Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.letzten Wagen zur Kirche hinauffuhren. Nach Ein fernes Rollen weckte sie. Als sie die letzten Wagen zur Kirche hinauffuhren. Nach Ein fernes Rollen weckte ſie. Als ſie die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0102" n="90"/> letzten Wagen zur Kirche hinauffuhren. Nach<lb/> einer Weile entſtand dort ein Gewühl, dem eine<lb/> Todtenſtille zu folgen ſchien. Elke faltete die<lb/> Hände; ſie ſenkten wohl den Sarg jetzt in die<lb/> Grube: „Und zur Erde wieder ſollſt Du werden!”<lb/> Unwillkürlich, leiſe, als hätte ſie von dort es<lb/> hören können, ſprach ſie die Worte nach; dann<lb/> füllten ihre Augen ſich mit Thränen, ihre über<lb/> der Bruſt gefalteten Hände ſanken in den Schooß;<lb/> „Vater unſer, der Du biſt im Himmel!” betete<lb/> ſie voll Inbrunſt. Und als das Gebet des Herrn<lb/> zu Ende war, ſtand ſie noch lange unbeweglich,<lb/> ſie, die jetzige Herrin dieſes großen Marſchhofes;<lb/> und Gedanken des Todes und des Lebens begannen<lb/> ſich in ihr zu ſtreiten.</p><lb/> <p>Ein fernes Rollen weckte ſie. Als ſie die<lb/> Augen öffnete, ſah ſie ſchon wieder einen Wagen<lb/> um den anderen in raſcher Fahrt von der Marſch<lb/> herab und gegen ihren Hof heran kommen. Sie<lb/> richtete ſich auf, blickte noch einmal ſcharf hinaus<lb/> und ging dann, wie ſie gekommen war, durch<lb/> den Stall in die feierlich hergeſtellten Wohn-<lb/> räume zurück. Auch hier war Niemand; nur durch<lb/> die Mauer hörte ſie das Rumoren der Mägde in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [90/0102]
letzten Wagen zur Kirche hinauffuhren. Nach
einer Weile entſtand dort ein Gewühl, dem eine
Todtenſtille zu folgen ſchien. Elke faltete die
Hände; ſie ſenkten wohl den Sarg jetzt in die
Grube: „Und zur Erde wieder ſollſt Du werden!”
Unwillkürlich, leiſe, als hätte ſie von dort es
hören können, ſprach ſie die Worte nach; dann
füllten ihre Augen ſich mit Thränen, ihre über
der Bruſt gefalteten Hände ſanken in den Schooß;
„Vater unſer, der Du biſt im Himmel!” betete
ſie voll Inbrunſt. Und als das Gebet des Herrn
zu Ende war, ſtand ſie noch lange unbeweglich,
ſie, die jetzige Herrin dieſes großen Marſchhofes;
und Gedanken des Todes und des Lebens begannen
ſich in ihr zu ſtreiten.
Ein fernes Rollen weckte ſie. Als ſie die
Augen öffnete, ſah ſie ſchon wieder einen Wagen
um den anderen in raſcher Fahrt von der Marſch
herab und gegen ihren Hof heran kommen. Sie
richtete ſich auf, blickte noch einmal ſcharf hinaus
und ging dann, wie ſie gekommen war, durch
den Stall in die feierlich hergeſtellten Wohn-
räume zurück. Auch hier war Niemand; nur durch
die Mauer hörte ſie das Rumoren der Mägde in
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