn<lb/> unerbittliches Heimweh. Er ging eine Zeit lang in<lb/> ſeinem Zimmer auf und nieder: er ſprach leiſe und<lb/> dann halbverſtändlich zu ſich ſelbſt:<lb/><lg type="poem"><l>Er wäre faſt verirret</l><lb/><l>Und wußte nicht hinaus;</l><lb/><l>Da ſtand das Kind am Wege</l><lb/><l>Und winkte ihm nach Haus!</l><lb/></lg> Dann trat er an ſein Pult, nahm einiges Geld her¬<lb/> aus, und ging wieder auf die Straße hinab. — Hier<lb/> war es mittlerweile ſtiller geworden; die Weihnachts¬<lb/> bäume waren ausgebrannt, die Umzüge der Kinder<lb/> hatten aufgehört. Der Wind fegte durch die einſa¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0033]
lernte. Ich wollte auch nicht, aber die Mutter
redete mir zu; ſie ſagte, es würde der guten Frau
Werner eine gar große Freude machen.
Aber du hältſt nicht Wort, Reinhardt. Du haſt
keine Märchen geſchickt. Ich habe dich oft bei dei¬
ner Mutter verklagt; ſie ſagt dann immer, du habeſt
jetzt mehr zu thun, als ſolche Kindereien. Ich
glaub' es aber nicht; es iſt wohl anders.
Nun las Reinhardt auch den Brief ſeiner Mutter,
und als er beide Briefe geleſen und langſam wieder
zuſammengefaltet und weggelegt hatte, überfiel ihn
unerbittliches Heimweh. Er ging eine Zeit lang in
ſeinem Zimmer auf und nieder: er ſprach leiſe und
dann halbverſtändlich zu ſich ſelbſt:
Er wäre faſt verirret
Und wußte nicht hinaus;
Da ſtand das Kind am Wege
Und winkte ihm nach Haus!
Dann trat er an ſein Pult, nahm einiges Geld her¬
aus, und ging wieder auf die Straße hinab. — Hier
war es mittlerweile ſtiller geworden; die Weihnachts¬
bäume waren ausgebrannt, die Umzüge der Kinder
hatten aufgehört. Der Wind fegte durch die einſa¬
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