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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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Besichtigung desselben; ein großes Festmahl, das
erste nach dem Leichenmahl des alten Tede Volkerts,
wurde im deichgräflichen Hause gehalten; alle
Deichgevollmächtigten und die größten Interessenten
waren dazu geladen. Nach Tische wurden sämmtliche
Wagen der Gäste und des Deichgrafen angespannt;
Frau Elke wurde von dem Oberdeichgrafen in die
Carriole gehoben, vor der der braune Wallach
mit seinen Hufen stampfte; dann sprang er selber
hinten nach und nahm die Zügel in die Hand;
er wollte die gescheidte Frau seines Deichgrafen
selber fahren. So ging es munter von der Werfte
und in den Weg hinaus, den Akt zum neuen Deich
hinan und auf demselben um den jungen Koog
herum. Es war inmittelst ein leichter Nordwest-
wind aufgekommen, und an der Nord- und West-
seite des neuen Deiches wurde die Fluth hinauf-
getrieben; aber es war unverkennbar, der sanfte
Abfall bedingte einen sanfteren Anschlag; aus dem
Munde der herrschaftlichen Commissäre strömte das
Lob des Deichgrafen, daß die Bedenken, welche
hie und da von den Gevollmächtigten dagegen
langsam vorgebracht wurden, gar bald darin
erstickten.

Beſichtigung desſelben; ein großes Feſtmahl, das
erſte nach dem Leichenmahl des alten Tede Volkerts,
wurde im deichgräflichen Hauſe gehalten; alle
Deichgevollmächtigten und die größten Intereſſenten
waren dazu geladen. Nach Tiſche wurden ſämmtliche
Wagen der Gäſte und des Deichgrafen angeſpannt;
Frau Elke wurde von dem Oberdeichgrafen in die
Carriole gehoben, vor der der braune Wallach
mit ſeinen Hufen ſtampfte; dann ſprang er ſelber
hinten nach und nahm die Zügel in die Hand;
er wollte die geſcheidte Frau ſeines Deichgrafen
ſelber fahren. So ging es munter von der Werfte
und in den Weg hinaus, den Akt zum neuen Deich
hinan und auf demſelben um den jungen Koog
herum. Es war inmittelſt ein leichter Nordweſt-
wind aufgekommen, und an der Nord- und Weſt-
ſeite des neuen Deiches wurde die Fluth hinauf-
getrieben; aber es war unverkennbar, der ſanfte
Abfall bedingte einen ſanfteren Anſchlag; aus dem
Munde der herrſchaftlichen Commiſſäre ſtrömte das
Lob des Deichgrafen, daß die Bedenken, welche
hie und da von den Gevollmächtigten dagegen
langſam vorgebracht wurden, gar bald darin
erſtickten.

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[165/0177] Beſichtigung desſelben; ein großes Feſtmahl, das erſte nach dem Leichenmahl des alten Tede Volkerts, wurde im deichgräflichen Hauſe gehalten; alle Deichgevollmächtigten und die größten Intereſſenten waren dazu geladen. Nach Tiſche wurden ſämmtliche Wagen der Gäſte und des Deichgrafen angeſpannt; Frau Elke wurde von dem Oberdeichgrafen in die Carriole gehoben, vor der der braune Wallach mit ſeinen Hufen ſtampfte; dann ſprang er ſelber hinten nach und nahm die Zügel in die Hand; er wollte die geſcheidte Frau ſeines Deichgrafen ſelber fahren. So ging es munter von der Werfte und in den Weg hinaus, den Akt zum neuen Deich hinan und auf demſelben um den jungen Koog herum. Es war inmittelſt ein leichter Nordweſt- wind aufgekommen, und an der Nord- und Weſt- ſeite des neuen Deiches wurde die Fluth hinauf- getrieben; aber es war unverkennbar, der ſanfte Abfall bedingte einen ſanfteren Anſchlag; aus dem Munde der herrſchaftlichen Commiſſäre ſtrömte das Lob des Deichgrafen, daß die Bedenken, welche hie und da von den Gevollmächtigten dagegen langſam vorgebracht wurden, gar bald darin erſtickten.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/177>, abgerufen am 24.11.2024.