Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Erstes Kapitel. §. 110. unsrer lezten Untersuchung, uns schon nicht mehr als hi-storisch gelten können, stellt Jesus seine Auferstehung, wie sein Leiden und seinen Tod, als ein telesthenai pan- ton ton gegrammenon dia ton propheton to uio tou anthro- pou dar, sondern auch nach dem Erfolg hält er den an seiner Auferstehung zweifelnden Jüngern vor, sie hätten glauben sollen epi pasin ois elalesan oi prophetai, dass(Luc. 24, 25 f.). Laut des Verfolgs der Erzählung hat Jesus sofort diesen Jüngern (den Emmaun- tischen) alle von ihm handelnden Schriftstellen, arxamenos apo Moseos kai apo panton ton propheton, wozu weiter unten auch noch die psalmoi gesezt werden (V. 45.), aus- gelegt; im Einzelnen jedoch wird uns keine Stelle angege- ben, welche und wie sie Jesus auf seine Wiederbelebung gedeutet hätte, ausser dass aus Matth. 12, 39 f. folgen wür- de, er habe das Schicksal des Propheten Jonas als Vor- bild des seinigen betrachtet, und aus der späteren aposto- lischen Deutung, als muthmasslichem Nachhall der seinigen, geschlossen werden könnte, dass er, wie nachmals die Apo- stel, hauptsächlich in Ps. 16, 8 ff. (A.G. 2, 25 ff. 13, 35.), Jes. 53. (A.G. 8, 32 ff.), Jes. 55, 3. (A.G. 13, 34.), und dann etwa noch in Hos. 6, 2. solche Weissagungen gefun- den habe. Allein das Schicksal des Jonas hat mit dem Schicksal Jesu nicht einmal recht eine äusserliche Ähn- lichkeit, und das ihn betreffende Buch trägt seinen Zweck so sehr in sich selber, dass derjenige es gewiss nicht nach seinem wahren Sinn und der Absicht seines Verfassers deu- tet, der ihm oder einem Zuge desselben eine vorbildliche Beziehung auf Ereignisse der Zukunft unterlegt; Jes. 55, 3. ist so augenscheinlich heterogen, dass man kaum begreift, wie die Stelle nur mit der Auferstehung Jesu hat in Be- ziehung gebracht werden können; Jes. 53. bezieht sich ent- schieden auf ein in immer neuen Gliedern wiederaufleben- des Collektivsubjekt; Hosea 6. unverkennbar bildlich auf 22 *
Erstes Kapitel. §. 110. unsrer lezten Untersuchung, uns schon nicht mehr als hi-storisch gelten können, stellt Jesus seine Auferstehung, wie sein Leiden und seinen Tod, als ein τελεσϑῆναι πάν- των τῶν γεγραμμένων διὰ τῶν προφητῶν τῷ υἱῷ τοῦ ἀνϑρώ- που dar, sondern auch nach dem Erfolg hält er den an seiner Auferstehung zweifelnden Jüngern vor, sie hätten glauben sollen ἐπὶ πᾶσιν οἷς ἐλάλησαν οἱ προφῆται, daſs(Luc. 24, 25 f.). Laut des Verfolgs der Erzählung hat Jesus sofort diesen Jüngern (den Emmaun- tischen) alle von ihm handelnden Schriftstellen, ἀρξάμενος ἀπὸ Μωσέως καὶ ἀπὸ πάντων τῶν προφητῶν, wozu weiter unten auch noch die ψαλμοὶ gesezt werden (V. 45.), aus- gelegt; im Einzelnen jedoch wird uns keine Stelle angege- ben, welche und wie sie Jesus auf seine Wiederbelebung gedeutet hätte, ausser daſs aus Matth. 