Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

getreten war, sah dieser, daß es ein alter Mann sei, dessen weißer Knebelbart über einem zahnlosen Munde hing.

Der verneigte sich und begann eine lange, kaum verständliche Ansprache; doch der Ritter fiel ihm in die Rede. "Ich hab' nicht Lust am Ueberflüssigen; mach's Dir bequem, sag's kurz, was wünscht Dein Herr von mir! Mir klang's, als sollt'st Du mich zur Hochzeit laden?"

"Ihr habet recht gehört, Herr Ritter," sprach der Bote; "ich aber dank' Euch für den Richtsteig."

"Zur Hochzeit?" frug Rolf Lembeck sinnend. "Man pfegt sonst solche Ladung am hellen Morgen zu bestehen!"

- "Verzeihet, Herr! Ich bin nur der älteste der Knechte und bin geritten, wie der Herr mich ausgesandt."

"So sprich denn, wessen Hochzeit soll begangen werden? Will Euer Herr der Wittwerschaft Valet geben?"

Da schien der Bote sich mühsam aufzuraffen, und erst nach einer Weile sprach er: "Die Jungfrau Dagmar, des Herrn letzte Tochter ist es, zu deren Fest ich Eure Gegenwart erbitten soll."

Der Ritter schwieg; in seinem Hirn erstickte er

getreten war, sah dieser, daß es ein alter Mann sei, dessen weißer Knebelbart über einem zahnlosen Munde hing.

Der verneigte sich und begann eine lange, kaum verständliche Ansprache; doch der Ritter fiel ihm in die Rede. „Ich hab’ nicht Lust am Ueberflüssigen; mach’s Dir bequem, sag’s kurz, was wünscht Dein Herr von mir! Mir klang’s, als sollt’st Du mich zur Hochzeit laden?“

„Ihr habet recht gehört, Herr Ritter,“ sprach der Bote; „ich aber dank’ Euch für den Richtsteig.“

„Zur Hochzeit?“ frug Rolf Lembeck sinnend. „Man pfegt sonst solche Ladung am hellen Morgen zu bestehen!“

- „Verzeihet, Herr! Ich bin nur der älteste der Knechte und bin geritten, wie der Herr mich ausgesandt.“

„So sprich denn, wessen Hochzeit soll begangen werden? Will Euer Herr der Wittwerschaft Valet geben?“

Da schien der Bote sich mühsam aufzuraffen, und erst nach einer Weile sprach er: „Die Jungfrau Dagmar, des Herrn letzte Tochter ist es, zu deren Fest ich Eure Gegenwart erbitten soll.“

Der Ritter schwieg; in seinem Hirn erstickte er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="208"/>
getreten war, sah dieser, daß es ein alter Mann sei, dessen weißer Knebelbart über einem zahnlosen Munde hing.</p>
        <p>Der verneigte sich und begann eine lange, kaum verständliche Ansprache; doch der Ritter fiel ihm in die Rede. &#x201E;Ich hab&#x2019; nicht Lust am Ueberflüssigen; mach&#x2019;s Dir bequem, sag&#x2019;s kurz, was wünscht Dein Herr von mir! Mir klang&#x2019;s, als sollt&#x2019;st Du mich zur Hochzeit laden?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ihr habet recht gehört, Herr Ritter,&#x201C; sprach der Bote; &#x201E;ich aber dank&#x2019; Euch für den Richtsteig.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Zur Hochzeit?&#x201C; frug Rolf Lembeck sinnend. &#x201E;Man pfegt sonst solche Ladung am hellen Morgen zu bestehen!&#x201C;</p>
        <p>- &#x201E;Verzeihet, Herr! Ich bin nur der älteste der Knechte und bin geritten, wie der Herr mich ausgesandt.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;So sprich denn, wessen Hochzeit soll begangen werden? Will Euer Herr der Wittwerschaft Valet geben?&#x201C;</p>
        <p>Da schien der Bote sich mühsam aufzuraffen, und erst nach einer Weile sprach er: &#x201E;Die Jungfrau Dagmar, des Herrn letzte Tochter ist es, zu deren Fest ich Eure Gegenwart erbitten soll.&#x201C;</p>
        <p>Der Ritter schwieg; in seinem Hirn erstickte er
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[208/0212] getreten war, sah dieser, daß es ein alter Mann sei, dessen weißer Knebelbart über einem zahnlosen Munde hing. Der verneigte sich und begann eine lange, kaum verständliche Ansprache; doch der Ritter fiel ihm in die Rede. „Ich hab’ nicht Lust am Ueberflüssigen; mach’s Dir bequem, sag’s kurz, was wünscht Dein Herr von mir! Mir klang’s, als sollt’st Du mich zur Hochzeit laden?“ „Ihr habet recht gehört, Herr Ritter,“ sprach der Bote; „ich aber dank’ Euch für den Richtsteig.“ „Zur Hochzeit?“ frug Rolf Lembeck sinnend. „Man pfegt sonst solche Ladung am hellen Morgen zu bestehen!“ - „Verzeihet, Herr! Ich bin nur der älteste der Knechte und bin geritten, wie der Herr mich ausgesandt.“ „So sprich denn, wessen Hochzeit soll begangen werden? Will Euer Herr der Wittwerschaft Valet geben?“ Da schien der Bote sich mühsam aufzuraffen, und erst nach einer Weile sprach er: „Die Jungfrau Dagmar, des Herrn letzte Tochter ist es, zu deren Fest ich Eure Gegenwart erbitten soll.“ Der Ritter schwieg; in seinem Hirn erstickte er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/212
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/212>, abgerufen am 24.11.2024.