Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.Mädchenaugen ansehen, das sollst du nun noch lernen, wenn du erst ein Stieg Jahre weiter bist!" "Ja, ja," dachte ich, "zumal so ein Paar Augen, die einen See ausbrennen können!" "Und nicht wahr," begann Paulsen wieder, "nun weißt du auch nachgerade, wer das Lisei ist?" "Das ist die Frau Paulsen!" erwiederte ich. "Als ob ich das nicht längst gemerkt hätte! Sie sagt ja noch immer "nit" und hat auch noch die schwarzen Augen unter den fein gepinselten Augenbrauen." Mein Freund lachte, während ich mir im Stillen vornahm, die Frau Paulsen, wenn wir in's Haus zurückkämen, doch einmal recht darauf anzusehen, ob noch das Puppenspieler-Lisei in ihr zu erkennen sei. - "Aber," fragte ich, "wo ist denn der alte Herr Tendler hingekommen?" "Mein liebes Kind," erwiederte mein Freund, "wohin wir schließlich Alle kommen. Drüben auf dem grünen Kirchhof ruht er neben unserem alten Heinrich; aber es ist noch Einer mehr in sein Grab mit hineingekommen; der andere kleine Freund aus meiner Kinderzeit. Ich will dir's wohl erzählen; nur laß uns Mädchenaugen ansehen, das sollst du nun noch lernen, wenn du erst ein Stieg Jahre weiter bist!“ „Ja, ja,“ dachte ich, „zumal so ein Paar Augen, die einen See ausbrennen können!“ „Und nicht wahr,“ begann Paulsen wieder, „nun weißt du auch nachgerade, wer das Lisei ist?“ „Das ist die Frau Paulsen!“ erwiederte ich. „Als ob ich das nicht längst gemerkt hätte! Sie sagt ja noch immer „nit“ und hat auch noch die schwarzen Augen unter den fein gepinselten Augenbrauen.“ Mein Freund lachte, während ich mir im Stillen vornahm, die Frau Paulsen, wenn wir in’s Haus zurückkämen, doch einmal recht darauf anzusehen, ob noch das Puppenspieler-Lisei in ihr zu erkennen sei. – „Aber,“ fragte ich, „wo ist denn der alte Herr Tendler hingekommen?“ „Mein liebes Kind,“ erwiederte mein Freund, „wohin wir schließlich Alle kommen. Drüben auf dem grünen Kirchhof ruht er neben unserem alten Heinrich; aber es ist noch Einer mehr in sein Grab mit hineingekommen; der andere kleine Freund aus meiner Kinderzeit. Ich will dir’s wohl erzählen; nur laß uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0203" n="199"/> Mädchenaugen ansehen, das sollst du nun noch lernen, wenn du erst ein Stieg Jahre weiter bist!“</p> <p>„Ja, ja,“ dachte ich, „zumal so ein Paar Augen, die einen See ausbrennen können!“</p> <p>„Und nicht wahr,“ begann Paulsen wieder, „nun weißt du auch nachgerade, wer das Lisei ist?“</p> <p>„Das ist die Frau Paulsen!“ erwiederte ich. „Als ob ich das nicht längst gemerkt hätte! Sie sagt ja noch immer „nit“ und hat auch noch die schwarzen Augen unter den fein gepinselten Augenbrauen.“</p> <p>Mein Freund lachte, während ich mir im Stillen vornahm, die Frau Paulsen, wenn wir in’s Haus zurückkämen, doch einmal recht darauf anzusehen, ob noch das Puppenspieler-Lisei in ihr zu erkennen sei. – „Aber,“ fragte ich, „wo ist denn der alte Herr Tendler hingekommen?“</p> <p>„Mein liebes Kind,“ erwiederte mein Freund, „wohin wir schließlich Alle kommen. Drüben auf dem grünen Kirchhof ruht er neben unserem alten Heinrich; aber es ist noch Einer mehr in sein Grab mit hineingekommen; der andere kleine Freund aus meiner Kinderzeit. Ich will dir’s wohl erzählen; nur laß uns </p> </div> </body> </text> </TEI> [199/0203]
Mädchenaugen ansehen, das sollst du nun noch lernen, wenn du erst ein Stieg Jahre weiter bist!“
„Ja, ja,“ dachte ich, „zumal so ein Paar Augen, die einen See ausbrennen können!“
„Und nicht wahr,“ begann Paulsen wieder, „nun weißt du auch nachgerade, wer das Lisei ist?“
„Das ist die Frau Paulsen!“ erwiederte ich. „Als ob ich das nicht längst gemerkt hätte! Sie sagt ja noch immer „nit“ und hat auch noch die schwarzen Augen unter den fein gepinselten Augenbrauen.“
Mein Freund lachte, während ich mir im Stillen vornahm, die Frau Paulsen, wenn wir in’s Haus zurückkämen, doch einmal recht darauf anzusehen, ob noch das Puppenspieler-Lisei in ihr zu erkennen sei. – „Aber,“ fragte ich, „wo ist denn der alte Herr Tendler hingekommen?“
„Mein liebes Kind,“ erwiederte mein Freund, „wohin wir schließlich Alle kommen. Drüben auf dem grünen Kirchhof ruht er neben unserem alten Heinrich; aber es ist noch Einer mehr in sein Grab mit hineingekommen; der andere kleine Freund aus meiner Kinderzeit. Ich will dir’s wohl erzählen; nur laß uns
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler). Quelle der Scans: Wikimedia Commons. Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |