Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Viertes Kapitel. §. 28. worden sein. Diess ist äusserst unwahrscheinlich; denn insolchen Ländern, welche noch nicht in formam provinciae redigirt waren, sondern von regibus sociis verwaltet wur- den, erhoben diese Fürsten die Steuern selbst, und be- zahlten den Römern einen Abtrag 7), so auch in Judäa vor der Absetzung des Archelaus. Man hat zwar Mehre- res aufgesucht, um wahrscheinlich zu machen, dass Augu- stus ausnahmsweise schon unter Herodes einen Census in Pa- lästina angeordnet habe. Paulus macht darauf aufmerksam, dass in dem breviarium imperii Romani, welches Augustus hinterliess, auch die finanziellen Verhältnisse des ganzen Reichs enthalten waren, und um diese für Palästina genau zu ermitteln, habe er vielleicht durch Herodes eine Auf- zeichnung veranstalten lassen 8). Mit mehr Schein beruft man sich auf die Nachricht des Josephus, dass aus Anlass einer in dem Verhältnisse des Herodes zu Augustus einmal eingetretenen Störung dieser dem Ersteren gedroht habe, ihn von jezt an den Untergebenen fühlen zu lassen 9), wozu es sehr gut passe, dass er alsbald durch Verfügung eines Census sein Land wie eine Provinz behandelt habe. Auch auf den Huldigungseid hat man sich berufen, wel- chen nach Josephus noch zu Lebzeiten des Herodes die Juden dem Augustus leisten mussten 10), und darauf, dass Augustus, weil er im Sinne hatte, nach Herodes Tode sei- nen Söhnen die Gewalt zu beschränken, gar wohl in des- sen lezten Jahren eine Schatzung könne angeordnet haben. Einer ausführlichern Prüfung dieser, mehr oder we- 7) Vgl. Paulus, exeg. Handb. 1, a, S. 171. 8) Ebendas. 9) oti, palai khromenos auto philo, nun upekoo khresetai. Joseph. Antiq. 16, 9, 3. 10) Ebendas. 17, 2, 4.
Viertes Kapitel. §. 28. worden sein. Dieſs ist äusserst unwahrscheinlich; denn insolchen Ländern, welche noch nicht in formam provinciae redigirt waren, sondern von regibus sociis verwaltet wur- den, erhoben diese Fürsten die Steuern selbst, und be- zahlten den Römern einen Abtrag 7), so auch in Judäa vor der Absetzung des Archelaus. Man hat zwar Mehre- res aufgesucht, um wahrscheinlich zu machen, daſs Augu- stus ausnahmsweise schon unter Herodes einen Census in Pa- lästina angeordnet habe. Paulus macht darauf aufmerksam, daſs in dem breviarium imperii Romani, welches Augustus hinterlieſs, auch die finanziellen Verhältnisse des ganzen Reichs enthalten waren, und um diese für Palästina genau zu ermitteln, habe er vielleicht durch Herodes eine Auf- zeichnung veranstalten lassen 8). Mit mehr Schein beruft man sich auf die Nachricht des Josephus, daſs aus Anlaſs einer in dem Verhältnisse des Herodes zu Augustus einmal eingetretenen Störung dieser dem Ersteren gedroht habe, ihn von jezt an den Untergebenen fühlen zu lassen 9), wozu es sehr gut passe, daſs er alsbald durch Verfügung eines Census sein Land wie eine Provinz behandelt habe. Auch auf den Huldigungseid hat man sich berufen, wel- chen nach Josephus noch zu Lebzeiten des Herodes die Juden dem Augustus leisten muſsten 10), und darauf, daſs Augustus, weil er im Sinne hatte, nach Herodes Tode sei- nen Söhnen die Gewalt zu beschränken, gar wohl in des- sen lezten Jahren eine Schatzung könne angeordnet haben. Einer ausführlichern Prüfung dieser, mehr oder we- 7) Vgl. Paulus, exeg. Handb. 1, a, S. 171. 8) Ebendas. 9) ὅτι, πάλαι χρώμενος ἀυτῷ φίλῳ, νῦν ὑπηκόῳ χρήσεται. Joseph. Antiq. 16, 9, 3. 10) Ebendas. 17, 2, 4.
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Viertes Kapitel. §. 28.
worden sein. Dieſs ist äusserst unwahrscheinlich; denn in
solchen Ländern, welche noch nicht in formam provinciae
redigirt waren, sondern von regibus sociis verwaltet wur-
den, erhoben diese Fürsten die Steuern selbst, und be-
zahlten den Römern einen Abtrag 7), so auch in Judäa
vor der Absetzung des Archelaus. Man hat zwar Mehre-
res aufgesucht, um wahrscheinlich zu machen, daſs Augu-
stus ausnahmsweise schon unter Herodes einen Census in Pa-
lästina angeordnet habe. Paulus macht darauf aufmerksam,
daſs in dem breviarium imperii Romani, welches Augustus
hinterlieſs, auch die finanziellen Verhältnisse des ganzen
Reichs enthalten waren, und um diese für Palästina genau
zu ermitteln, habe er vielleicht durch Herodes eine Auf-
zeichnung veranstalten lassen 8). Mit mehr Schein beruft
man sich auf die Nachricht des Josephus, daſs aus Anlaſs
einer in dem Verhältnisse des Herodes zu Augustus einmal
eingetretenen Störung dieser dem Ersteren gedroht habe,
ihn von jezt an den Untergebenen fühlen zu lassen 9),
wozu es sehr gut passe, daſs er alsbald durch Verfügung
eines Census sein Land wie eine Provinz behandelt habe.
Auch auf den Huldigungseid hat man sich berufen, wel-
chen nach Josephus noch zu Lebzeiten des Herodes die
Juden dem Augustus leisten muſsten 10), und darauf, daſs
Augustus, weil er im Sinne hatte, nach Herodes Tode sei-
nen Söhnen die Gewalt zu beschränken, gar wohl in des-
sen lezten Jahren eine Schatzung könne angeordnet haben.
Einer ausführlichern Prüfung dieser, mehr oder we-
niger unhistorischen und willkührlichen Combinationen über-
hebt uns unser Evangelist durch den Zusaz, welchen er
7) Vgl. Paulus, exeg. Handb. 1, a, S. 171.
8) Ebendas.
9) ὅτι, πάλαι χρώμενος ἀυτῷ φίλῳ, νῦν ὑπηκόῳ χρήσεται.
Joseph. Antiq. 16, 9, 3.
10) Ebendas. 17, 2, 4.
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