Drittes Kapitel. Gang nach dem Oelberg, Gefangenneh- mung, Verhör, Verurtheilung und Kreuzigung Jesu.
§. 121. Jesu Seelenkampf im Garten.
Den synoptischen Berichten zufolge gieng Jesus sogleich nach Beendigung des Mahles und Absingung des Hallel, wie er überhaupt während dieser Festzeit ausserhalb Jerusa- lems zu übernachten pflegte (Matth. 21, 17. Luc. 22, 39.), hin- aus an den Oelberg, in ein khorion (bei Joh. kepos), Gethsema- ne genannt (Matth. 26, 30. 36. parall.), wohin ihn Johan- nes, mit der ausdrücklichen Erwähnung, dass es über den Bach Kidron gegangen sei, erst nach einer langen Reihe von Abschiedsreden (Kap. 14--17.), auf welche wir später zu reden kommen werden, aufbrechen lässt. Während an die Ankunft Jesu im Garten Johannes unmittelbar die Ge- fangennehmung knüpft: schieben die Synoptiker noch die- jenige Scene dazwischen, welche man als den Seelenkampf Jesu zu bezeichnen pflegt.
Ihre Berichte hierüber sind nicht gleichlautend. Nach Matthäus und Markus nimmt Jesus, indem er die übrigen Jünger zurückbleiben heisst, seine drei Vertrautesten, den Petrus und die Zebedaiden, mit sich, wird von Bangigkeit und Zagen überfallen, erklärt den Dreien, bis zum Tode betrübt zu sein, und reisst sich auch von ihnen, indem er sie wach zu bleiben ermahnt, los, um für sich ein Gebet verrichten zu können, in welchem er, das Angesicht auf die Erde gebeugt, in der bekannten Weise um Abwendung
Drittes Kapitel. §. 121.
Drittes Kapitel. Gang nach dem Oelberg, Gefangenneh- mung, Verhör, Verurtheilung und Kreuzigung Jesu.
§. 121. Jesu Seelenkampf im Garten.
Den synoptischen Berichten zufolge gieng Jesus sogleich nach Beendigung des Mahles und Absingung des Hallel, wie er überhaupt während dieser Festzeit ausserhalb Jerusa- lems zu übernachten pflegte (Matth. 21, 17. Luc. 22, 39.), hin- aus an den Oelberg, in ein χωρίον (bei Joh. κῆπος), Gethsema- ne genannt (Matth. 26, 30. 36. parall.), wohin ihn Johan- nes, mit der ausdrücklichen Erwähnung, daſs es über den Bach Kidron gegangen sei, erst nach einer langen Reihe von Abschiedsreden (Kap. 14—17.), auf welche wir später zu reden kommen werden, aufbrechen läſst. Während an die Ankunft Jesu im Garten Johannes unmittelbar die Ge- fangennehmung knüpft: schieben die Synoptiker noch die- jenige Scene dazwischen, welche man als den Seelenkampf Jesu zu bezeichnen pflegt.
Ihre Berichte hierüber sind nicht gleichlautend. Nach Matthäus und Markus nimmt Jesus, indem er die übrigen Jünger zurückbleiben heiſst, seine drei Vertrautesten, den Petrus und die Zebedaiden, mit sich, wird von Bangigkeit und Zagen überfallen, erklärt den Dreien, bis zum Tode betrübt zu sein, und reiſst sich auch von ihnen, indem er sie wach zu bleiben ermahnt, los, um für sich ein Gebet verrichten zu können, in welchem er, das Angesicht auf die Erde gebeugt, in der bekannten Weise um Abwendung
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Drittes Kapitel. §. 121.
Drittes Kapitel.
Gang nach dem Oelberg, Gefangenneh-
mung, Verhör, Verurtheilung und
Kreuzigung Jesu.
§. 121.
Jesu Seelenkampf im Garten.
Den synoptischen Berichten zufolge gieng Jesus sogleich
nach Beendigung des Mahles und Absingung des Hallel, wie
er überhaupt während dieser Festzeit ausserhalb Jerusa-
lems zu übernachten pflegte (Matth. 21, 17. Luc. 22, 39.), hin-
aus an den Oelberg, in ein χωρίον (bei Joh. κῆπος), Gethsema-
ne genannt (Matth. 26, 30. 36. parall.), wohin ihn Johan-
nes, mit der ausdrücklichen Erwähnung, daſs es über den
Bach Kidron gegangen sei, erst nach einer langen Reihe
von Abschiedsreden (Kap. 14—17.), auf welche wir später
zu reden kommen werden, aufbrechen läſst. Während an
die Ankunft Jesu im Garten Johannes unmittelbar die Ge-
fangennehmung knüpft: schieben die Synoptiker noch die-
jenige Scene dazwischen, welche man als den Seelenkampf
Jesu zu bezeichnen pflegt.
Ihre Berichte hierüber sind nicht gleichlautend. Nach
Matthäus und Markus nimmt Jesus, indem er die übrigen
Jünger zurückbleiben heiſst, seine drei Vertrautesten, den
Petrus und die Zebedaiden, mit sich, wird von Bangigkeit
und Zagen überfallen, erklärt den Dreien, bis zum Tode
betrübt zu sein, und reiſst sich auch von ihnen, indem er
sie wach zu bleiben ermahnt, los, um für sich ein Gebet
verrichten zu können, in welchem er, das Angesicht auf
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/462>, abgerufen am 22.11.2024.
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