Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

wohl erwäge, fällt meine Wahl auf ihn. Ich bin entschlossen. Übrigens, um dich über unsere gegenseitige Sympathie zu beruhigen, kann ich dir sagen, daß er mir gestern abend in einem ganz neuen Lichte erschienen ist, welches ihm nicht geschadet hat - im Gegenteil!"

"Weil er tanzte!" warf die junge Frau ein.

"Nicht darum allein," entgegnete Stella, indem sie ihre spitzbübigen Augen halb schloß, "nein, weil er zu tanzen versteht! Wenn er aus seiner Ruhe erwacht, dieser Schelm, entdeckt man erst seine Leidenschaftlichkeit. Wie er bei all den Kotilliontouren so mit mir dahinflog, entfaltete er eine seltene Eleganz. Nein, weißt du, er gefällt mir wirklich! Nein, nein, ohne Spaß!"

Die Augenlider der jungen Frau zuckten, sie fühlte ihre Kraft weichen, und ihrer selbst nicht mehr mächtig, sank sie in den Lehnstuhl. Sie wollte fliehen, fort, weit fort, vor dem grausamen Martyrium, das ihrer harrte.

"Aber sag', was ist dir?" fragte Stella.

"Zieh' dich schnell an," entgegnete Frau von Ellissen, "mir ist nichts."

wohl erwäge, fällt meine Wahl auf ihn. Ich bin entschlossen. Übrigens, um dich über unsere gegenseitige Sympathie zu beruhigen, kann ich dir sagen, daß er mir gestern abend in einem ganz neuen Lichte erschienen ist, welches ihm nicht geschadet hat – im Gegenteil!“

„Weil er tanzte!“ warf die junge Frau ein.

„Nicht darum allein,“ entgegnete Stella, indem sie ihre spitzbübigen Augen halb schloß, „nein, weil er zu tanzen versteht! Wenn er aus seiner Ruhe erwacht, dieser Schelm, entdeckt man erst seine Leidenschaftlichkeit. Wie er bei all den Kotilliontouren so mit mir dahinflog, entfaltete er eine seltene Eleganz. Nein, weißt du, er gefällt mir wirklich! Nein, nein, ohne Spaß!“

Die Augenlider der jungen Frau zuckten, sie fühlte ihre Kraft weichen, und ihrer selbst nicht mehr mächtig, sank sie in den Lehnstuhl. Sie wollte fliehen, fort, weit fort, vor dem grausamen Martyrium, das ihrer harrte.

„Aber sag’, was ist dir?“ fragte Stella.

„Zieh’ dich schnell an,“ entgegnete Frau von Ellissen, „mir ist nichts.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="113"/>
wohl erwäge, fällt meine Wahl auf ihn. Ich bin entschlossen. Übrigens, um dich über unsere gegenseitige Sympathie zu beruhigen, kann ich dir sagen, daß er mir gestern abend in einem ganz neuen Lichte erschienen ist, welches ihm nicht geschadet hat &#x2013; im Gegenteil!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Weil er tanzte!&#x201C; warf die junge Frau ein.</p>
        <p>&#x201E;Nicht darum allein,&#x201C; entgegnete Stella, indem sie ihre spitzbübigen Augen halb schloß, &#x201E;nein, weil er zu tanzen <hi rendition="#g">versteht!</hi> Wenn er aus seiner Ruhe erwacht, dieser Schelm, entdeckt man erst seine Leidenschaftlichkeit. Wie er bei all den Kotilliontouren so mit mir dahinflog, entfaltete er eine seltene Eleganz. Nein, weißt du, er gefällt mir wirklich! Nein, nein, ohne Spaß!&#x201C;</p>
        <p>Die Augenlider der jungen Frau zuckten, sie fühlte ihre Kraft weichen, und ihrer selbst nicht mehr mächtig, sank sie in den Lehnstuhl. Sie wollte fliehen, fort, weit fort, vor dem grausamen Martyrium, das ihrer harrte.</p>
        <p>&#x201E;Aber sag&#x2019;, was ist dir?&#x201C; fragte Stella.</p>
        <p>&#x201E;Zieh&#x2019; dich schnell an,&#x201C; entgegnete Frau von Ellissen, &#x201E;mir ist nichts.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0114] wohl erwäge, fällt meine Wahl auf ihn. Ich bin entschlossen. Übrigens, um dich über unsere gegenseitige Sympathie zu beruhigen, kann ich dir sagen, daß er mir gestern abend in einem ganz neuen Lichte erschienen ist, welches ihm nicht geschadet hat – im Gegenteil!“ „Weil er tanzte!“ warf die junge Frau ein. „Nicht darum allein,“ entgegnete Stella, indem sie ihre spitzbübigen Augen halb schloß, „nein, weil er zu tanzen versteht! Wenn er aus seiner Ruhe erwacht, dieser Schelm, entdeckt man erst seine Leidenschaftlichkeit. Wie er bei all den Kotilliontouren so mit mir dahinflog, entfaltete er eine seltene Eleganz. Nein, weißt du, er gefällt mir wirklich! Nein, nein, ohne Spaß!“ Die Augenlider der jungen Frau zuckten, sie fühlte ihre Kraft weichen, und ihrer selbst nicht mehr mächtig, sank sie in den Lehnstuhl. Sie wollte fliehen, fort, weit fort, vor dem grausamen Martyrium, das ihrer harrte. „Aber sag’, was ist dir?“ fragte Stella. „Zieh’ dich schnell an,“ entgegnete Frau von Ellissen, „mir ist nichts.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/114
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/114>, abgerufen am 23.05.2024.