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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Zweites Kapitel. §. 118.
kann unmöglich nach jenem Ausspruch Jesu V. 33. das
Abendmahl eingesezt worden sein, weil sonst Petrus das
upago durch das soma didomenon und aima ekkhunomenon er-
klärt, jedenfalls aber sich eher zu einer Frage über die
Bedeutung dieser lezteren Ausdrücke veranlasst finden muss-
te. -- Man muss daher abermals aufwärts gehen, nur noch
weiter als Paulus gethan hat; hier aber bietet sich, da
von V. 30. bis hinauf zu V. 18. in Einem Zuge vom Ver-
räther die Rede ist, das Gespräch über diesen aber sich
wiederum untrennbar an die Fusswaschung und die Deu-
tung derselben schliesst, bis zum Anfang des Kapitels kei-
ne Stelle dar, an welcher die Abendmahlsstiftung einge-
fügt werden könnte. Hier jedoch soll sie sich nach ei-
nem der neuesten Kritiker auf eine Weise einreihen las-
sen, welche den Verfasser des Evangeliums von dem Vor-
wurf ganz befreie, durch eine scheinbar continuirlich fort-
schreitende, und doch das Abendmahl überspringende Dar-
stellung den Leser irre gemacht zu haben. Denn gleich
von Anfang mache sich Johannes gar nicht anheischig, vom
Mahle selbst und was dabei vorgefallen, etwas zu erzäh-
len, sondern nur was nach dem Mahle sich begeben, wol-
le er berichten; wie denn das deipnougenomenou nach seiner
natürlichsten Bedeutung heisse: nachdem die Mahlzeit vor-
über war, das egeiretai ek tou deipnou aber deutlich zeige,
dass die Fusswaschung etwas erst nach dem Essen Vorge-
nommenes gewesen sei 8). Allein, wenn es von Jesu nach
vollbrachter Fusswaschung heisst: anapeson palin (V. 12.),
so war folglich die Mahlzeit noch nicht vorüber, als er
sich zur Fusswaschung erhob, und das egeiretai ek tou deipnou
will sagen, dass er aus dem Mahle heraus, das Essen,
oder wenigstens das vorläufige zu Tische Sitzen unterbre-
chend, zu jenem Geschäfte aufgestanden sei. Das deipou
genomenou aber heisst so wenig: nachdem ein Mahl gehal-

8) Sieffert, S. 152 ff.

Zweites Kapitel. §. 118.
kann unmöglich nach jenem Ausspruch Jesu V. 33. das
Abendmahl eingesezt worden sein, weil sonst Petrus das
ὑπάγω durch das σῶμα διδόμενον und αἷμα ἐκχυνόμενον er-
klärt, jedenfalls aber sich eher zu einer Frage über die
Bedeutung dieser lezteren Ausdrücke veranlaſst finden muſs-
te. — Man muſs daher abermals aufwärts gehen, nur noch
weiter als Paulus gethan hat; hier aber bietet sich, da
von V. 30. bis hinauf zu V. 18. in Einem Zuge vom Ver-
räther die Rede ist, das Gespräch über diesen aber sich
wiederum untrennbar an die Fuſswaschung und die Deu-
tung derselben schlieſst, bis zum Anfang des Kapitels kei-
ne Stelle dar, an welcher die Abendmahlsstiftung einge-
fügt werden könnte. Hier jedoch soll sie sich nach ei-
nem der neuesten Kritiker auf eine Weise einreihen las-
sen, welche den Verfasser des Evangeliums von dem Vor-
wurf ganz befreie, durch eine scheinbar continuirlich fort-
schreitende, und doch das Abendmahl überspringende Dar-
stellung den Leser irre gemacht zu haben. Denn gleich
von Anfang mache sich Johannes gar nicht anheischig, vom
Mahle selbst und was dabei vorgefallen, etwas zu erzäh-
len, sondern nur was nach dem Mahle sich begeben, wol-
le er berichten; wie denn das δείπνουγενομένου nach seiner
natürlichsten Bedeutung heiſse: nachdem die Mahlzeit vor-
über war, das ἐγείρεται ἐκ τοῦ δείπνου aber deutlich zeige,
daſs die Fuſswaschung etwas erst nach dem Essen Vorge-
nommenes gewesen sei 8). Allein, wenn es von Jesu nach
vollbrachter Fuſswaschung heiſst: ἀναπεσὼν πάλιν (V. 12.),
so war folglich die Mahlzeit noch nicht vorüber, als er
sich zur Fuſswaschung erhob, und das ἐγείρεται ἐκ του δείπνου
will sagen, daſs er aus dem Mahle heraus, das Essen,
oder wenigstens das vorläufige zu Tische Sitzen unterbre-
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8) Sieffert, S. 152 ff.
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[421/0440] Zweites Kapitel. §. 118. kann unmöglich nach jenem Ausspruch Jesu V. 33. das Abendmahl eingesezt worden sein, weil sonst Petrus das ὑπάγω durch das σῶμα διδόμενον und αἷμα ἐκχυνόμενον er- klärt, jedenfalls aber sich eher zu einer Frage über die Bedeutung dieser lezteren Ausdrücke veranlaſst finden muſs- te. — Man muſs daher abermals aufwärts gehen, nur noch weiter als Paulus gethan hat; hier aber bietet sich, da von V. 30. bis hinauf zu V. 18. in Einem Zuge vom Ver- räther die Rede ist, das Gespräch über diesen aber sich wiederum untrennbar an die Fuſswaschung und die Deu- tung derselben schlieſst, bis zum Anfang des Kapitels kei- ne Stelle dar, an welcher die Abendmahlsstiftung einge- fügt werden könnte. Hier jedoch soll sie sich nach ei- nem der neuesten Kritiker auf eine Weise einreihen las- sen, welche den Verfasser des Evangeliums von dem Vor- wurf ganz befreie, durch eine scheinbar continuirlich fort- schreitende, und doch das Abendmahl überspringende Dar- stellung den Leser irre gemacht zu haben. Denn gleich von Anfang mache sich Johannes gar nicht anheischig, vom Mahle selbst und was dabei vorgefallen, etwas zu erzäh- len, sondern nur was nach dem Mahle sich begeben, wol- le er berichten; wie denn das δείπνουγενομένου nach seiner natürlichsten Bedeutung heiſse: nachdem die Mahlzeit vor- über war, das ἐγείρεται ἐκ τοῦ δείπνου aber deutlich zeige, daſs die Fuſswaschung etwas erst nach dem Essen Vorge- nommenes gewesen sei 8). Allein, wenn es von Jesu nach vollbrachter Fuſswaschung heiſst: ἀναπεσὼν πάλιν (V. 12.), so war folglich die Mahlzeit noch nicht vorüber, als er sich zur Fuſswaschung erhob, und das ἐγείρεται ἐκ του δείπνου will sagen, daſs er aus dem Mahle heraus, das Essen, oder wenigstens das vorläufige zu Tische Sitzen unterbre- chend, zu jenem Geschäfte aufgestanden sei. Das δείπου γενομένου aber heiſst so wenig: nachdem ein Mahl gehal- 8) Sieffert, S. 152 ff.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/440>, abgerufen am 24.11.2024.