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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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graf wie vor einer wichtigen Entscheidung sich die
Stirn rieb. "Ja, liebe Jungfer," sagte er endlich,
"aber wie steht es denn hier im Kooge mit den
ehelichen Güterrechten? Ich muß gestehen, ich bin
augenblicklich nicht recht capitelfest in diesem
Wirrsal!"

"Das brauchen Euer Gnaden auch nicht,"
entgegnete des Deichgrafen Tochter, "ich werde vor
der Hochzeit meinem Bräutigam die Güter über-
tragen. Ich habe auch meinen kleinen Stolz,"
setzte sie lächelnd hinzu; "ich will den reichsten
Mann im Dorfe heirathen!"

"Nun, Manners," meinte der Pastor, "ich
denke, Sie werden auch als Pathe nichts dagegen
haben, wenn ich den jungen Deichgrafen mit des
alten Tochter zusammengebe!"

Der Alte schüttelte leis den Kopf: "Unser
Herr Gott gebe seinen Segen!" sagte er andächtig.

Der Oberdeichgraf aber reichte dem Mädchen
seine Hand: "Wahr und weise habt Ihr gesprochen,
Elke Volkerts; ich danke Euch für so kräftige Er-
läuterungen und hoffe auch in Zukunft, und bei
freundlicheren Gelegenheiten als heute, der Gast
Eueres Hauses zu sein; aber -- daß ein Deichgraf

Theodor Storm, Der Schimmelreiter. 7

graf wie vor einer wichtigen Entſcheidung ſich die
Stirn rieb. „Ja, liebe Jungfer,” ſagte er endlich,
„aber wie ſteht es denn hier im Kooge mit den
ehelichen Güterrechten? Ich muß geſtehen, ich bin
augenblicklich nicht recht capitelfeſt in dieſem
Wirrſal!”

„Das brauchen Euer Gnaden auch nicht,”
entgegnete des Deichgrafen Tochter, „ich werde vor
der Hochzeit meinem Bräutigam die Güter über-
tragen. Ich habe auch meinen kleinen Stolz,”
ſetzte ſie lächelnd hinzu; „ich will den reichſten
Mann im Dorfe heirathen!”

„Nun, Manners,” meinte der Paſtor, „ich
denke, Sie werden auch als Pathe nichts dagegen
haben, wenn ich den jungen Deichgrafen mit des
alten Tochter zuſammengebe!”

Der Alte ſchüttelte leis den Kopf: „Unſer
Herr Gott gebe ſeinen Segen!” ſagte er andächtig.

Der Oberdeichgraf aber reichte dem Mädchen
ſeine Hand: „Wahr und weiſe habt Ihr geſprochen,
Elke Volkerts; ich danke Euch für ſo kräftige Er-
läuterungen und hoffe auch in Zukunft, und bei
freundlicheren Gelegenheiten als heute, der Gaſt
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Theodor Storm, Der Schimmelreiter. 7
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[97/0109] graf wie vor einer wichtigen Entſcheidung ſich die Stirn rieb. „Ja, liebe Jungfer,” ſagte er endlich, „aber wie ſteht es denn hier im Kooge mit den ehelichen Güterrechten? Ich muß geſtehen, ich bin augenblicklich nicht recht capitelfeſt in dieſem Wirrſal!” „Das brauchen Euer Gnaden auch nicht,” entgegnete des Deichgrafen Tochter, „ich werde vor der Hochzeit meinem Bräutigam die Güter über- tragen. Ich habe auch meinen kleinen Stolz,” ſetzte ſie lächelnd hinzu; „ich will den reichſten Mann im Dorfe heirathen!” „Nun, Manners,” meinte der Paſtor, „ich denke, Sie werden auch als Pathe nichts dagegen haben, wenn ich den jungen Deichgrafen mit des alten Tochter zuſammengebe!” Der Alte ſchüttelte leis den Kopf: „Unſer Herr Gott gebe ſeinen Segen!” ſagte er andächtig. Der Oberdeichgraf aber reichte dem Mädchen ſeine Hand: „Wahr und weiſe habt Ihr geſprochen, Elke Volkerts; ich danke Euch für ſo kräftige Er- läuterungen und hoffe auch in Zukunft, und bei freundlicheren Gelegenheiten als heute, der Gaſt Eueres Hauſes zu ſein; aber — daß ein Deichgraf Theodor Storm, Der Schimmelreiter. 7

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/109>, abgerufen am 24.11.2024.