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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
welche durch das Schwanken zwischen der Behauptung,
durch eine solche Erscheinung wären die Feinde Jesu zum
Glauben gezwungen worden, und der andern, sie würden
auch auf eine solche hin nicht geglaubt haben, sich selbst
widerlegen 10): so kann doch jenem Einwurf das entge-
gengehalten werden, dass die Anhänger Jesu durch ihre
Hoffnungslosigkeit, welche, wie sie aus der Zusammenstim-
mung der Berichte erhellt, so der Natur der Sache voll-
kommen angemessen ist, hier zum Range unparteiischer
Zeugen sich erheben. Hätten sie eine Auferstehung Jesu
erwartet, und sollten wir diese nun allein auf ihr Zeug-
niss hin glauben: so wäre allerdings die Möglichkeit, und
vielleicht Wahrscheinlichkeit, wenn nicht eines absichtli-
chen Betrugs, doch unwillkührlicher Selbsttäuschung von
ihrer Seite vorhanden; diese verschwindet aber in dem
Grade, als die Jünger Jesu nach seinem Tode alle Hoff-
nung verloren haften. Zwar rührt nun nach den Ergeb-
nissen unsrer bisherigen Untersuchungen keines der Evan-
gelien unmittelbar von einem Jünger Jesu her: doch, da
aus den paulinischen Briefen und der Apostelgeschichte
gewiss ist, dass die Apostel selbst die Überzeugung hatten,
den Auferstandenen gesehen zu haben, so könnten wir uns
an den N. T.lichen Zeugnissen für die Auferstehung immer-
hin genügen lassen, wenn nur diese Zeugnisse theils be-
stimmt genug wären, theils unter einander, und jedes mit sich
selbst, zusammenstimmten. Nun aber ist das in sich einstim-
mige und auch sonst gewichtigste Zeugniss des Paulus so
allgemein und unbestimmt, dass es für sich uns über die sub-
jektive Thatsache, die Jünger seien von der Auferstehung
Jesu überzeugt gewesen, nicht hinausführt; die bestimm-
teren Erzählungen der Evangelien dagegen, in welchen die

10) Vgl. Mosheim, in seiner Übersetzung der Schrift des Orige-
nes gegen den Celsus, z. d. angef. St. Michaelis, Anm. zum
fünften Fragment, S. 407.

Dritter Abschnitt.
welche durch das Schwanken zwischen der Behauptung,
durch eine solche Erscheinung wären die Feinde Jesu zum
Glauben gezwungen worden, und der andern, sie würden
auch auf eine solche hin nicht geglaubt haben, sich selbst
widerlegen 10): so kann doch jenem Einwurf das entge-
gengehalten werden, daſs die Anhänger Jesu durch ihre
Hoffnungslosigkeit, welche, wie sie aus der Zusammenstim-
mung der Berichte erhellt, so der Natur der Sache voll-
kommen angemessen ist, hier zum Range unparteiischer
Zeugen sich erheben. Hätten sie eine Auferstehung Jesu
erwartet, und sollten wir diese nun allein auf ihr Zeug-
niſs hin glauben: so wäre allerdings die Möglichkeit, und
vielleicht Wahrscheinlichkeit, wenn nicht eines absichtli-
chen Betrugs, doch unwillkührlicher Selbsttäuschung von
ihrer Seite vorhanden; diese verschwindet aber in dem
Grade, als die Jünger Jesu nach seinem Tode alle Hoff-
nung verloren haften. Zwar rührt nun nach den Ergeb-
nissen unsrer bisherigen Untersuchungen keines der Evan-
gelien unmittelbar von einem Jünger Jesu her: doch, da
aus den paulinischen Briefen und der Apostelgeschichte
gewiſs ist, daſs die Apostel selbst die Überzeugung hatten,
den Auferstandenen gesehen zu haben, so könnten wir uns
an den N. T.lichen Zeugnissen für die Auferstehung immer-
hin genügen lassen, wenn nur diese Zeugnisse theils be-
stimmt genug wären, theils unter einander, und jedes mit sich
selbst, zusammenstimmten. Nun aber ist das in sich einstim-
mige und auch sonst gewichtigste Zeugniſs des Paulus so
allgemein und unbestimmt, daſs es für sich uns über die sub-
jektive Thatsache, die Jünger seien von der Auferstehung
Jesu überzeugt gewesen, nicht hinausführt; die bestimm-
teren Erzählungen der Evangelien dagegen, in welchen die

10) Vgl. Mosheim, in seiner Übersetzung der Schrift des Orige-
nes gegen den Celsus, z. d. angef. St. Michaelis, Anm. zum
fünften Fragment, S. 407.
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[652/0671] Dritter Abschnitt. welche durch das Schwanken zwischen der Behauptung, durch eine solche Erscheinung wären die Feinde Jesu zum Glauben gezwungen worden, und der andern, sie würden auch auf eine solche hin nicht geglaubt haben, sich selbst widerlegen 10): so kann doch jenem Einwurf das entge- gengehalten werden, daſs die Anhänger Jesu durch ihre Hoffnungslosigkeit, welche, wie sie aus der Zusammenstim- mung der Berichte erhellt, so der Natur der Sache voll- kommen angemessen ist, hier zum Range unparteiischer Zeugen sich erheben. Hätten sie eine Auferstehung Jesu erwartet, und sollten wir diese nun allein auf ihr Zeug- niſs hin glauben: so wäre allerdings die Möglichkeit, und vielleicht Wahrscheinlichkeit, wenn nicht eines absichtli- chen Betrugs, doch unwillkührlicher Selbsttäuschung von ihrer Seite vorhanden; diese verschwindet aber in dem Grade, als die Jünger Jesu nach seinem Tode alle Hoff- nung verloren haften. Zwar rührt nun nach den Ergeb- nissen unsrer bisherigen Untersuchungen keines der Evan- gelien unmittelbar von einem Jünger Jesu her: doch, da aus den paulinischen Briefen und der Apostelgeschichte gewiſs ist, daſs die Apostel selbst die Überzeugung hatten, den Auferstandenen gesehen zu haben, so könnten wir uns an den N. T.lichen Zeugnissen für die Auferstehung immer- hin genügen lassen, wenn nur diese Zeugnisse theils be- stimmt genug wären, theils unter einander, und jedes mit sich selbst, zusammenstimmten. Nun aber ist das in sich einstim- mige und auch sonst gewichtigste Zeugniſs des Paulus so allgemein und unbestimmt, daſs es für sich uns über die sub- jektive Thatsache, die Jünger seien von der Auferstehung Jesu überzeugt gewesen, nicht hinausführt; die bestimm- teren Erzählungen der Evangelien dagegen, in welchen die 10) Vgl. Mosheim, in seiner Übersetzung der Schrift des Orige- nes gegen den Celsus, z. d. angef. St. Michaelis, Anm. zum fünften Fragment, S. 407.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/671>, abgerufen am 22.11.2024.