12, 39 f. folgen wür- de, er habe das Schicksal des Propheten Jonas als Vor- bild des seinigen betrachtet, und aus der späteren aposto- lischen Deutung, als muthmaſslichem Nachhall der seinigen, geschlossen werden könnte, daſs er, wie nachmals die Apo- stel, hauptsächlich in Ps. 16, 8 ff. (A.G. 2, 25 ff. 13, 35.), Jes. 53. (A.G. 8, 32 ff.), Jes. 55, 3. (A.G. 13, 34.), und dann etwa noch in Hos. 6, 2. solche Weissagungen gefun- den habe. Allein das Schicksal des Jonas hat mit dem Schicksal Jesu nicht einmal recht eine äusserliche Ähn- lichkeit, und das ihn betreffende Buch trägt seinen Zweck so sehr in sich selber, daſs derjenige es gewiſs nicht nach seinem wahren Sinn und der Absicht seines Verfassers deu- tet, der ihm oder einem Zuge desselben eine vorbildliche Beziehung auf Ereignisse der Zukunft unterlegt; Jes. 55, 3. ist so augenscheinlich heterogen, daſs man kaum begreift, wie die Stelle nur mit der Auferstehung Jesu hat in Be- ziehung gebracht werden können; Jes. 53. bezieht sich ent- schieden auf ein in immer neuen Gliedern wiederaufleben- des Collektivsubjekt; Hosea 6. unverkennbar bildlich auf 22 *
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Erstes Kapitel. §. 110.
unsrer lezten Untersuchung, uns schon nicht mehr als hi-
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wie sein Leiden und seinen Tod, als ein τελεσϑῆναι πάν-
των τῶν γεγραμμένων διὰ τῶν προφητῶν τῷ υἱῷ τοῦ ἀνϑρώ-
που dar, sondern auch nach dem Erfolg hält er den an
seiner Auferstehung zweifelnden Jüngern vor, sie hätten
glauben sollen ἐπὶ πᾶσιν οἷς ἐλάλησαν οἱ προφῆται, daſs
nämlich ταῦτα ἔδει παϑεῖν τὸν Χριςὸν, καὶ εἰσελϑεῖν εἰς
τὴν δόξαν αὑτοῦ (Luc. 24, 25 f.). Laut des Verfolgs der
Erzählung hat Jesus sofort diesen Jüngern (den Emmaun-
tischen) alle von ihm handelnden Schriftstellen, ἀρξάμενος
ἀπὸ Μωσέως καὶ ἀπὸ πάντων τῶν προφητῶν, wozu weiter
unten auch noch die ψαλμοὶ gesezt werden (V. 45.), aus-
gelegt; im Einzelnen jedoch wird uns keine Stelle angege-
ben, welche und wie sie Jesus auf seine Wiederbelebung
gedeutet hätte, ausser daſs aus Matth. 12, 39 f. folgen wür-
de, er habe das Schicksal des Propheten Jonas als Vor-
bild des seinigen betrachtet, und aus der späteren aposto-
lischen Deutung, als muthmaſslichem Nachhall der seinigen,
geschlossen werden könnte, daſs er, wie nachmals die Apo-
stel, hauptsächlich in Ps. 16, 8 ff. (A.G. 2, 25 ff. 13, 35.),
Jes. 53. (A.G. 8, 32 ff.), Jes. 55, 3. (A.G. 13, 34.), und
dann etwa noch in Hos. 6, 2. solche Weissagungen gefun-
den habe. Allein das Schicksal des Jonas hat mit dem
Schicksal Jesu nicht einmal recht eine äusserliche Ähn-
lichkeit, und das ihn betreffende Buch trägt seinen Zweck
so sehr in sich selber, daſs derjenige es gewiſs nicht nach
seinem wahren Sinn und der Absicht seines Verfassers deu-
tet, der ihm oder einem Zuge desselben eine vorbildliche
Beziehung auf Ereignisse der Zukunft unterlegt; Jes. 55, 3.
ist so augenscheinlich heterogen, daſs man kaum begreift,
wie die Stelle nur mit der Auferstehung Jesu hat in Be-
ziehung gebracht werden können; Jes. 53. bezieht sich ent-
schieden auf ein in immer neuen Gliedern wiederaufleben-
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