zer Seele zu preisen, und niemals zu vergessen, was er durch seine Leiden euch erworben hat.
Seht, welch ein Mensch! Seht ihn an, o leiden- de Christen! Ich kann es voraussetzen, daß viele von de- nen, die diese Blätter lesen, solche seyn werden, die durch Krankheit, Armuth und andere Widerwärtigkeiten, sehr elende und erbarmenswürdige Menschen worden sind. Was kann ich euch unter euren Trübsalen zu eurer Beruhigung anders sagen, als: seht, welch ein Mensch ist euer Jesus! Ich will eure Noth nicht verkleinern, ich will es glauben, daß ihr sehr geplagte, sehr gemarterte Menschen seyd. Aber, wenn auch eure Noth noch grösser, wenn euer Schmerz noch empfindlicher wäre, würdet ihr wohl so viel erdulden, als euer Jesus ertragen hat? Ihr seyd |ver- achtet. Aber wird eure Verachtung je zu dem hohen Grade steigen, zu welchem sie bey eurem Jesu gekommen ist? Ihr seyd voller Striemen und Wunden. Aber vielleicht wird ein Freund seyn, der euch verbindet und Oel in eure Wun- den gießt? Ihr liegt als ein Marterbild da. Aber ihr werdet doch mitleidige Herzen finden, welche euch trösten und eure Quaal zu erleichtern suchen: ihr werdet doch zum wenigsten unter euren Leiden nicht verspottet werden: ihr werdet doch ein Plätzgen finden, wo ihr ausruhen kön- net. Alle diese Erquickungen hatte Jesus bey seinem gros- sen Leiden nicht. Und habt ihr nicht alles, was ihr leidet, durch eure Missethaten verschuldet? Jesus aber muste um seiner Unschuld willen solche Mißhandlungen ausstehen. O stärket, stärket euch, matte zerschlagene Seelen, durch den Anblick eurer leidenden Liebe. Samm- let euch aus seinem Leiden Trost und Erquickung für euer verwundetes Herz. Nehmt jeden Kelch, den euch euer Vater reichet, mit Willigkeit aus seinen Händen hin,
und
Der rührende Anblick Jeſu.
zer Seele zu preiſen, und niemals zu vergeſſen, was er durch ſeine Leiden euch erworben hat.
Seht, welch ein Menſch! Seht ihn an, o leiden- de Chriſten! Ich kann es vorausſetzen, daß viele von de- nen, die dieſe Blätter leſen, ſolche ſeyn werden, die durch Krankheit, Armuth und andere Widerwärtigkeiten, ſehr elende und erbarmenswürdige Menſchen worden ſind. Was kann ich euch unter euren Trübſalen zu eurer Beruhigung anders ſagen, als: ſeht, welch ein Menſch iſt euer Jeſus! Ich will eure Noth nicht verkleinern, ich will es glauben, daß ihr ſehr geplagte, ſehr gemarterte Menſchen ſeyd. Aber, wenn auch eure Noth noch gröſſer, wenn euer Schmerz noch empfindlicher wäre, würdet ihr wohl ſo viel erdulden, als euer Jeſus ertragen hat? Ihr ſeyd |ver- achtet. Aber wird eure Verachtung je zu dem hohen Grade ſteigen, zu welchem ſie bey eurem Jeſu gekommen iſt? Ihr ſeyd voller Striemen und Wunden. Aber vielleicht wird ein Freund ſeyn, der euch verbindet und Oel in eure Wun- den gießt? Ihr liegt als ein Marterbild da. Aber ihr werdet doch mitleidige Herzen finden, welche euch tröſten und eure Quaal zu erleichtern ſuchen: ihr werdet doch zum wenigſten unter euren Leiden nicht verſpottet werden: ihr werdet doch ein Plätzgen finden, wo ihr ausruhen kön- net. Alle dieſe Erquickungen hatte Jeſus bey ſeinem groſ- ſen Leiden nicht. Und habt ihr nicht alles, was ihr leidet, durch eure Miſſethaten verſchuldet? Jeſus aber muſte um ſeiner Unſchuld willen ſolche Mißhandlungen ausſtehen. O ſtärket, ſtärket euch, matte zerſchlagene Seelen, durch den Anblick eurer leidenden Liebe. Samm- let euch aus ſeinem Leiden Troſt und Erquickung für euer verwundetes Herz. Nehmt jeden Kelch, den euch euer Vater reichet, mit Willigkeit aus ſeinen Händen hin,
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Der rührende Anblick Jeſu.
zer Seele zu preiſen, und niemals zu vergeſſen, was er durch
ſeine Leiden euch erworben hat.
Seht, welch ein Menſch! Seht ihn an, o leiden-
de Chriſten! Ich kann es vorausſetzen, daß viele von de-
nen, die dieſe Blätter leſen, ſolche ſeyn werden, die durch
Krankheit, Armuth und andere Widerwärtigkeiten, ſehr
elende und erbarmenswürdige Menſchen worden ſind. Was
kann ich euch unter euren Trübſalen zu eurer Beruhigung
anders ſagen, als: ſeht, welch ein Menſch iſt euer Jeſus!
Ich will eure Noth nicht verkleinern, ich will es glauben,
daß ihr ſehr geplagte, ſehr gemarterte Menſchen ſeyd.
Aber, wenn auch eure Noth noch gröſſer, wenn euer
Schmerz noch empfindlicher wäre, würdet ihr wohl ſo
viel erdulden, als euer Jeſus ertragen hat? Ihr ſeyd |ver-
achtet. Aber wird eure Verachtung je zu dem hohen Grade
ſteigen, zu welchem ſie bey eurem Jeſu gekommen iſt? Ihr
ſeyd voller Striemen und Wunden. Aber vielleicht wird
ein Freund ſeyn, der euch verbindet und Oel in eure Wun-
den gießt? Ihr liegt als ein Marterbild da. Aber ihr
werdet doch mitleidige Herzen finden, welche euch tröſten
und eure Quaal zu erleichtern ſuchen: ihr werdet doch zum
wenigſten unter euren Leiden nicht verſpottet werden: ihr
werdet doch ein Plätzgen finden, wo ihr ausruhen kön-
net. Alle dieſe Erquickungen hatte Jeſus bey ſeinem groſ-
ſen Leiden nicht. Und habt ihr nicht alles, was ihr
leidet, durch eure Miſſethaten verſchuldet? Jeſus aber
muſte um ſeiner Unſchuld willen ſolche Mißhandlungen
ausſtehen. O ſtärket, ſtärket euch, matte zerſchlagene
Seelen, durch den Anblick eurer leidenden Liebe. Samm-
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/147>, abgerufen am 16.02.2025.
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