Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Zweiter Abschnitt. Sees Hauptschauplaz der Thätigkeit Jesu war: so stehtauch eine ziemliche Anzahl seiner Wunder mit dem See in unmittelbarer Beziehung. Eines von dieser Gattung, der dem Petrus bescheerte wunderbare Fischzug, hat sich uns bereits zur Betrachtung dargeboten; übrig sind nun noch die wunderbare Stillung des Sturms, der, während Jesus schlief, auf dem See entstanden war, bei den drei Synop- tikern; das Wandeln Jesu auf dem See, gleichfalls wäh- rend eines Sturms, bei Matthäus, Markus und Johannes, die Zusammenfassung der meisten dieser Momente, welche der Anhang des vierten Evangeliums in die Zeit nach der Auferstehung verlegt; endlich der von Petrus zu erangeln- de Stater bei Matthäus. Die zuerst genannte Erzählung (Matth. S, 23 ff. parall.) so gehört schon eine vorgefasste Meinung von dem Charak-
ter der N. T.lichen Bücher dazu, um der Consequenz aus- zuweichen, dass ebenso die in ihnen sich findenden Todten- erweckungen nur minder absichtlich entstandene Nachbildun- gen jener A. T.lichen seien, welche selbst aus dem Glauben des Alterthums an die den Tod bezwingende Kraft gottge- liebter Männer (Herkules, Äsculap), und näher aus den jü- dischen Begriffen von einem Propheten abzuleiten sind. Zweiter Abschnitt. Sees Hauptschauplaz der Thätigkeit Jesu war: so stehtauch eine ziemliche Anzahl seiner Wunder mit dem See in unmittelbarer Beziehung. Eines von dieser Gattung, der dem Petrus bescheerte wunderbare Fischzug, hat sich uns bereits zur Betrachtung dargeboten; übrig sind nun noch die wunderbare Stillung des Sturms, der, während Jesus schlief, auf dem See entstanden war, bei den drei Synop- tikern; das Wandeln Jesu auf dem See, gleichfalls wäh- rend eines Sturms, bei Matthäus, Markus und Johannes, die Zusammenfassung der meisten dieser Momente, welche der Anhang des vierten Evangeliums in die Zeit nach der Auferstehung verlegt; endlich der von Petrus zu erangeln- de Stater bei Matthäus. Die zuerst genannte Erzählung (Matth. S, 23 ff. parall.) so gehört schon eine vorgefasste Meinung von dem Charak-
ter der N. T.lichen Bücher dazu, um der Consequenz aus- zuweichen, dass ebenso die in ihnen sich findenden Todten- erweckungen nur minder absichtlich entstandene Nachbildun- gen jener A. T.lichen seien, welche selbst aus dem Glauben des Alterthums an die den Tod bezwingende Kraft gottge- liebter Männer (Herkules, Äsculap), und näher aus den jü- dischen Begriffen von einem Propheten abzuleiten sind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0193" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Abschnitt</hi>.</fw><lb/> Sees Hauptschauplaz der Thätigkeit Jesu war: so steht<lb/> auch eine ziemliche Anzahl seiner Wunder mit dem See in<lb/> unmittelbarer Beziehung. Eines von dieser Gattung, der<lb/> dem Petrus bescheerte wunderbare Fischzug, hat sich uns<lb/> bereits zur Betrachtung dargeboten; übrig sind nun noch<lb/> die wunderbare Stillung des Sturms, der, während Jesus<lb/> schlief, auf dem See entstanden war, bei den drei Synop-<lb/> tikern; das Wandeln Jesu auf dem See, gleichfalls wäh-<lb/> rend eines Sturms, bei Matthäus, Markus und Johannes,<lb/> die Zusammenfassung der meisten dieser Momente, welche<lb/> der Anhang des vierten Evangeliums in die Zeit nach der<lb/> Auferstehung verlegt; endlich der von Petrus zu erangeln-<lb/> de Stater bei Matthäus.</p><lb/> <p>Die zuerst genannte Erzählung (Matth. S, 23 ff. parall.)