Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Zweiter Abschnitt. Jahre seiner Wirksamkeit, nach Abzug des ersten Festes,gerechnet werden dürfen. Wir haben im vierten Evange- lium nach der Taufe Jesu zuerst ein von ihm besuchtes Paschafest (2, 13.), zwischen welchem und der Taufe nur kurze Zeit zu liegen scheint (vergl. 1, 29. 35. 44. 2, 1. 12.). Nun aber das nächste von Jesu besuchte Fest (5, 1.) wel- ches nur unbestimmt als eorte ton Ioudaion bezeichnet ist, war von jeher die crux der N. T.lichen Chronologen. Be- deutend ist es für die Bestimmung der Dauer des öffentli- chen Lebens Jesu nur, wenn es ein Pascha ist, denn in diesem Falle wäre hier das erste Jahr seiner Wirksamkeit zu Ende. Dass nun durch e eorte ton Ioudaion vorzugs- weise das Paschafest bezeichnet werden könne 1), glauben wir gerne; allein die besten Codices haben in unsrer Stelle keinen Artikel, und ohne diesen kann jener Ausdruck nur unbestimmt irgend ein jüdisches Fest bedeuten, das der Ver- fasser nicht näher namhaft machen will 2). An sich könnte es also gleich gut Pfingsten 3), Purim 4), Pascha 5) oder ein anderes sein 6); doch im Sinne des Referenten ist wohl nicht an ein Paschafest zu denken, theils weil er dieses grösste Fest schwerlich so unbezeichnet gelassen hätte, theils weil 6, 4. schon wieder ein Paschafest kommt, und so zwi- schen 5, 47. und 6, 1. ein ganzes Jahr mit Stillschweigen übergangen sein müsste. Denn dass das en de eggus to paskha (6, 4.) sich rückwärts auf das eben verflossene Fest beziehe, ist doch eine zu gewaltsame Auskunft von 1) Paulus, exeg. Handb. 1, b, S. 788 f. 2) s. Lücke, Comm. zum Ev. Joh. 2, S. 6. 3) Bengel, ordo temporum S. 219 f. 4) Hug, Einl. in d. N. T. 2, S. 229 ff. 5) Paulus, Comm. zum Ev. Joh. S. 279 f. Exeg. Handb. 1, b. S. 784 ff. 6) Zusammenstellungen der verschiedenen Ansichten geben Hase,
L. J. §. 47. Lücke a. a. O. S. 2 ff. Zweiter Abschnitt. Jahre seiner Wirksamkeit, nach Abzug des ersten Festes,gerechnet werden dürfen. Wir haben im vierten Evange- lium nach der Taufe Jesu zuerst ein von ihm besuchtes Paschafest (2, 13.), zwischen welchem und der Taufe nur kurze Zeit zu liegen scheint (vergl. 1, 29. 35. 44. 2, 1. 12.). Nun aber das nächste von Jesu besuchte Fest (5, 1.) wel- ches nur unbestimmt als ἑορτὴ τῶν Ἰουδαίων bezeichnet ist, war von jeher die crux der N. T.lichen Chronologen. Be- deutend ist es für die Bestimmung der Dauer des öffentli- chen Lebens Jesu nur, wenn es ein Pascha ist, denn in diesem Falle wäre hier das erste Jahr seiner Wirksamkeit zu Ende. Daſs nun durch ἡ ἑορτὴ τῶν Ἰουδαίων vorzugs- weise das Paschafest bezeichnet werden könne 1), glauben wir gerne; allein die besten Codices haben in unsrer Stelle keinen Artikel, und ohne diesen kann jener Ausdruck nur unbestimmt irgend ein jüdisches Fest bedeuten, das der Ver- fasser nicht näher namhaft machen will 2). An sich könnte es also gleich gut Pfingsten 3), Purim 4), Pascha 5) oder ein anderes sein 6); doch im Sinne des Referenten ist wohl nicht an ein Paschafest zu denken, theils weil er dieses gröſste Fest schwerlich so unbezeichnet gelassen hätte, theils weil 6, 4. schon wieder ein Paschafest kommt, und so zwi- schen 5, 47. und 6, 1. ein ganzes Jahr mit Stillschweigen übergangen sein müſste. Denn daſs das ἦν δὲ ἐγγὺς τὸ πάσχα (6, 4.) sich rückwärts auf das eben verflossene Fest beziehe, ist doch eine zu gewaltsame Auskunft von 1) Paulus, exeg. Handb. 1, b, S. 788 f. 2) s. Lücke, Comm. zum Ev. Joh. 2, S. 6. 3) Bengel, ordo temporum S. 219 f. 4) Hug, Einl. in d. N. T. 2, S. 229 ff. 5) Paulus, Comm. zum Ev. Joh. S. 279 f. Exeg. Handb. 1, b. S. 784 ff. 6) Zusammenstellungen der verschiedenen Ansichten geben Hase,
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Zweiter Abschnitt.
Jahre seiner Wirksamkeit, nach Abzug des ersten Festes,
gerechnet werden dürfen. Wir haben im vierten Evange-
lium nach der Taufe Jesu zuerst ein von ihm besuchtes
Paschafest (2, 13.), zwischen welchem und der Taufe nur
kurze Zeit zu liegen scheint (vergl. 1, 29. 35. 44. 2, 1. 12.).
Nun aber das nächste von Jesu besuchte Fest (5, 1.) wel-
ches nur unbestimmt als ἑορτὴ τῶν Ἰουδαίων bezeichnet ist,
war von jeher die crux der N. T.lichen Chronologen. Be-
deutend ist es für die Bestimmung der Dauer des öffentli-
chen Lebens Jesu nur, wenn es ein Pascha ist, denn in
diesem Falle wäre hier das erste Jahr seiner Wirksamkeit
zu Ende. Daſs nun durch ἡ ἑορτὴ τῶν Ἰουδαίων vorzugs-
weise das Paschafest bezeichnet werden könne 1), glauben
wir gerne; allein die besten Codices haben in unsrer Stelle
keinen Artikel, und ohne diesen kann jener Ausdruck nur
unbestimmt irgend ein jüdisches Fest bedeuten, das der Ver-
fasser nicht näher namhaft machen will 2). An sich könnte
es also gleich gut Pfingsten 3), Purim 4), Pascha 5) oder ein
anderes sein 6); doch im Sinne des Referenten ist wohl
nicht an ein Paschafest zu denken, theils weil er dieses
gröſste Fest schwerlich so unbezeichnet gelassen hätte, theils
weil 6, 4. schon wieder ein Paschafest kommt, und so zwi-
schen 5, 47. und 6, 1. ein ganzes Jahr mit Stillschweigen
übergangen sein müſste. Denn daſs das ἦν δὲ ἐγγὺς τὸ
πάσχα (6, 4.) sich rückwärts auf das eben verflossene
Fest beziehe, ist doch eine zu gewaltsame Auskunft von
1) Paulus, exeg. Handb. 1, b, S. 788 f.
2) s. Lücke, Comm. zum Ev. Joh. 2, S. 6.
3) Bengel, ordo temporum S. 219 f.
4) Hug, Einl. in d. N. T. 2, S. 229 ff.
5) Paulus, Comm. zum Ev. Joh. S. 279 f. Exeg. Handb. 1,
b. S. 784 ff.
6) Zusammenstellungen der verschiedenen Ansichten geben Hase,
L. J. §. 47. Lücke a. a. O. S. 2 ff.
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