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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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Als sie mich so plötzlich sah, hub sie dennoch laut zu schreien an: "Hülfe! Hülfe! O, die schöne blasse Frau; sie nickkoppte mir noch so traurig zu!"

"Was sagst Du!" rief ich, "sprich Kind! Liegt sie da unten?"

Das Mädchen nickte heftig, und die Thränen stürzten ihr reichlicher aus den Augen.

Ich lugte von der Brücke nach Osten aus, wohin das Wasser zog. Da, am Backbord eines Ewers, der hinter einem Speicher lag, sah ich etwas schimmern; der erste Morgenstrahl hob es eben aus dem Dunkel; aber das Meiste war unter dem Wasser."

Der Capitän hielt inne und trank den Rest aus seinem Glase, indem er meine Hand faßte. "Wir wollen es kurz machen, Nachbar;" sagte er; "sie war es; ihr Nachtkleid hatte sich dort verfangen und den Körper aufgehalten, damit er bald zur Ruhe komme. Es waren jetzt auch Leute herzugelaufen; wir haben sie in ein Haus getragen, einen Doctor geholt und alle Versuche angestellt; aber die junge Seele war zum armen Rick gegangen, und ich will hoffen, daß ihnen beiden Gott verziehen hat."

Er schwieg eine Weile; dann begann er wieder. "Als ich über die Brücke zurückging, stand die Kleine noch immer dort; nur daß sie aus ihrem runden

Als sie mich so plötzlich sah, hub sie dennoch laut zu schreien an: „Hülfe! Hülfe! O, die schöne blasse Frau; sie nickkoppte mir noch so traurig zu!“

„Was sagst Du!“ rief ich, „sprich Kind! Liegt sie da unten?“

Das Mädchen nickte heftig, und die Thränen stürzten ihr reichlicher aus den Augen.

Ich lugte von der Brücke nach Osten aus, wohin das Wasser zog. Da, am Backbord eines Ewers, der hinter einem Speicher lag, sah ich etwas schimmern; der erste Morgenstrahl hob es eben aus dem Dunkel; aber das Meiste war unter dem Wasser.“

Der Capitän hielt inne und trank den Rest aus seinem Glase, indem er meine Hand faßte. „Wir wollen es kurz machen, Nachbar;“ sagte er; „sie war es; ihr Nachtkleid hatte sich dort verfangen und den Körper aufgehalten, damit er bald zur Ruhe komme. Es waren jetzt auch Leute herzugelaufen; wir haben sie in ein Haus getragen, einen Doctor geholt und alle Versuche angestellt; aber die junge Seele war zum armen Rick gegangen, und ich will hoffen, daß ihnen beiden Gott verziehen hat.“

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[91/0095] Als sie mich so plötzlich sah, hub sie dennoch laut zu schreien an: „Hülfe! Hülfe! O, die schöne blasse Frau; sie nickkoppte mir noch so traurig zu!“ „Was sagst Du!“ rief ich, „sprich Kind! Liegt sie da unten?“ Das Mädchen nickte heftig, und die Thränen stürzten ihr reichlicher aus den Augen. Ich lugte von der Brücke nach Osten aus, wohin das Wasser zog. Da, am Backbord eines Ewers, der hinter einem Speicher lag, sah ich etwas schimmern; der erste Morgenstrahl hob es eben aus dem Dunkel; aber das Meiste war unter dem Wasser.“ Der Capitän hielt inne und trank den Rest aus seinem Glase, indem er meine Hand faßte. „Wir wollen es kurz machen, Nachbar;“ sagte er; „sie war es; ihr Nachtkleid hatte sich dort verfangen und den Körper aufgehalten, damit er bald zur Ruhe komme. Es waren jetzt auch Leute herzugelaufen; wir haben sie in ein Haus getragen, einen Doctor geholt und alle Versuche angestellt; aber die junge Seele war zum armen Rick gegangen, und ich will hoffen, daß ihnen beiden Gott verziehen hat.“ Er schwieg eine Weile; dann begann er wieder. „Als ich über die Brücke zurückging, stand die Kleine noch immer dort; nur daß sie aus ihrem runden

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Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/95>, abgerufen am 21.11.2024.