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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
mois elogisthe (vgl. Luc. 22, 37.); seine Verurtheilung durch
die Obersten des eigenen Volks hätte er vielleicht aus Ps.
118, 22. geschlossen, wo oi oikodomountes, welche den Eck-
stein verworfen haben, nach apostolischer Deutung (A. G.
4, 11.) die jüdischen Obern sind; seine Übergabe an die
Heiden konnte er darin finden, dass in mehreren A. T.li-
chen Klagliedern, die sich messianisch deuten liessen, die
plagenden Subjekte als r@sha`ym, d. h. als Heiden, erschei-
nen; dass sein Tod gerade der Kreuzestod sein würde, könn-
te er theils aus dem Typus der am Holz aufgehängten eher-
nen Schlange 4. Mos. 21, 8 f. (vgl. Joh. 3, 14.), theils aus
dem Durchgraben der Hände und Füsse Ps. 22, 17. LXX.
abgenommen haben; endlich den Hohn und die Misshand-
lung aus Stellen, wie im angeführten Psalm V. 7 ff. Jes.
50, 6. u. dgl. Soll nun der Jesu inwohnende Geist, wel-
cher ihm der orthodoxen Ansicht zufolge die Beziehung
dieser Weissagungen und Vorbilder auf sein endliches Schick-
sal erkennbar machte, ein Geist der Wahrheit gewesen
sein: so muss sich die Beziehung auf Jesum als der wahre
und ursprüngliche Sinn jener A. T.lichen Stellen nachwei-
sen lassen. Um aber nur bei den Hauptstellen stehen zu
bleiben, so hat jezt eine gründliche, grammatisch-histori-
sche Auslegung für Alle, die sich aus dogmatischen Vor-
aussetzungen hinauszusetzen im Stande sind, überzeugend
nachgewiesen, dass in denselben nirgends vom Leiden Chri-
sti, sondern Jes. 50, 6. von den Misshandlungen, welche
der Prophet zu erdulden hatte 3), Jes. 53. von den Drang-
salen des Prophetenstandes, oder noch wahrscheinlicher
des israelitischen Volks, die Rede sei 4); dass Ps. 118. von
der unerwarteten Rettung und Erhöhung des Volks oder eines
Fürsten desselben gehandelt werde 5), so wie, dass Ps. 22.

3) Gesenius, Jesaias, 3, S. 137 ff.; Hitzig, Comm. z. Jes. S. 550.
4) Gesenius, a. a. O. S. 158 ff.; Hitzig, S. 577 ff.
5) de Wette, Comm. zu den Psalmen, S. 224 ff., 3te Aufl.

Dritter Abschnitt.
μοις ε̕λογίσϑη (vgl. Luc. 22, 37.); seine Verurtheilung durch
die Obersten des eigenen Volks hätte er vielleicht aus Ps.
118, 22. geschlossen, wo οἱ οἰκοδομοῦντες, welche den Eck-
stein verworfen haben, nach apostolischer Deutung (A. G.
4, 11.) die jüdischen Obern sind; seine Übergabe an die
Heiden konnte er darin finden, daſs in mehreren A. T.li-
chen Klagliedern, die sich messianisch deuten lieſsen, die
plagenden Subjekte als רְשָׁעׅים, d. h. als Heiden, erschei-
nen; daſs sein Tod gerade der Kreuzestod sein würde, könn-
te er theils aus dem Typus der am Holz aufgehängten eher-
nen Schlange 4. Mos. 21, 8 f. (vgl. Joh. 3, 14.), theils aus
dem Durchgraben der Hände und Füſse Ps. 22, 17. LXX.
abgenommen haben; endlich den Hohn und die Miſshand-
lung aus Stellen, wie im angeführten Psalm V. 7 ff. Jes.
50, 6. u. dgl. Soll nun der Jesu inwohnende Geist, wel-
cher ihm der orthodoxen Ansicht zufolge die Beziehung
dieser Weissagungen und Vorbilder auf sein endliches Schick-
sal erkennbar machte, ein Geist der Wahrheit gewesen
sein: so muſs sich die Beziehung auf Jesum als der wahre
und ursprüngliche Sinn jener A. T.lichen Stellen nachwei-
sen lassen. Um aber nur bei den Hauptstellen stehen zu
bleiben, so hat jezt eine gründliche, grammatisch-histori-
sche Auslegung für Alle, die sich aus dogmatischen Vor-
aussetzungen hinauszusetzen im Stande sind, überzeugend
nachgewiesen, daſs in denselben nirgends vom Leiden Chri-
sti, sondern Jes. 50, 6. von den Miſshandlungen, welche
der Prophet zu erdulden hatte 3), Jes. 53. von den Drang-
salen des Prophetenstandes, oder noch wahrscheinlicher
des israëlitischen Volks, die Rede sei 4); daſs Ps. 118. von
der unerwarteten Rettung und Erhöhung des Volks oder eines
Fürsten desselben gehandelt werde 5), so wie, daſs Ps. 22.

