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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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heimkam, da trug ihm wohl die Tochter ein schweres Herz entgegen, und als er ihr die Wangen strich und frug. "Was ist mit meiner Dagmar?" da schüttelte sie nur den Kopf und sah zu Boden und nicht wie früher in das geliebte und gefurchte Antlitz über ihr; und zu sich selber sprach sie: "O brennend Leid! Wem soll ich reden und wem schweigen?" Doch es ward nicht laut; sie schwieg nur für den fremden Mann, und ein Weh durchflog sie wie einstmals in der Pestzeit, als sei sie nicht mehr ihres Vaters Kind; doch war es heut' nicht ihres Vaters Schuld.

So schien die Heimlichkeit geborgen; aber ein Durchblick von eines Sandkorns Umfang konnte sie verrathen. Schon mehrmals hatte Frau Wulfhild ihren Schreiber angehalten: "Nun, Gaspard, hast Du noch die Puppe nicht?" und er hatte geantwortet: "Verzeihet, Frauenwünsche sind schneller noch als Mannesarbeit!" Gleichwohl trug er schon etwas in seinen Sinnen; doch wollte er es unreif nicht herausgeben. Er hatte auch einmal vom Wege aus des Schloßhauptmanns Tochter über die Gartenmauer lehnen sehen; und auch zu ihm hatte die Dogge, die mit den Vordertatzen zwischen den Zinnen stand das gewaltige Gebell hinabgesandt. "Hm, ein Kind noch!"

heimkam, da trug ihm wohl die Tochter ein schweres Herz entgegen, und als er ihr die Wangen strich und frug. „Was ist mit meiner Dagmar?“ da schüttelte sie nur den Kopf und sah zu Boden und nicht wie früher in das geliebte und gefurchte Antlitz über ihr; und zu sich selber sprach sie: „O brennend Leid! Wem soll ich reden und wem schweigen?“ Doch es ward nicht laut; sie schwieg nur für den fremden Mann, und ein Weh durchflog sie wie einstmals in der Pestzeit, als sei sie nicht mehr ihres Vaters Kind; doch war es heut’ nicht ihres Vaters Schuld.

So schien die Heimlichkeit geborgen; aber ein Durchblick von eines Sandkorns Umfang konnte sie verrathen. Schon mehrmals hatte Frau Wulfhild ihren Schreiber angehalten: „Nun, Gaspard, hast Du noch die Puppe nicht?“ und er hatte geantwortet: „Verzeihet, Frauenwünsche sind schneller noch als Mannesarbeit!“ Gleichwohl trug er schon etwas in seinen Sinnen; doch wollte er es unreif nicht herausgeben. Er hatte auch einmal vom Wege aus des Schloßhauptmanns Tochter über die Gartenmauer lehnen sehen; und auch zu ihm hatte die Dogge, die mit den Vordertatzen zwischen den Zinnen stand das gewaltige Gebell hinabgesandt. „Hm, ein Kind noch!“

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[168/0172] heimkam, da trug ihm wohl die Tochter ein schweres Herz entgegen, und als er ihr die Wangen strich und frug. „Was ist mit meiner Dagmar?“ da schüttelte sie nur den Kopf und sah zu Boden und nicht wie früher in das geliebte und gefurchte Antlitz über ihr; und zu sich selber sprach sie: „O brennend Leid! Wem soll ich reden und wem schweigen?“ Doch es ward nicht laut; sie schwieg nur für den fremden Mann, und ein Weh durchflog sie wie einstmals in der Pestzeit, als sei sie nicht mehr ihres Vaters Kind; doch war es heut’ nicht ihres Vaters Schuld. So schien die Heimlichkeit geborgen; aber ein Durchblick von eines Sandkorns Umfang konnte sie verrathen. Schon mehrmals hatte Frau Wulfhild ihren Schreiber angehalten: „Nun, Gaspard, hast Du noch die Puppe nicht?“ und er hatte geantwortet: „Verzeihet, Frauenwünsche sind schneller noch als Mannesarbeit!“ Gleichwohl trug er schon etwas in seinen Sinnen; doch wollte er es unreif nicht herausgeben. Er hatte auch einmal vom Wege aus des Schloßhauptmanns Tochter über die Gartenmauer lehnen sehen; und auch zu ihm hatte die Dogge, die mit den Vordertatzen zwischen den Zinnen stand das gewaltige Gebell hinabgesandt. „Hm, ein Kind noch!“

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/172>, abgerufen am 21.11.2024.