Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.Nothwendiges mitzutheilen, etwas, wovon aller Werth Du kommst zu spät; sagte sie, es hat schon zehn Er ging aber darum nicht schneller. Endlich sagte Sie nickte, und sah ihm freundlich ins Gesicht. -- Mich? Gegen wen hattest du das nöthig? Gegen meine Mutter. Wir sprachen gestern Abend, Reinhardt schwieg einen Augenblick; dann aber 3 *
Nothwendiges mitzutheilen, etwas, wovon aller Werth Du kommſt zu ſpät; ſagte ſie, es hat ſchon zehn Er ging aber darum nicht ſchneller. Endlich ſagte Sie nickte, und ſah ihm freundlich ins Geſicht. — Mich? Gegen wen hatteſt du das nöthig? Gegen meine Mutter. Wir ſprachen geſtern Abend, Reinhardt ſchwieg einen Augenblick; dann aber 3 *
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Nothwendiges mitzutheilen, etwas, wovon aller Werth
und alle Lieblichkeit ſeines künftigen Lebens abhänge,
und doch konnte er ſich des erlöſenden Wortes nicht
bewußt werden. Das ängſtigte ihn; er ging immer
langſamer.
Du kommſt zu ſpät; ſagte ſie, es hat ſchon zehn
geſchlagen auf St. Marien.
Er ging aber darum nicht ſchneller. Endlich ſagte
er ſtammelnd: Eliſabeth, du wirſt mich nun in zwei
Jahren gar nicht ſehen — — wirſt du mich wohl noch
eben ſo lieb haben wie jetzt, wenn ich wieder da bin?
Sie nickte, und ſah ihm freundlich ins Geſicht. —
Ich habe dich auch vertheidigt; ſagte ſie nach einer
Pauſe.
Mich? Gegen wen hatteſt du das nöthig?
Gegen meine Mutter. Wir ſprachen geſtern Abend,
als du weggegangen warſt, noch lange über dich. Sie
meinte, du ſeiſt nicht mehr ſo gut, wie du geweſen.
Reinhardt ſchwieg einen Augenblick; dann aber
nahm er ihre Hand in die ſeine, und indem er ihr
ernſt in ihre Kinderaugen blickte, ſagte er: Ich bin
noch eben ſo gut, wie ich geweſen bin; glaube du das
nur feſt! Glaubſt du es, Eliſabeth?
3 *
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