Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885."Sie hatten Euren Schwäher auch zum Rath berufen; Ihr wisset, der gewaltige Herr hat etwas von der Fledermaus; beim Wolfe heut und morgen bei den Falken; und so wollten sie seiner diesmal sicher werden. Aber er bauet die Burg dort auf der Insel und kann nicht fort von all dem wilden Bauvolk." Gaspard senkte seine Nase. "Wollet nicht fragen, wie ich das erfahren habe; aber ich suchte einen klugen Boten und schrieb an Herrn Claus Lembeck, daß hier ein treuer Mann entbehrlich sei, wenn anders Treu im nächsten Blute liege; ich schrieb auch, daß es Eurem Wunsch entgegenkomme, des Ehegemahls auf eine Weile zu entrathen." "Mich will bedünken," rief das Weib, "Du bist noch eigenwilliger als klug! Und Claus Lembeck" - setzte sie hinzu - "was hat er Dir erwidert?" Der Schreiber nestelte an seinem Rock und reichte ihr zwei Papiere. "Solange," sprach er, "der alte Ritter nicht des Königs ist, sind die Wünsche der Schauenburgerin ihm Befehl! Hier ist ein Brief für Euch, und nebenbei, wenn Ihr sie wollet, die Berufung für Herrn Rolf Lembeck!" Die Frau griff nach den Briefen und las sie. "Du nimmst mir den Gemahl und solltest ihn mir wahren!" sprach sie seufzend. „Sie hatten Euren Schwäher auch zum Rath berufen; Ihr wisset, der gewaltige Herr hat etwas von der Fledermaus; beim Wolfe heut und morgen bei den Falken; und so wollten sie seiner diesmal sicher werden. Aber er bauet die Burg dort auf der Insel und kann nicht fort von all dem wilden Bauvolk.“ Gaspard senkte seine Nase. „Wollet nicht fragen, wie ich das erfahren habe; aber ich suchte einen klugen Boten und schrieb an Herrn Claus Lembeck, daß hier ein treuer Mann entbehrlich sei, wenn anders Treu im nächsten Blute liege; ich schrieb auch, daß es Eurem Wunsch entgegenkomme, des Ehegemahls auf eine Weile zu entrathen.“ „Mich will bedünken,“ rief das Weib, „Du bist noch eigenwilliger als klug! Und Claus Lembeck“ – setzte sie hinzu – „was hat er Dir erwidert?“ Der Schreiber nestelte an seinem Rock und reichte ihr zwei Papiere. „Solange,“ sprach er, „der alte Ritter nicht des Königs ist, sind die Wünsche der Schauenburgerin ihm Befehl! Hier ist ein Brief für Euch, und nebenbei, wenn Ihr sie wollet, die Berufung für Herrn Rolf Lembeck!“ Die Frau griff nach den Briefen und las sie. „Du nimmst mir den Gemahl und solltest ihn mir wahren!“ sprach sie seufzend. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0181" n="177"/> „Sie hatten Euren Schwäher auch zum Rath berufen; Ihr wisset, der gewaltige Herr hat etwas von der Fledermaus; beim Wolfe heut und morgen bei den Falken; und so wollten sie seiner diesmal sicher werden. Aber er bauet die Burg dort auf der Insel und kann nicht fort von all dem wilden Bauvolk.“ Gaspard senkte seine Nase. „Wollet nicht fragen, wie ich das erfahren habe; aber ich suchte einen klugen Boten und schrieb an Herrn Claus Lembeck, daß hier ein treuer Mann entbehrlich sei, wenn anders Treu im nächsten Blute liege; ich schrieb auch, daß es Eurem Wunsch entgegenkomme, des Ehegemahls auf eine Weile zu entrathen.“</p> <p>„Mich will bedünken,“ rief das Weib, „Du bist noch eigenwilliger als klug! Und Claus Lembeck“ – setzte sie hinzu – „was hat er Dir erwidert?“</p> <p>Der Schreiber nestelte an seinem Rock und reichte ihr zwei Papiere. „Solange,“ sprach er, „der alte Ritter nicht des Königs ist, sind die Wünsche der Schauenburgerin ihm Befehl! Hier ist ein Brief für Euch, und nebenbei, wenn Ihr sie wollet, die Berufung für Herrn Rolf Lembeck!“</p> <p>Die Frau griff nach den Briefen und las sie. „Du nimmst mir den Gemahl und solltest ihn mir wahren!“ sprach sie seufzend.</p> </div> </body> </text> </TEI> [177/0181]
„Sie hatten Euren Schwäher auch zum Rath berufen; Ihr wisset, der gewaltige Herr hat etwas von der Fledermaus; beim Wolfe heut und morgen bei den Falken; und so wollten sie seiner diesmal sicher werden. Aber er bauet die Burg dort auf der Insel und kann nicht fort von all dem wilden Bauvolk.“ Gaspard senkte seine Nase. „Wollet nicht fragen, wie ich das erfahren habe; aber ich suchte einen klugen Boten und schrieb an Herrn Claus Lembeck, daß hier ein treuer Mann entbehrlich sei, wenn anders Treu im nächsten Blute liege; ich schrieb auch, daß es Eurem Wunsch entgegenkomme, des Ehegemahls auf eine Weile zu entrathen.“
„Mich will bedünken,“ rief das Weib, „Du bist noch eigenwilliger als klug! Und Claus Lembeck“ – setzte sie hinzu – „was hat er Dir erwidert?“
Der Schreiber nestelte an seinem Rock und reichte ihr zwei Papiere. „Solange,“ sprach er, „der alte Ritter nicht des Königs ist, sind die Wünsche der Schauenburgerin ihm Befehl! Hier ist ein Brief für Euch, und nebenbei, wenn Ihr sie wollet, die Berufung für Herrn Rolf Lembeck!“
Die Frau griff nach den Briefen und las sie. „Du nimmst mir den Gemahl und solltest ihn mir wahren!“ sprach sie seufzend.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus). Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss). Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |