zusammenstimmte, welches in der Beschreibung dieser gan- zen Scene ihn beherrscht, die Verhaftung Jesu rein als Akt seines freien Willens darzustellen. Indem Jesus die Soldaten durch die Macht seines Wortes niederwirft, giebt er ihnen eine Probe, was er vermöchte, wenn es ihm um Befreiung zu thun wäre, und wenn er sich nun unmittel- bar darauf greifen lässt, so erscheint diess als die freiwil- ligste Hingabe. So giebt Jesus im vierten Evangelium eine faktische Probe jener Macht, welche er im ersten nur mit Worten ausdrückt, wenn er zu einem seiner Jünger sagt: dokeis, otioudunamai arti parakalesai ton patera mou, kai parasesei moi pleious e dodeka legeonas aggelon (V. 53.);
Nachdem hierauf der Verfasser des vierten Evangeliums einen früher richtig auf die geistige Bewahrung seiner Schü- ler bezogenen Ausspruch Jesu (17, 12.), dass er keinen der ihm von Gott Anvertrauten verloren habe, sehr unrichtig in der Sorgfalt erfüllt gefunden, welche Jesus angewen- det habe, dass seine Jünger nicht mit ihm verhaftet wür- den, stimmen nun sämmtliche Evangelisten darin zusam- men, dass, als die Soldaten Hand an Jesum zu legen an- fiengen, einer seiner Anhänger das Schwert gezogen, und des Hohenpriesters Knecht ein Ohr abgehauen habe, was von Jesu missbilligt worden sei. Doch haben Lukas und Johannes jeder einen eigenthümlichen Zug. Abgesehen da- von, dass beide das von den Vormännern unbestimmt ge- lassene Ohr als das rechte näher bestimmen, nennt der lez- tere nicht bloss den verwundeten Knecht mit Namen, son- dern bemerkt auch, dass der hauende Jünger Petrus ge- wesen sei. Warum die Synoptiker den Petrus nicht nen- nen, hat man auf verschiedene Weise zu erklären versucht. Dass sie den zur Zeit der Abfassung ihrer Evangelien noch lebenden Apostel nicht durch Nennung seines Namens ha- ben compromittiren wollen 7), gehört zu den mit Recht
7)Paulus, ex. Hdb. 3, b, S. 570.
Drittes Kapitel. §. 123.
zusammenstimmte, welches in der Beschreibung dieser gan- zen Scene ihn beherrscht, die Verhaftung Jesu rein als Akt seines freien Willens darzustellen. Indem Jesus die Soldaten durch die Macht seines Wortes niederwirft, giebt er ihnen eine Probe, was er vermöchte, wenn es ihm um Befreiung zu thun wäre, und wenn er sich nun unmittel- bar darauf greifen läſst, so erscheint dieſs als die freiwil- ligste Hingabe. So giebt Jesus im vierten Evangelium eine faktische Probe jener Macht, welche er im ersten nur mit Worten ausdrückt, wenn er zu einem seiner Jünger sagt: δοκεῖς, ὅτιουδύναμαι ἄρτι παρακαλέσαι τὸν πατέρα μου, καὶ παραςήσει μοι πλείους ἢ δώδεκα λεγεῶνας ἀγγέλων (V. 53.);
Nachdem hierauf der Verfasser des vierten Evangeliums einen früher richtig auf die geistige Bewahrung seiner Schü- ler bezogenen Ausspruch Jesu (17, 12.), daſs er keinen der ihm von Gott Anvertrauten verloren habe, sehr unrichtig in der Sorgfalt erfüllt gefunden, welche Jesus angewen- det habe, daſs seine Jünger nicht mit ihm verhaftet wür- den, stimmen nun sämmtliche Evangelisten darin zusam- men, daſs, als die Soldaten Hand an Jesum zu legen an- fiengen, einer seiner Anhänger das Schwert gezogen, und des Hohenpriesters Knecht ein Ohr abgehauen habe, was von Jesu miſsbilligt worden sei. Doch haben Lukas und Johannes jeder einen eigenthümlichen Zug. Abgesehen da- von, daſs beide das von den Vormännern unbestimmt ge- lassene Ohr als das rechte näher bestimmen, nennt der lez- tere nicht bloſs den verwundeten Knecht mit Namen, son- dern bemerkt auch, daſs der hauende Jünger Petrus ge- wesen sei. Warum die Synoptiker den Petrus nicht nen- nen, hat man auf verschiedene Weise zu erklären versucht. Daſs sie den zur Zeit der Abfassung ihrer Evangelien noch lebenden Apostel nicht durch Nennung seines Namens ha- ben compromittiren wollen 7), gehört zu den mit Recht
7)Paulus, ex. Hdb. 3, b, S. 570.
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Drittes Kapitel. §. 123.
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zen Scene ihn beherrscht, die Verhaftung Jesu rein als
Akt seines freien Willens darzustellen. Indem Jesus die
Soldaten durch die Macht seines Wortes niederwirft, giebt
er ihnen eine Probe, was er vermöchte, wenn es ihm um
Befreiung zu thun wäre, und wenn er sich nun unmittel-
bar darauf greifen läſst, so erscheint dieſs als die freiwil-
ligste Hingabe. So giebt Jesus im vierten Evangelium eine
faktische Probe jener Macht, welche er im ersten nur mit
Worten ausdrückt, wenn er zu einem seiner Jünger sagt:
δοκεῖς, ὅτιουδύναμαι ἄρτι παρακαλέσαι τὸν πατέρα μου,
καὶ παραςήσει μοι πλείους ἢ δώδεκα λεγεῶνας ἀγγέλων (V. 53.);
Nachdem hierauf der Verfasser des vierten Evangeliums
einen früher richtig auf die geistige Bewahrung seiner Schü-
ler bezogenen Ausspruch Jesu (17, 12.), daſs er keinen der
ihm von Gott Anvertrauten verloren habe, sehr unrichtig
in der Sorgfalt erfüllt gefunden, welche Jesus angewen-
det habe, daſs seine Jünger nicht mit ihm verhaftet wür-
den, stimmen nun sämmtliche Evangelisten darin zusam-
men, daſs, als die Soldaten Hand an Jesum zu legen an-
fiengen, einer seiner Anhänger das Schwert gezogen, und
des Hohenpriesters Knecht ein Ohr abgehauen habe, was
von Jesu miſsbilligt worden sei. Doch haben Lukas und
Johannes jeder einen eigenthümlichen Zug. Abgesehen da-
von, daſs beide das von den Vormännern unbestimmt ge-
lassene Ohr als das rechte näher bestimmen, nennt der lez-
tere nicht bloſs den verwundeten Knecht mit Namen, son-
dern bemerkt auch, daſs der hauende Jünger Petrus ge-
wesen sei. Warum die Synoptiker den Petrus nicht nen-
nen, hat man auf verschiedene Weise zu erklären versucht.
Daſs sie den zur Zeit der Abfassung ihrer Evangelien noch
lebenden Apostel nicht durch Nennung seines Namens ha-
ben compromittiren wollen 7), gehört zu den mit Recht
7) Paulus, ex. Hdb. 3, b, S. 570.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/496>, abgerufen am 22.11.2024.
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