3) Gesenius, Jesaias, 3, S. 137 ff.; Hitzig, Comm. z. Jes. S. 550.
4) Gesenius, a. a. O. S. 158 ff.; Hitzig, S. 577 ff.
5) de Wette, Comm. zu den Psalmen, S. 224 ff., 3te Aufl.
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[306/0325] Dritter Abschnitt. μοις ε̕λογίσϑη (vgl. Luc. 22, 37.); seine Verurtheilung durch die Obersten des eigenen Volks hätte er vielleicht aus Ps. 118, 22. geschlossen, wo οἱ οἰκοδομοῦντες, welche den Eck- stein verworfen haben, nach apostolischer Deutung (A. G. 4, 11.) die jüdischen Obern sind; seine Übergabe an die Heiden konnte er darin finden, daſs in mehreren A. T.li- chen Klagliedern, die sich messianisch deuten lieſsen, die plagenden Subjekte als רְשָׁעׅים, d. h. als Heiden, erschei- nen; daſs sein Tod gerade der Kreuzestod sein würde, könn- te er theils aus dem Typus der am Holz aufgehängten eher- nen Schlange 4. Mos. 21, 8 f. (vgl. Joh. 3, 14.), theils aus dem Durchgraben der Hände und Füſse Ps. 22, 17. LXX. abgenommen haben; endlich den Hohn und die Miſshand- lung aus Stellen, wie im angeführten Psalm V. 7 ff. Jes. 50, 6. u. dgl. Soll nun der Jesu inwohnende Geist, wel- cher ihm der orthodoxen Ansicht zufolge die Beziehung dieser Weissagungen und Vorbilder auf sein endliches Schick- sal erkennbar machte, ein Geist der Wahrheit gewesen sein: so muſs sich die Beziehung auf Jesum als der wahre und ursprüngliche Sinn jener A. T.lichen Stellen nachwei- sen lassen. Um aber nur bei den Hauptstellen stehen zu bleiben, so hat jezt eine gründliche, grammatisch-histori- sche Auslegung für Alle, die sich aus dogmatischen Vor- aussetzungen hinauszusetzen im Stande sind, überzeugend nachgewiesen, daſs in denselben nirgends vom Leiden Chri- sti, sondern Jes. 50, 6. von den Miſshandlungen, welche der Prophet zu erdulden hatte 3), Jes. 53. von den Drang- salen des Prophetenstandes, oder noch wahrscheinlicher des israëlitischen Volks, die Rede sei 4); daſs Ps. 118. von der unerwarteten Rettung und Erhöhung des Volks oder eines Fürsten desselben gehandelt werde 5), so wie, daſs Ps. 22. 3) Gesenius, Jesaias, 3, S. 137 ff.; Hitzig, Comm. z. Jes. S. 550. 4) Gesenius, a. a. O. S. 158 ff.; Hitzig, S. 577 ff. 5) de Wette, Comm. zu den Psalmen, S. 224 ff., 3te Aufl.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/325>, abgerufen am 24.11.2024.