Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.hatten, eine kleine Magd mich jetzt bediente, und ich Abends meist mein Glas im Kaiserhofe trank. Da fielen die goldenen Berlocks mir eines Vormittages in die Hand, die ich noch immer abzuliefern hatte, und ich machte mich sogleich jetzt auf den Weg. Als ich eintrat, fand ich im nur die beiden Mädchen, die vor einem Tische emsig an großen bunten Lappen nähten; da ich aber mein Gewerbe anbrachte und die Goldklümpchen in ihre Hände legte, by Jove, da ging das Gejammer los: "Ach der Herzensbruder, o mein Peter, Peter!" Wisset, Herr Doctor, ich kann die Frauenzimmerthränen nicht leiden; denn sie machen mich boshaft, was ich von Natur nicht bin; aber so wie eine wilde Gans aus der Thür rennen, das war doch auch nicht schicklich; ich blieb also vor der Hand noch sitzen. Da öffnete sich die Thür und eine alte Näherin trat herein, die mir von früher wohl bekannt war; sie hatte wieder solchen Lappen in der Hand, wie die hier drinnen; es mußte also miteinander wohl ein Kleid ausmachen; auch paßten sie es zusammen und strichen es sich an Hals und Schultern. Als die Alte fortgegangen war, dachte ich für die Anna ein Wort einzulegen und sagte. "Ist das Ihre Näherin? - Die könnten Sie ein hatten, eine kleine Magd mich jetzt bediente, und ich Abends meist mein Glas im Kaiserhofe trank. Da fielen die goldenen Berlocks mir eines Vormittages in die Hand, die ich noch immer abzuliefern hatte, und ich machte mich sogleich jetzt auf den Weg. Als ich eintrat, fand ich im nur die beiden Mädchen, die vor einem Tische emsig an großen bunten Lappen nähten; da ich aber mein Gewerbe anbrachte und die Goldklümpchen in ihre Hände legte, by Jove, da ging das Gejammer los: „Ach der Herzensbruder, o mein Peter, Peter!“ Wisset, Herr Doctor, ich kann die Frauenzimmerthränen nicht leiden; denn sie machen mich boshaft, was ich von Natur nicht bin; aber so wie eine wilde Gans aus der Thür rennen, das war doch auch nicht schicklich; ich blieb also vor der Hand noch sitzen. Da öffnete sich die Thür und eine alte Näherin trat herein, die mir von früher wohl bekannt war; sie hatte wieder solchen Lappen in der Hand, wie die hier drinnen; es mußte also miteinander wohl ein Kleid ausmachen; auch paßten sie es zusammen und strichen es sich an Hals und Schultern. Als die Alte fortgegangen war, dachte ich für die Anna ein Wort einzulegen und sagte. „Ist das Ihre Näherin? – Die könnten Sie ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="51"/> hatten, eine kleine Magd mich jetzt bediente, und ich Abends meist mein Glas im Kaiserhofe trank. Da fielen die goldenen Berlocks mir eines Vormittages in die Hand, die ich noch immer abzuliefern hatte, und ich machte mich sogleich jetzt auf den Weg.</p> <p>Als ich eintrat, fand ich im nur die beiden Mädchen, die vor einem Tische emsig an großen bunten Lappen nähten; da ich aber mein Gewerbe anbrachte und die Goldklümpchen in ihre Hände legte, <hi rendition="#aq">by Jove</hi>, da ging das Gejammer los: „Ach der Herzensbruder, o mein Peter, Peter!“</p> <p>Wisset, Herr Doctor, ich kann die Frauenzimmerthränen nicht leiden; denn sie machen mich boshaft, was ich von Natur nicht bin; aber so wie eine wilde Gans aus der Thür rennen, das war doch auch nicht schicklich; ich blieb also vor der Hand noch sitzen. Da öffnete sich die Thür und eine alte Näherin trat herein, die mir von früher wohl bekannt war; sie hatte wieder solchen Lappen in der Hand, wie die hier drinnen; es mußte also miteinander wohl ein Kleid ausmachen; auch paßten sie es zusammen und strichen es sich an Hals und Schultern. Als die Alte fortgegangen war, dachte ich für die Anna ein Wort einzulegen und sagte. „Ist das Ihre Näherin? – Die könnten Sie ein </p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0055]
hatten, eine kleine Magd mich jetzt bediente, und ich Abends meist mein Glas im Kaiserhofe trank. Da fielen die goldenen Berlocks mir eines Vormittages in die Hand, die ich noch immer abzuliefern hatte, und ich machte mich sogleich jetzt auf den Weg.
Als ich eintrat, fand ich im nur die beiden Mädchen, die vor einem Tische emsig an großen bunten Lappen nähten; da ich aber mein Gewerbe anbrachte und die Goldklümpchen in ihre Hände legte, by Jove, da ging das Gejammer los: „Ach der Herzensbruder, o mein Peter, Peter!“
Wisset, Herr Doctor, ich kann die Frauenzimmerthränen nicht leiden; denn sie machen mich boshaft, was ich von Natur nicht bin; aber so wie eine wilde Gans aus der Thür rennen, das war doch auch nicht schicklich; ich blieb also vor der Hand noch sitzen. Da öffnete sich die Thür und eine alte Näherin trat herein, die mir von früher wohl bekannt war; sie hatte wieder solchen Lappen in der Hand, wie die hier drinnen; es mußte also miteinander wohl ein Kleid ausmachen; auch paßten sie es zusammen und strichen es sich an Hals und Schultern. Als die Alte fortgegangen war, dachte ich für die Anna ein Wort einzulegen und sagte. „Ist das Ihre Näherin? – Die könnten Sie ein
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