Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Zweiter Abschnitt. gewässer schwebende Geist ausdrücklich mit einer Taubeverglichen sich findet 16) und auch abgesehen von dieser Erzählung die Taube als Symbol des heiligen Geistes ge- fasst wird? 17) Wie nahe es von hier aus lag, der schwe- benden Taube eine Beziehung auf den Messias zu geben, auf welchen der mit einer Taube verglichene Gottesgeist herabkommen sollte, erhellt von selbst, und ohne dass man sich auf jüdische Schriften zu berufen brauchte, welche den über dem Wasser schwebenden Geist, 1. Mos. 1, 2, als den Geist des Messias bezeichnen 18), und die Noachische Taube, dieses Nachbild des taubenartig über dem Urwas- ser brütenden Gottesgeistes, mit dem Messias in Verbin- dung bringen 19). 16) Chagiga c. 2. (bei Wetstein S. 268.): Spiritus Dei fereba- tur super aquas sicut columba, quae incumbit pullis suis Vergl. Ir Gibborim ad Genes. 1, 2. bei Schöttgen horae 1, S. 9. 17) Targum Koheleth 2, 12. wird die vox turturis als vox spiri- tus sancti gedeutet. Diess mit Lücke S. 367. für eine will- kührliche Deutung zu erklären, scheint nach den obigen Da- ten selbst der Willkühr ähnlich zu sehen. 18) Bereschith rabba, sect. 2, f. 4, 4, ad Genes. 1, 2 (bei Schött- gen a. a. O.): intelligitur spiritus regis Messiae, de quo di- citur Jes. 11, 2: et quiescet super illum spiritus Domini. 19) Sohar Numer. f. 68. col. 271 f. (bei Schöttgen, horae, 2,
S. 537 f.). Der Inhalt dieser Stelle beruht auf dem kabbali- stischen Schlusse: Ist David nach Ps. 52, 10. der Oelbaum: so ist der Messias, Davids Spross, das Oelblatt; heisst es von Noa's Taube Genes. 8, 11., sie habe ein Oelblatt im Munde geführt: so wird der Messias durch eine Taube in der Welt eingeführt werden. -- Auch christliche Ausleger haben die Taube bei Jesu Taufe mit der Noachischen vergli- chen, s. Suicer, Thesaurus 2, d. A. perisera, S. 688 f. -- Was man sonst wohl hier anzuführen pflegte, dass die Sama- ritaner auf Garizim eine Taube unter dem Namen Achima göttlich verehrt haben, ist wohl nur aus absichtlicher Miss- Zweiter Abschnitt. gewässer schwebende Geist ausdrücklich mit einer Taubeverglichen sich findet 16) und auch abgesehen von dieser Erzählung die Taube als Symbol des heiligen Geistes ge- faſst wird? 17) Wie nahe es von hier aus lag, der schwe- benden Taube eine Beziehung auf den Messias zu geben, auf welchen der mit einer Taube verglichene Gottesgeist herabkommen sollte, erhellt von selbst, und ohne daſs man sich auf jüdische Schriften zu berufen brauchte, welche den über dem Wasser schwebenden Geist, 1. Mos. 1, 2, als den Geist des Messias bezeichnen 18), und die Noachische Taube, dieses Nachbild des taubenartig über dem Urwas- ser brütenden Gottesgeistes, mit dem Messias in Verbin- dung bringen 19). 16) Chagiga c. 2. (bei Wetstein S. 268.): Spiritus Dei fereba- tur super aquas sicut columba, quae incumbit pullis suis Vergl. Ir Gibborim ad Genes. 1, 2. bei Schöttgen horae 1, S. 9. 17) Targum Koheleth 2, 12. wird die vox turturis als vox spiri- tus sancti gedeutet. Diess mit Lücke S. 367. für eine will- kührliche Deutung zu erklären, scheint nach den obigen Da- ten selbst der Willkühr ähnlich zu sehen. 18) Bereschith rabba, sect. 2, f. 4, 4, ad Genes. 1, 2 (bei Schött- gen a. a. O.): intelligitur spiritus regis Messiae, de quo di- citur Jes. 11, 2: et quiescet super illum spiritus Domini. 19) Sohar Numer. f. 68. col. 271 f. (bei Schöttgen, horae, 2,
S. 537 f.). Der Inhalt dieser Stelle beruht auf dem kabbali- stischen Schlusse: Ist David nach Ps. 52, 10. der Oelbaum: so ist der Messias, Davids Spross, das Oelblatt; heisst es von Noa's Taube Genes. 8, 11., sie habe ein Oelblatt im Munde geführt: so wird der Messias durch eine Taube in der Welt eingeführt werden. — Auch christliche Ausleger haben die Taube bei Jesu Taufe mit der Noachischen vergli- chen, s. Suicer, Thesaurus 2, d. A. περιςερὰ, S. 688 f. — Was man sonst wohl hier anzuführen pflegte, dass die Sama- ritaner auf Garizim eine Taube unter dem Namen Achima göttlich verehrt haben, ist wohl nur aus absichtlicher Miss- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0412" n="388"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Abschnitt</hi>.</fw><lb/> gewässer schwebende Geist ausdrücklich mit einer Taube<lb/> verglichen sich findet <note place="foot" n="16)">Chagiga c. 2. (bei <hi rendition="#k">Wetstein</hi> S. 268.): Spiritus Dei fereba-<lb/> tur super aquas sicut columba, quae incumbit pullis suis<lb/> Vergl. Ir Gibborim ad Genes. 