Rücksichten der Analogie und Ideenassociation gemacht ist; wobei man jedoch wohl unterscheiden muss, dass zwar wir dem Inhalt des Erzählten zufolge diess einsehen und aus den unbestimmten und eintönigen Verbindungsformeln, welche sie gebrauchen, schliessen können, dass ihnen die Einsicht in das genauere chronologische Verhältniss des von ihnen Erzählten abgegangen sei: dennoch aber aus dem, wenn auch noch so unbestimmten, chronologischen Character der meisten jener Übergangsformeln (wie kata- banti apo tou orous, paragon ekeithen, tauta autou lalountos, en aute te emera, tote, kai idou u. s. f.) abnehmen müs- sen, dass die Verfasser sich geschmeichelt haben, eine chronologische Erzählung zu geben 5).
Johannes freilich unterliegt in Bezug auf die Chrono- logie seiner grösstentheils eigenthümlichen Erzählungen we- der einer solchen Controle anderer Berichte, wie die Syn- optiker untereinander, noch auch fehlt es an Zusammen- hang und Fortschritt in seiner Darstellung; wir können da- her seine Anordnung nur so beurtheilen, dass wir fragen: ist der Entwicklungsgang und Fortschritt der Sache und des Planes Jesu, wie ihn das vierte Evangelium giebt, ein in sich und bei Vergleichung brauchbarer Data aus den übrigen Evangelien glaubwürdiger? worauf die Antwort erst in der folgenden Untersuchung sich ergeben kann.
5)Schneckenburger's Beiträge, S. 25 ff.
Zweiter Abschnitt.
Rücksichten der Analogie und Ideenassociation gemacht ist; wobei man jedoch wohl unterscheiden muſs, daſs zwar wir dem Inhalt des Erzählten zufolge dieſs einsehen und aus den unbestimmten und eintönigen Verbindungsformeln, welche sie gebrauchen, schlieſsen können, daſs ihnen die Einsicht in das genauere chronologische Verhältniſs des von ihnen Erzählten abgegangen sei: dennoch aber aus dem, wenn auch noch so unbestimmten, chronologischen Character der meisten jener Übergangsformeln (wie κατα- βάντι ἀπὸ τοῦ ὅρους, παράγων ἐκεῖϑεν, ταῦτα αὐτοῦ λαλοῦντος, ἐν αὐτῇ τῇ ἡμέρᾳ, τότε, καὶ ἰδοὺ u. s. f.) abnehmen müs- sen, daſs die Verfasser sich geschmeichelt haben, eine chronologische Erzählung zu geben 5).
Johannes freilich unterliegt in Bezug auf die Chrono- logie seiner gröſstentheils eigenthümlichen Erzählungen we- der einer solchen Controle anderer Berichte, wie die Syn- optiker untereinander, noch auch fehlt es an Zusammen- hang und Fortschritt in seiner Darstellung; wir können da- her seine Anordnung nur so beurtheilen, daſs wir fragen: ist der Entwicklungsgang und Fortschritt der Sache und des Planes Jesu, wie ihn das vierte Evangelium giebt, ein in sich und bei Vergleichung brauchbarer Data aus den übrigen Evangelien glaubwürdiger? worauf die Antwort erst in der folgenden Untersuchung sich ergeben kann.
5)Schneckenburger's Beiträge, S. 25 ff.
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[462/0486]
Zweiter Abschnitt.
Rücksichten der Analogie und Ideenassociation gemacht ist;
wobei man jedoch wohl unterscheiden muſs, daſs zwar
wir dem Inhalt des Erzählten zufolge dieſs einsehen und
aus den unbestimmten und eintönigen Verbindungsformeln,
welche sie gebrauchen, schlieſsen können, daſs ihnen die
Einsicht in das genauere chronologische Verhältniſs des
von ihnen Erzählten abgegangen sei: dennoch aber aus
dem, wenn auch noch so unbestimmten, chronologischen
Character der meisten jener Übergangsformeln (wie κατα-
βάντι ἀπὸ τοῦ ὅρους, παράγων ἐκεῖϑεν, ταῦτα αὐτοῦ λαλοῦντος,
ἐν αὐτῇ τῇ ἡμέρᾳ, τότε, καὶ ἰδοὺ u. s. f.) abnehmen müs-
sen, daſs die Verfasser sich geschmeichelt haben, eine
chronologische Erzählung zu geben 5).
Johannes freilich unterliegt in Bezug auf die Chrono-
logie seiner gröſstentheils eigenthümlichen Erzählungen we-
der einer solchen Controle anderer Berichte, wie die Syn-
optiker untereinander, noch auch fehlt es an Zusammen-
hang und Fortschritt in seiner Darstellung; wir können da-
her seine Anordnung nur so beurtheilen, daſs wir fragen:
ist der Entwicklungsgang und Fortschritt der Sache und
des Planes Jesu, wie ihn das vierte Evangelium giebt, ein
in sich und bei Vergleichung brauchbarer Data aus den
übrigen Evangelien glaubwürdiger? worauf die Antwort
erst in der folgenden Untersuchung sich ergeben kann.
5) Schneckenburger's Beiträge, S. 25 ff.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/486>, abgerufen am 22.11.2024.
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