Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.Dritter Abschnitt. kas Jesus sogar diess weiss, was für ein Zimmer und inwelchem Theil des Hauses ihnen eingeräumt werden würde. Besonders auffallend ist nun aber nach diesen beiden die Art, wie die Jünger den Weg zu dem betreffenden Hause finden sollen. Lautet nämlich bei Matthäus das upagete eis ten polin pros ton deina einfach so, als hätte zwar Je- sus den Namen dessen, zu dem sie gehen sollten, genannt, der Referent aber ihn nicht mehr angeben wollen oder können: so bezeichnet bei den beiden andern Berichter- stattern Jesus den Jüngern das Haus, in das sie zu gehen hätten, durch einen Wasserträger, dem sie begegnen wür- den. Wie konnte nun Jesus in Bethanien, oder wo er war, diesen zufälligen Umstand vorherwissen, wenn an- ders nicht vorher verabredet worden war, dass um diese Zeit ein Knecht aus jenem Hause mit einem Krug Wasser sich zeigen, und auf die Boten Jesu warten sollte? Auf eine vorhergegangene Verabredung schien den rationalisti- schen Erklärern Alles in unsrer Erzählung hinzuweisen, und durch diese Voraussetzung zugleich alle Schwierigkei- ten derselben sich zu lösen. Die so spät erst ausgeschick- ten Jünger konnten nur dann noch ein Lokal unbesezt fin- den, wenn diess von Jesu vorher bestellt worden war, nur dann konnte er dem Hausbesitzer so kategorisch sich an- sagen lassen, wenn er mit ihm schon früher Abrede ge- nommen hatte; aus einer solchen erklärt sich auch Jesu genaue Kenntniss von dem Lokal, und endlich, wovon aus- gegangen wurde, seine Gewissheit, dass die Jünger einem Wasserträger aus jenem Hause begegnen würden. Den Um- schweif dieser Bezeichnung des Hauses, der durch einfa- che Nennung des Namens vom Eigenthümer zu vermeiden war, soll Jesus gemacht haben, um das Lokal des abzu- haltenden Mahles nicht vor der Zeit dem Verräther bekannt werden zu lassen, der sonst vielleicht schon dort ihn auf störende Weise überfallen haben würde 3). 3) so Gabler, a. a. O.; ähnlich Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 481.
Dritter Abschnitt. kas Jesus sogar dieſs weiſs, was für ein Zimmer und inwelchem Theil des Hauses ihnen eingeräumt werden würde. Besonders auffallend ist nun aber nach diesen beiden die Art, wie die Jünger den Weg zu dem betreffenden Hause finden sollen. Lautet nämlich bei Matthäus das ὑπάγετε εἰς τὴν πόλιν πρὸς τὸν δεῖνα einfach so, als hätte zwar Je- sus den Namen dessen, zu dem sie gehen sollten, genannt, der Referent aber ihn nicht mehr angeben wollen oder können: so bezeichnet bei den beiden andern Berichter- stattern Jesus den Jüngern das Haus, in das sie zu gehen hätten, durch einen Wasserträger, dem sie begegnen wür- den. Wie konnte nun Jesus in Bethanien, oder wo er war, diesen zufälligen Umstand vorherwissen, wenn an- ders nicht vorher verabredet worden war, daſs um diese Zeit ein Knecht aus jenem Hause mit einem Krug Wasser sich zeigen, und auf die Boten Jesu warten sollte? Auf eine vorhergegangene Verabredung schien den rationalisti- schen Erklärern Alles in unsrer Erzählung hinzuweisen, und durch diese Voraussetzung zugleich alle Schwierigkei- ten derselben sich zu lösen. Die so spät erst ausgeschick- ten Jünger konnten nur dann noch ein Lokal unbesezt fin- den, wenn dieſs von Jesu vorher bestellt worden war, nur dann konnte er dem Hausbesitzer so kategorisch sich an- sagen lassen, wenn er mit ihm schon früher Abrede ge- nommen hatte; aus einer solchen erklärt sich auch Jesu genaue Kenntniſs von dem Lokal, und endlich, wovon aus- gegangen wurde, seine Gewiſsheit, daſs die Jünger einem Wasserträger aus jenem Hause begegnen würden. Den Um- schweif dieser Bezeichnung des Hauses, der durch einfa- che Nennung des Namens vom Eigenthümer zu vermeiden war, soll Jesus gemacht haben, um das Lokal des abzu- haltenden Mahles nicht vor der Zeit dem Verräther bekannt werden zu lassen, der sonst vielleicht schon dort ihn auf störende Weise überfallen haben würde 3). 3) so Gabler, a. a. O.; ähnlich Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 481.
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Dritter Abschnitt.
kas Jesus sogar dieſs weiſs, was für ein Zimmer und in
welchem Theil des Hauses ihnen eingeräumt werden würde.
Besonders auffallend ist nun aber nach diesen beiden die
Art, wie die Jünger den Weg zu dem betreffenden Hause
finden sollen. Lautet nämlich bei Matthäus das ὑπάγετε
εἰς τὴν πόλιν πρὸς τὸν δεῖνα einfach so, als hätte zwar Je-
sus den Namen dessen, zu dem sie gehen sollten, genannt,
der Referent aber ihn nicht mehr angeben wollen oder
können: so bezeichnet bei den beiden andern Berichter-
stattern Jesus den Jüngern das Haus, in das sie zu gehen
hätten, durch einen Wasserträger, dem sie begegnen wür-
den. Wie konnte nun Jesus in Bethanien, oder wo er
war, diesen zufälligen Umstand vorherwissen, wenn an-
ders nicht vorher verabredet worden war, daſs um diese
Zeit ein Knecht aus jenem Hause mit einem Krug Wasser
sich zeigen, und auf die Boten Jesu warten sollte? Auf
eine vorhergegangene Verabredung schien den rationalisti-
schen Erklärern Alles in unsrer Erzählung hinzuweisen,
und durch diese Voraussetzung zugleich alle Schwierigkei-
ten derselben sich zu lösen. Die so spät erst ausgeschick-
ten Jünger konnten nur dann noch ein Lokal unbesezt fin-
den, wenn dieſs von Jesu vorher bestellt worden war, nur
dann konnte er dem Hausbesitzer so kategorisch sich an-
sagen lassen, wenn er mit ihm schon früher Abrede ge-
nommen hatte; aus einer solchen erklärt sich auch Jesu
genaue Kenntniſs von dem Lokal, und endlich, wovon aus-
gegangen wurde, seine Gewiſsheit, daſs die Jünger einem
Wasserträger aus jenem Hause begegnen würden. Den Um-
schweif dieser Bezeichnung des Hauses, der durch einfa-
che Nennung des Namens vom Eigenthümer zu vermeiden
war, soll Jesus gemacht haben, um das Lokal des abzu-
haltenden Mahles nicht vor der Zeit dem Verräther bekannt
werden zu lassen, der sonst vielleicht schon dort ihn auf
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3) so Gabler, a. a. O.; ähnlich Paulus, ex. Handb. 3, b, S. 481.
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