1, 2. bei <hi rendition="#k">Schöttgen</hi> horae 1,<lb/> S. 9.</note> und auch abgesehen von dieser<lb/> Erzählung die Taube als Symbol des heiligen Geistes ge-<lb/> faſst wird? <note place="foot" n="17)">Targum Koheleth 2, 12. wird die vox turturis als vox spiri-<lb/> tus sancti gedeutet. Diess mit <hi rendition="#k">Lücke</hi> S. 367. für eine will-<lb/> kührliche Deutung zu erklären, scheint nach den obigen Da-<lb/> ten selbst der Willkühr ähnlich zu sehen.</note> Wie nahe es von hier aus lag, der schwe-<lb/> benden Taube eine Beziehung auf den Messias zu geben,<lb/> auf welchen der mit einer Taube verglichene Gottesgeist<lb/> herabkommen sollte, erhellt von selbst, und ohne daſs man<lb/> sich auf jüdische Schriften zu berufen brauchte, welche<lb/> den über dem Wasser schwebenden Geist, 1. Mos. 1, 2, als<lb/> den Geist des Messias bezeichnen <note place="foot" n="18)">Bereschith rabba, sect. 2, f. 4, 4, ad Genes. 1, 2 (bei <hi rendition="#k">Schött-<lb/> gen</hi> a. a. O.): intelligitur spiritus regis Messiae, de quo di-<lb/> citur Jes. 11, 2: et quiescet super illum spiritus Domini.</note>, und die Noachische<lb/> Taube, dieses Nachbild des taubenartig über dem Urwas-<lb/> ser brütenden Gottesgeistes, mit dem Messias in Verbin-<lb/> dung bringen <note xml:id="seg2pn_15_1" next="#seg2pn_15_2" place="foot" n="19)">Sohar Numer. f. 68. col. 271 f. (bei <hi rendition="#k">Schöttgen</hi>, horae, 2,<lb/> S. 537 f.). Der Inhalt dieser Stelle beruht auf dem kabbali-<lb/> stischen Schlusse: Ist David nach Ps. 52, 10. der Oelbaum:<lb/> so ist der Messias, Davids Spross, das Oelblatt; heisst es<lb/> von Noa's Taube Genes. 8, 11., sie habe ein Oelblatt im<lb/> Munde geführt: so wird der Messias durch eine Taube in<lb/> der Welt eingeführt werden. — Auch christliche Ausleger<lb/> haben die Taube bei Jesu Taufe mit der Noachischen vergli-<lb/> chen, s. <hi rendition="#k">Suicer</hi>, Thesaurus 2, d. A. <foreign xml:lang="ell">περιςερὰ</foreign>, S. 688 f. —<lb/> Was man sonst wohl hier anzuführen pflegte, dass die Sama-<lb/> ritaner auf Garizim eine Taube unter dem Namen Achima<lb/> göttlich verehrt haben, ist wohl nur aus absichtlicher Miss-</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [388/0412]
Zweiter Abschnitt.
gewässer schwebende Geist ausdrücklich mit einer Taube
verglichen sich findet 16) und auch abgesehen von dieser
Erzählung die Taube als Symbol des heiligen Geistes ge-
faſst wird? 17) Wie nahe es von hier aus lag, der schwe-
benden Taube eine Beziehung auf den Messias zu geben,
auf welchen der mit einer Taube verglichene Gottesgeist
herabkommen sollte, erhellt von selbst, und ohne daſs man
sich auf jüdische Schriften zu berufen brauchte, welche
den über dem Wasser schwebenden Geist, 1. Mos. 1, 2, als
den Geist des Messias bezeichnen 18), und die Noachische
Taube, dieses Nachbild des taubenartig über dem Urwas-
ser brütenden Gottesgeistes, mit dem Messias in Verbin-
dung bringen 19).
16) Chagiga c. 2. (bei Wetstein S. 268.): Spiritus Dei fereba-
tur super aquas sicut columba, quae incumbit pullis suis
Vergl. Ir Gibborim ad Genes. 1, 2. bei Schöttgen horae 1,
S. 9.
17) Targum Koheleth 2, 12. wird die vox turturis als vox spiri-
tus sancti gedeutet. Diess mit Lücke S. 367. für eine will-
kührliche Deutung zu erklären, scheint nach den obigen Da-
ten selbst der Willkühr ähnlich zu sehen.
18) Bereschith rabba, sect. 2, f. 4, 4, ad Genes. 1, 2 (bei Schött-
gen a. a. O.): intelligitur spiritus regis Messiae, de quo di-
citur Jes. 11, 2: et quiescet super illum spiritus Domini.
19) Sohar Numer. f. 68. col. 271 f. (bei Schöttgen, horae, 2,
S. 537 f.). Der Inhalt dieser Stelle beruht auf dem kabbali-
stischen Schlusse: Ist David nach Ps. 52, 10. der Oelbaum:
so ist der Messias, Davids Spross, das Oelblatt; heisst es
von Noa's Taube Genes. 8, 11., sie habe ein Oelblatt im
Munde geführt: so wird der Messias durch eine Taube in
der Welt eingeführt werden. — Auch christliche Ausleger
haben die Taube bei Jesu Taufe mit der Noachischen vergli-
chen, s. Suicer, Thesaurus 2, d. A. περιςερὰ, S. 688 f. —
Was man sonst wohl hier anzuführen pflegte, dass die Sama-
ritaner auf Garizim eine Taube unter dem Namen Achima
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