Unterschied statt. Für's Erste lauten bei dem Lezteren die Voraussagen Jesu nicht so klar und deutlich, sondern sind meistens in dunkler Bilderrede vorgetragen, von welcher der Referent wohl auch selbst gesteht, dass sie den Jün- gern erst nach dem Erfolge klar geworden sei (2, 22.). Ausser einer bestimmten Äusserung, dass er sein Leben freiwillig lassen werde (10, 15 ff.), spielt in diesem Evan- gelium Jesus auf seinen bevorstehenden Tod besonders ger- ne durch den Ausdruck upsoun, upsousthai, an, welcher zwi- schen Erhöhung an das Kreuz und zur Herrlichkeit schwankt (3, 14. 8, 28. 12, 32.), und vergleicht die ihm bevorstehen- de Erhöhung mit der der ehernen Schlange in der Wüste (3, 14.), wie bei Matthäus sein Schicksal mit dem des Jo- nas (12, 40.); dann spricht er auch von einem Weggehen, wohin man ihm nicht folgen könne (7, 33 ff. 8, 21 f.), wie bei den Synoptikern von einem Kelch, den er trinken müsse, und welchen mit ihm zu theilen seinen Jüngern schwer fallen dürfte (Matth. 20, 22. parall.). Sind auf diese Weise die johanneischen Leidensverkündigungen min- der deutlich als die synoptischen: so fängt dagegen bei Jo- hannes Jesus weit früher mit diesen Verkündigungen an. Bei den Synoptikern fallen die bestimmteren Vorhersagen alle theils unmittelbar vor, theils auf die lezte Reise; nur die dunkle Rede vom Zeichen des Jonas fiele früher; wogegen im vierten Evangelium Jesus bereits bei seinem ersten Festbesuch auf seinen bevorstehenden Tod hinzudeu- ten anfängt. Endlich, wenn den drei ersten Evangelisten zu- folge Jesus jene Voraussagungen nur dem vertrauten Kreise der Zwölfe mittheilt, spricht er sie bei Johannes dem Volk und selbst seinen Feinden gegenüber aus.
Bei der kritischen Prüfung dieser evangelischen Nach- richten werden wir vom Speciellen zum Allgemeinen in der Art fortschreiten, dass wir zuerst fragen: ist es glaublich, dass Jesus so viele einzelne Züge des auf ihn wartenden Schick- sals vorausgewusst habe? hierauf untersuchen, ob über-
Dritter Abschnitt.
Unterschied statt. Für's Erste lauten bei dem Lezteren die Voraussagen Jesu nicht so klar und deutlich, sondern sind meistens in dunkler Bilderrede vorgetragen, von welcher der Referent wohl auch selbst gesteht, daſs sie den Jün- gern erst nach dem Erfolge klar geworden sei (2, 22.). Ausser einer bestimmten Äusserung, daſs er sein Leben freiwillig lassen werde (10, 15 ff.), spielt in diesem Evan- gelium Jesus auf seinen bevorstehenden Tod besonders ger- ne durch den Ausdruck ὑψοῦν, ὑψοῦσϑαι, an, welcher zwi- schen Erhöhung an das Kreuz und zur Herrlichkeit schwankt (3, 14. 8, 28. 12, 32.), und vergleicht die ihm bevorstehen- de Erhöhung mit der der ehernen Schlange in der Wüste (3, 14.), wie bei Matthäus sein Schicksal mit dem des Jo- nas (12, 40.); dann spricht er auch von einem Weggehen, wohin man ihm nicht folgen könne (7, 33 ff. 8, 21 f.), wie bei den Synoptikern von einem Kelch, den er trinken müsse, und welchen mit ihm zu theilen seinen Jüngern schwer fallen dürfte (Matth. 20, 22. parall.). Sind auf diese Weise die johanneischen Leidensverkündigungen min- der deutlich als die synoptischen: so fängt dagegen bei Jo- hannes Jesus weit früher mit diesen Verkündigungen an. Bei den Synoptikern fallen die bestimmteren Vorhersagen alle theils unmittelbar vor, theils auf die lezte Reise; nur die dunkle Rede vom Zeichen des Jonas fiele früher; wogegen im vierten Evangelium Jesus bereits bei seinem ersten Festbesuch auf seinen bevorstehenden Tod hinzudeu- ten anfängt. Endlich, wenn den drei ersten Evangelisten zu- folge Jesus jene Voraussagungen nur dem vertrauten Kreise der Zwölfe mittheilt, spricht er sie bei Johannes dem Volk und selbst seinen Feinden gegenüber aus.
Bei der kritischen Prüfung dieser evangelischen Nach- richten werden wir vom Speciellen zum Allgemeinen in der Art fortschreiten, daſs wir zuerst fragen: ist es glaublich, daſs Jesus so viele einzelne Züge des auf ihn wartenden Schick- sals vorausgewuſst habe? hierauf untersuchen, ob über-
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Dritter Abschnitt.
Unterschied statt. Für's Erste lauten bei dem Lezteren die
Voraussagen Jesu nicht so klar und deutlich, sondern sind
meistens in dunkler Bilderrede vorgetragen, von welcher
der Referent wohl auch selbst gesteht, daſs sie den Jün-
gern erst nach dem Erfolge klar geworden sei (2, 22.).
Ausser einer bestimmten Äusserung, daſs er sein Leben
freiwillig lassen werde (10, 15 ff.), spielt in diesem Evan-
gelium Jesus auf seinen bevorstehenden Tod besonders ger-
ne durch den Ausdruck ὑψοῦν, ὑψοῦσϑαι, an, welcher zwi-
schen Erhöhung an das Kreuz und zur Herrlichkeit schwankt
(3, 14. 8, 28. 12, 32.), und vergleicht die ihm bevorstehen-
de Erhöhung mit der der ehernen Schlange in der Wüste
(3, 14.), wie bei Matthäus sein Schicksal mit dem des Jo-
nas (12, 40.); dann spricht er auch von einem Weggehen,
wohin man ihm nicht folgen könne (7, 33 ff. 8, 21 f.),
wie bei den Synoptikern von einem Kelch, den er trinken
müsse, und welchen mit ihm zu theilen seinen Jüngern
schwer fallen dürfte (Matth. 20, 22. parall.). Sind auf
diese Weise die johanneischen Leidensverkündigungen min-
der deutlich als die synoptischen: so fängt dagegen bei Jo-
hannes Jesus weit früher mit diesen Verkündigungen an.
Bei den Synoptikern fallen die bestimmteren Vorhersagen
alle theils unmittelbar vor, theils auf die lezte Reise; nur
die dunkle Rede vom Zeichen des Jonas fiele früher;
wogegen im vierten Evangelium Jesus bereits bei seinem
ersten Festbesuch auf seinen bevorstehenden Tod hinzudeu-
ten anfängt. Endlich, wenn den drei ersten Evangelisten zu-
folge Jesus jene Voraussagungen nur dem vertrauten Kreise
der Zwölfe mittheilt, spricht er sie bei Johannes dem Volk
und selbst seinen Feinden gegenüber aus.
Bei der kritischen Prüfung dieser evangelischen Nach-
richten werden wir vom Speciellen zum Allgemeinen in der
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Jesus so viele einzelne Züge des auf ihn wartenden Schick-
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/323>, abgerufen am 15.06.2024.
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