<lb/> will uns ihrer eigenen Schluſsformel zufolge Jesum als<lb/> denjenigen darstellen, welchem <foreign xml:lang="ell">οἱ ἄνεμοι καὶ ἡ ϑάλασσα<lb/> ὑπακου̍0223;σιν</foreign>. Es wird also, wenn wir den bisherigen Wun-<lb/> derklimax verfolgen, hier nicht bloſs vorausgesezt, daſs<lb/> Jesus auf den menschlichen Geist und durch diesen auf den<lb/> Körper psychologisch, oder auf den vom Geist verlassenen<lb/> menschlichen Organismus neu belebend, auch nicht bloſs,<lb/> wie in der früher erwogenen Fischzugsgeschichte, daſs<lb/> er auf die vernunftlose aber lebendige Natur, sondern,<lb/> daſs er selbst auf die leblose unmittelbar bestimmend habe<lb/> einwirken können. Durch ein richtiges Bewuſstsein davon,<lb/> wie eine solche Gewalt über die äussere Natur mit der<lb/> Bestimmung Jesu für die Menschheit und ihre Erlösung<lb/><note xml:id="seg2pn_6_2" prev="#seg2pn_6_1" place="foot" n="57)">so gehört schon eine vorgefasste Meinung von dem Charak-<lb/> ter der N. T.lichen Bücher dazu, um der Consequenz aus-<lb/> zuweichen, dass ebenso die in ihnen sich findenden Todten-<lb/> erweckungen nur minder absichtlich entstandene Nachbildun-<lb/> gen jener A. T.lichen seien, welche selbst aus dem Glauben<lb/> des Alterthums an die den Tod bezwingende Kraft gottge-<lb/> liebter Männer (Herkules, Äsculap), und näher aus den jü-<lb/> dischen Begriffen von einem Propheten abzuleiten sind.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [174/0193]
Zweiter Abschnitt.
Sees Hauptschauplaz der Thätigkeit Jesu war: so steht
auch eine ziemliche Anzahl seiner Wunder mit dem See in
unmittelbarer Beziehung. Eines von dieser Gattung, der
dem Petrus bescheerte wunderbare Fischzug, hat sich uns
bereits zur Betrachtung dargeboten; übrig sind nun noch
die wunderbare Stillung des Sturms, der, während Jesus
schlief, auf dem See entstanden war, bei den drei Synop-
tikern; das Wandeln Jesu auf dem See, gleichfalls wäh-
rend eines Sturms, bei Matthäus, Markus und Johannes,
die Zusammenfassung der meisten dieser Momente, welche
der Anhang des vierten Evangeliums in die Zeit nach der
Auferstehung verlegt; endlich der von Petrus zu erangeln-
de Stater bei Matthäus.
Die zuerst genannte Erzählung (Matth. S, 23 ff. parall.)
will uns ihrer eigenen Schluſsformel zufolge Jesum als
denjenigen darstellen, welchem οἱ ἄνεμοι καὶ ἡ ϑάλασσα
ὑπακου̍0223;σιν. Es wird also, wenn wir den bisherigen Wun-
derklimax verfolgen, hier nicht bloſs vorausgesezt, daſs
Jesus auf den menschlichen Geist und durch diesen auf den
Körper psychologisch, oder auf den vom Geist verlassenen
menschlichen Organismus neu belebend, auch nicht bloſs,
wie in der früher erwogenen Fischzugsgeschichte, daſs
er auf die vernunftlose aber lebendige Natur, sondern,
daſs er selbst auf die leblose unmittelbar bestimmend habe
einwirken können. Durch ein richtiges Bewuſstsein davon,
wie eine solche Gewalt über die äussere Natur mit der
Bestimmung Jesu für die Menschheit und ihre Erlösung
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57) so gehört schon eine vorgefasste Meinung von dem Charak-
ter der N. T.lichen Bücher dazu, um der Consequenz aus-
zuweichen, dass ebenso die in ihnen sich findenden Todten-
erweckungen nur minder absichtlich entstandene Nachbildun-
gen jener A. T.lichen seien, welche selbst aus dem Glauben
des Alterthums an die den Tod bezwingende Kraft gottge-
liebter Männer (Herkules, Äsculap), und näher aus den jü-
dischen Begriffen von einem Propheten abzuleiten sind.
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