Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.war. Er hatte einen Strauß aus Wollgras und gesterntem Bärenlauch vor ihr zurecht gelegt, und sie war emsig beschäftigt, ihn auf's Papier zu bringen. Mitunter hatte er ein kurzes Wort zu ihr gesprochen, und sie hatte ebenso, und ohne aufzublicken, ihm geantwortet. "Aber sind Sie denn auch gern hierher gekommen?" fragte er jetzt. "Gewiß! Weshalb denn nicht? Bei dem Schuster roch das ganze Haus nach Leder; und Bettelleute waren es auch." "Bettelleute? - Weshalb sprechen Sie so hart, Franziska?" - Es schien, als wenn er ihr zu zürnen suche; aber er vermochte es schon längst nicht mehr. Eine Weile ließ er seine Augen aus ihr ruhen, während sie eifrig an einem Blättchen fortschattirte; als keine Antwort erfolgte, sagte er: "Ich bin kein Bettelmann, aber einsam ist es hier für Sie." "Das hab' ich gern," erwiderte sie leise und tauchte wieder den Pinsel in die Farbe. Neben ihr auf dem Tische lagen mehrere fertige Blättchen; er nahm eines derselben, auf dem eine war. Er hatte einen Strauß aus Wollgras und gesterntem Bärenlauch vor ihr zurecht gelegt, und sie war emsig beschäftigt, ihn auf's Papier zu bringen. Mitunter hatte er ein kurzes Wort zu ihr gesprochen, und sie hatte ebenso, und ohne aufzublicken, ihm geantwortet. „Aber sind Sie denn auch gern hierher gekommen?“ fragte er jetzt. „Gewiß! Weshalb denn nicht? Bei dem Schuster roch das ganze Haus nach Leder; und Bettelleute waren es auch.“ „Bettelleute? – Weshalb sprechen Sie so hart, Franziska?“ – Es schien, als wenn er ihr zu zürnen suche; aber er vermochte es schon längst nicht mehr. Eine Weile ließ er seine Augen aus ihr ruhen, während sie eifrig an einem Blättchen fortschattirte; als keine Antwort erfolgte, sagte er: „Ich bin kein Bettelmann, aber einsam ist es hier für Sie.“ „Das hab' ich gern,“ erwiderte sie leise und tauchte wieder den Pinsel in die Farbe. Neben ihr auf dem Tische lagen mehrere fertige Blättchen; er nahm eines derselben, auf dem eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="36"/> war. Er hatte einen Strauß aus Wollgras und gesterntem Bärenlauch vor ihr zurecht gelegt, und sie war emsig beschäftigt, ihn auf's Papier zu bringen. Mitunter hatte er ein kurzes Wort zu ihr gesprochen, und sie hatte ebenso, und ohne aufzublicken, ihm geantwortet.</p> <p>„Aber sind Sie denn auch gern hierher gekommen?“ fragte er jetzt.</p> <p>„Gewiß! Weshalb denn nicht? Bei dem Schuster roch das ganze Haus nach Leder; und Bettelleute waren es auch.“</p> <p>„Bettelleute? – Weshalb sprechen Sie so hart, Franziska?“ – Es schien, als wenn er ihr zu zürnen suche; aber er vermochte es schon längst nicht mehr. Eine Weile ließ er seine Augen aus ihr ruhen, während sie eifrig an einem Blättchen fortschattirte; als keine Antwort erfolgte, sagte er: „Ich bin kein Bettelmann, aber einsam ist es hier für Sie.“</p> <p>„Das hab' ich gern,“ erwiderte sie leise und tauchte wieder den Pinsel in die Farbe.</p> <p>Neben ihr auf dem Tische lagen mehrere fertige Blättchen; er nahm eines derselben, auf dem eine </p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0040]
war. Er hatte einen Strauß aus Wollgras und gesterntem Bärenlauch vor ihr zurecht gelegt, und sie war emsig beschäftigt, ihn auf's Papier zu bringen. Mitunter hatte er ein kurzes Wort zu ihr gesprochen, und sie hatte ebenso, und ohne aufzublicken, ihm geantwortet.
„Aber sind Sie denn auch gern hierher gekommen?“ fragte er jetzt.
„Gewiß! Weshalb denn nicht? Bei dem Schuster roch das ganze Haus nach Leder; und Bettelleute waren es auch.“
„Bettelleute? – Weshalb sprechen Sie so hart, Franziska?“ – Es schien, als wenn er ihr zu zürnen suche; aber er vermochte es schon längst nicht mehr. Eine Weile ließ er seine Augen aus ihr ruhen, während sie eifrig an einem Blättchen fortschattirte; als keine Antwort erfolgte, sagte er: „Ich bin kein Bettelmann, aber einsam ist es hier für Sie.“
„Das hab' ich gern,“ erwiderte sie leise und tauchte wieder den Pinsel in die Farbe.
Neben ihr auf dem Tische lagen mehrere fertige Blättchen; er nahm eines derselben, auf dem eine
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