Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

und lächelnd antwortete sie sich. "Das weiß ich nicht, und darf ich auch nicht wissen!"

Da kamen Schritte näher, und aus den Büschen sprach ein altes Stimmchen. "Nein, nicht dorthin, hier, Grete; hier bei dem Taxus! O heilige Mutter Gottes!" Und die Base in ihrem Marderpelz, den Kopf mit einem dicken Tuch vermummt, trat mit der alten Grete in den Mondschein hinaus. "Kind, Kind, wo bleibst Du!" rief sie. "Muß Deine alte Bas' Dich suchen gehen!"

- "O Bas', es ist so schön hier!"

"Und" - die Alte sah sich um - "Du bist ja ganz allein; wo ist der Hund, der Heudan?"

"Der Hund?" sprach Dagmar hastig. "Ist der nicht hier?"

- "Ei, Kind, das mußt Du ja doch selber wissen!"

"O Bas', Du hättest die Nachtigall nur hören sollen!" Und wie gerufen drang der süße Schall von Neuem aus der Tiefe, und das Mondlicht glitzerte auf den Blättern der Hülsen und den Nadeln des Taxus; von Düften schwamm es in der Luft. Einen Augenblick stand die Alte, das Ohr geneigt: "Ja, ja; Du heil'ger Gott, das wär' ein Plätzchen für die Minne hier!" sprach sie murmelnd vor sich hin.

und lächelnd antwortete sie sich. „Das weiß ich nicht, und darf ich auch nicht wissen!“

Da kamen Schritte näher, und aus den Büschen sprach ein altes Stimmchen. „Nein, nicht dorthin, hier, Grete; hier bei dem Taxus! O heilige Mutter Gottes!“ Und die Base in ihrem Marderpelz, den Kopf mit einem dicken Tuch vermummt, trat mit der alten Grete in den Mondschein hinaus. „Kind, Kind, wo bleibst Du!“ rief sie. „Muß Deine alte Bas’ Dich suchen gehen!“

- „O Bas’, es ist so schön hier!“

„Und“ – die Alte sah sich um – „Du bist ja ganz allein; wo ist der Hund, der Heudan?“

„Der Hund?“ sprach Dagmar hastig. „Ist der nicht hier?“

- „Ei, Kind, das mußt Du ja doch selber wissen!“

„O Bas’, Du hättest die Nachtigall nur hören sollen!“ Und wie gerufen drang der süße Schall von Neuem aus der Tiefe, und das Mondlicht glitzerte auf den Blättern der Hülsen und den Nadeln des Taxus; von Düften schwamm es in der Luft. Einen Augenblick stand die Alte, das Ohr geneigt: „Ja, ja; Du heil’ger Gott, das wär’ ein Plätzchen für die Minne hier!“ sprach sie murmelnd vor sich hin.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0169" n="165"/>
und lächelnd antwortete sie sich. &#x201E;Das weiß ich nicht, und darf ich auch nicht wissen!&#x201C;</p>
        <p>Da kamen Schritte näher, und aus den Büschen sprach ein altes Stimmchen. &#x201E;Nein, nicht dorthin, hier, Grete; hier bei dem Taxus! O heilige Mutter Gottes!&#x201C; Und die Base in ihrem Marderpelz, den Kopf mit einem dicken Tuch vermummt, trat mit der alten Grete in den Mondschein hinaus. &#x201E;Kind, Kind, wo bleibst Du!&#x201C; rief sie. &#x201E;Muß Deine alte Bas&#x2019; Dich suchen gehen!&#x201C;</p>
        <p>- &#x201E;O Bas&#x2019;, es ist so schön hier!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Und&#x201C; &#x2013; die Alte sah sich um &#x2013; &#x201E;Du bist ja ganz allein; wo ist der Hund, der Heudan?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Der Hund?&#x201C; sprach Dagmar hastig. &#x201E;Ist der nicht hier?&#x201C;</p>
        <p>- &#x201E;Ei, Kind, das mußt Du ja doch selber wissen!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;O Bas&#x2019;, Du hättest die Nachtigall nur hören sollen!&#x201C; Und wie gerufen drang der süße Schall von Neuem aus der Tiefe, und das Mondlicht glitzerte auf den Blättern der Hülsen und den Nadeln des Taxus; von Düften schwamm es in der Luft. Einen Augenblick stand die Alte, das Ohr geneigt: &#x201E;Ja, ja; Du heil&#x2019;ger Gott, das wär&#x2019; ein Plätzchen für die Minne hier!&#x201C; sprach sie murmelnd vor sich hin.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0169] und lächelnd antwortete sie sich. „Das weiß ich nicht, und darf ich auch nicht wissen!“ Da kamen Schritte näher, und aus den Büschen sprach ein altes Stimmchen. „Nein, nicht dorthin, hier, Grete; hier bei dem Taxus! O heilige Mutter Gottes!“ Und die Base in ihrem Marderpelz, den Kopf mit einem dicken Tuch vermummt, trat mit der alten Grete in den Mondschein hinaus. „Kind, Kind, wo bleibst Du!“ rief sie. „Muß Deine alte Bas’ Dich suchen gehen!“ - „O Bas’, es ist so schön hier!“ „Und“ – die Alte sah sich um – „Du bist ja ganz allein; wo ist der Hund, der Heudan?“ „Der Hund?“ sprach Dagmar hastig. „Ist der nicht hier?“ - „Ei, Kind, das mußt Du ja doch selber wissen!“ „O Bas’, Du hättest die Nachtigall nur hören sollen!“ Und wie gerufen drang der süße Schall von Neuem aus der Tiefe, und das Mondlicht glitzerte auf den Blättern der Hülsen und den Nadeln des Taxus; von Düften schwamm es in der Luft. Einen Augenblick stand die Alte, das Ohr geneigt: „Ja, ja; Du heil’ger Gott, das wär’ ein Plätzchen für die Minne hier!“ sprach sie murmelnd vor sich hin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/169
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/169>, abgerufen am 21.11.2024.