Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.Er riß sich los und war mir bald in einer Menschenmenge, die von der Stadt herkam, verschwunden. Das weiß ich noch, die heitere Sonne, die vom Himmel strahlte, hat mir damals weh gethan. - - Nach ein paar Jahren - es war in Rio, und ich fuhr derzeit für eine Lübecker Firma das Schiff "die alte Hanse" - nahm ich einen deutschen Matrosen in Heuer, der krankheitshalber dort zurückgeblieben war. "Wo stammst Du her?" frug ich. "Mein Vater," erwiderte er, "wohnt am Johannisbollwerk!" "In Hamburg?" "Ja, Capitän. " "So kennst Du auch wohl Capitän Rick Geyers?" "Ja, Herr; ich bin ein Jahr als Leichtmatrose mit ihm gefahren; aber - -" "Was aber?" "Er ist kein Capitän mehr!" "Hat er sich zur Ruh' gesetzt? Er ist noch jung!" Der Bursche schüttelte den Kopf. "Es ging nicht mehr!" Und er warf den Kopf zurück und machte mit der Hand die Bewegung, als ob er ein Glas an den Mund setze. "Er fährt jetzt mit dem Blankeneser Postewer." Er riß sich los und war mir bald in einer Menschenmenge, die von der Stadt herkam, verschwunden. Das weiß ich noch, die heitere Sonne, die vom Himmel strahlte, hat mir damals weh gethan. – – Nach ein paar Jahren – es war in Rio, und ich fuhr derzeit für eine Lübecker Firma das Schiff „die alte Hanse“ – nahm ich einen deutschen Matrosen in Heuer, der krankheitshalber dort zurückgeblieben war. „Wo stammst Du her?“ frug ich. „Mein Vater,“ erwiderte er, „wohnt am Johannisbollwerk!“ „In Hamburg?“ „Ja, Capitän. “ „So kennst Du auch wohl Capitän Rick Geyers?“ „Ja, Herr; ich bin ein Jahr als Leichtmatrose mit ihm gefahren; aber – –“ „Was aber?“ „Er ist kein Capitän mehr!“ „Hat er sich zur Ruh’ gesetzt? Er ist noch jung!“ Der Bursche schüttelte den Kopf. „Es ging nicht mehr!“ Und er warf den Kopf zurück und machte mit der Hand die Bewegung, als ob er ein Glas an den Mund setze. „Er fährt jetzt mit dem Blankeneser Postewer.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0041" n="37"/> <p>Er riß sich los und war mir bald in einer Menschenmenge, die von der Stadt herkam, verschwunden. Das weiß ich noch, die heitere Sonne, die vom Himmel strahlte, hat mir damals weh gethan.</p> <p>– – Nach ein paar Jahren – es war in Rio, und ich fuhr derzeit für eine Lübecker Firma das Schiff „die alte Hanse“ – nahm ich einen deutschen Matrosen in Heuer, der krankheitshalber dort zurückgeblieben war. „Wo stammst Du her?“ frug ich.</p> <p>„Mein Vater,“ erwiderte er, „wohnt am Johannisbollwerk!“</p> <p>„In Hamburg?“</p> <p>„Ja, Capitän. “</p> <p>„So kennst Du auch wohl Capitän Rick Geyers?“</p> <p>„Ja, Herr; ich bin ein Jahr als Leichtmatrose mit ihm gefahren; aber – –“</p> <p>„Was aber?“</p> <p>„Er ist kein Capitän mehr!“</p> <p>„Hat er sich zur Ruh’ gesetzt? Er ist noch jung!“</p> <p>Der Bursche schüttelte den Kopf. „Es ging nicht mehr!“ Und er warf den Kopf zurück und machte mit der Hand die Bewegung, als ob er ein Glas an den Mund setze. „Er fährt jetzt mit dem Blankeneser Postewer.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0041]
Er riß sich los und war mir bald in einer Menschenmenge, die von der Stadt herkam, verschwunden. Das weiß ich noch, die heitere Sonne, die vom Himmel strahlte, hat mir damals weh gethan.
– – Nach ein paar Jahren – es war in Rio, und ich fuhr derzeit für eine Lübecker Firma das Schiff „die alte Hanse“ – nahm ich einen deutschen Matrosen in Heuer, der krankheitshalber dort zurückgeblieben war. „Wo stammst Du her?“ frug ich.
„Mein Vater,“ erwiderte er, „wohnt am Johannisbollwerk!“
„In Hamburg?“
„Ja, Capitän. “
„So kennst Du auch wohl Capitän Rick Geyers?“
„Ja, Herr; ich bin ein Jahr als Leichtmatrose mit ihm gefahren; aber – –“
„Was aber?“
„Er ist kein Capitän mehr!“
„Hat er sich zur Ruh’ gesetzt? Er ist noch jung!“
Der Bursche schüttelte den Kopf. „Es ging nicht mehr!“ Und er warf den Kopf zurück und machte mit der Hand die Bewegung, als ob er ein Glas an den Mund setze. „Er fährt jetzt mit dem Blankeneser Postewer.“
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