Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

den Boden getragen; Reißfedern und Bleistift und
Kreide sorgfältig in einer Schatullen-Schublade
weggeschlossen; dann wurde die junge Dienstmagd
zur Hülfe hereingerufen, und mit ihr das Geräthe
der ganzen Stube in eine andere und bessere
Stellung gebracht, so daß es anschien, als sei die-
selbe nun heller und größer geworden. Lächelnd
sagte Elke: "das können nur wir Frauen!" und
Hauke, trotz seiner Trauer um den Vater, hatte
mit glücklichen Augen zugesehen; auch wohl selber,
wo es nöthig war, geholfen.

Und als gegen die Dämmerung -- es war
zu Anfang des Septembers -- Alles war, wie sie
es für ihn wollte, faßte sie seine Hand und nickte
ihm mit ihren dunkeln Augen zu: "Nun komm
und iß bei uns zu Abend; denn meinem Vater
hab' ich's versprechen müssen, Dich mitzubringen;
wenn Du dann heimgehst, kannst Du ruhig in
Dein Haus treten!"

Als sie dann in die geräumige Wohnstube des
Deichgrafen traten, wo bei verschlossenen Läden
schon die beiden Lichter auf dem Tische brannten,
wollte dieser aus seinem Lehnstuhl in die Höhe,
aber mit seinem schweren Körper zurücksinkend,

den Boden getragen; Reißfedern und Bleiſtift und
Kreide ſorgfältig in einer Schatullen-Schublade
weggeſchloſſen; dann wurde die junge Dienſtmagd
zur Hülfe hereingerufen, und mit ihr das Geräthe
der ganzen Stube in eine andere und beſſere
Stellung gebracht, ſo daß es anſchien, als ſei die-
ſelbe nun heller und größer geworden. Lächelnd
ſagte Elke: „das können nur wir Frauen!” und
Hauke, trotz ſeiner Trauer um den Vater, hatte
mit glücklichen Augen zugeſehen; auch wohl ſelber,
wo es nöthig war, geholfen.

Und als gegen die Dämmerung — es war
zu Anfang des Septembers — Alles war, wie ſie
es für ihn wollte, faßte ſie ſeine Hand und nickte
ihm mit ihren dunkeln Augen zu: „Nun komm
und iß bei uns zu Abend; denn meinem Vater
hab' ich's verſprechen müſſen, Dich mitzubringen;
wenn Du dann heimgehſt, kannſt Du ruhig in
Dein Haus treten!”

Als ſie dann in die geräumige Wohnſtube des
Deichgrafen traten, wo bei verſchloſſenen Läden
ſchon die beiden Lichter auf dem Tiſche brannten,
wollte dieſer aus ſeinem Lehnſtuhl in die Höhe,
aber mit ſeinem ſchweren Körper zurückſinkend,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0091" n="79"/>
den Boden getragen; Reißfedern und Blei&#x017F;tift und<lb/>
Kreide &#x017F;orgfältig in einer Schatullen-Schublade<lb/>
wegge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en; dann wurde die junge Dien&#x017F;tmagd<lb/>
zur Hülfe hereingerufen, und mit ihr das Geräthe<lb/>
der ganzen Stube in eine andere und be&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
Stellung gebracht, &#x017F;o daß es an&#x017F;chien, als &#x017F;ei die-<lb/>
&#x017F;elbe nun heller und größer geworden. Lächelnd<lb/>
&#x017F;agte Elke: &#x201E;das können nur wir Frauen!&#x201D; und<lb/>
Hauke, trotz &#x017F;einer Trauer um den Vater, hatte<lb/>
mit glücklichen Augen zuge&#x017F;ehen; auch wohl &#x017F;elber,<lb/>
wo es nöthig war, geholfen.</p><lb/>
        <p>Und als gegen die Dämmerung &#x2014; es war<lb/>
zu Anfang des Septembers &#x2014; Alles war, wie &#x017F;ie<lb/>
es für ihn wollte, faßte &#x017F;ie &#x017F;eine Hand und nickte<lb/>
ihm mit ihren dunkeln Augen zu: &#x201E;Nun komm<lb/>
und iß bei uns zu Abend; denn meinem Vater<lb/>
hab' ich's ver&#x017F;prechen mü&#x017F;&#x017F;en, Dich mitzubringen;<lb/>
wenn Du dann heimgeh&#x017F;t, kann&#x017F;t Du ruhig in<lb/>
Dein Haus treten!&#x201D;</p><lb/>
        <p>Als &#x017F;ie dann in die geräumige Wohn&#x017F;tube des<lb/>
Deichgrafen traten, wo bei ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Läden<lb/>
&#x017F;chon die beiden Lichter auf dem Ti&#x017F;che brannten,<lb/>
wollte die&#x017F;er aus &#x017F;einem Lehn&#x017F;tuhl in die Höhe,<lb/>
aber mit &#x017F;einem &#x017F;chweren Körper zurück&#x017F;inkend,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0091] den Boden getragen; Reißfedern und Bleiſtift und Kreide ſorgfältig in einer Schatullen-Schublade weggeſchloſſen; dann wurde die junge Dienſtmagd zur Hülfe hereingerufen, und mit ihr das Geräthe der ganzen Stube in eine andere und beſſere Stellung gebracht, ſo daß es anſchien, als ſei die- ſelbe nun heller und größer geworden. Lächelnd ſagte Elke: „das können nur wir Frauen!” und Hauke, trotz ſeiner Trauer um den Vater, hatte mit glücklichen Augen zugeſehen; auch wohl ſelber, wo es nöthig war, geholfen. Und als gegen die Dämmerung — es war zu Anfang des Septembers — Alles war, wie ſie es für ihn wollte, faßte ſie ſeine Hand und nickte ihm mit ihren dunkeln Augen zu: „Nun komm und iß bei uns zu Abend; denn meinem Vater hab' ich's verſprechen müſſen, Dich mitzubringen; wenn Du dann heimgehſt, kannſt Du ruhig in Dein Haus treten!” Als ſie dann in die geräumige Wohnſtube des Deichgrafen traten, wo bei verſchloſſenen Läden ſchon die beiden Lichter auf dem Tiſche brannten, wollte dieſer aus ſeinem Lehnſtuhl in die Höhe, aber mit ſeinem ſchweren Körper zurückſinkend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/91
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/91>, abgerufen am 21.11.2024.