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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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"Lassen Sie doch, kümmern Sie sich nicht darum - sie liebt ihn auf ihre Art - und ich glaube, daß Stella ihn nicht nur lieben, sondern ihm auch als Gattin - Treue bewahren wird!"

"Sie glauben? - Oh! wenn ich wüßte, wenn ich nur die Wahrheit erfahren könnte, wenn es mir möglich wäre, in ihre Seele zu blicken."

"Ich glaube, Sie verkennen sie. Sie ist aufrichtig bis zur Grausamkeit!" sagte die Miß.

"Sie halten sie - nur für aufrichtig? -"

"Ja. - Sie - nicht?"

"Ich fürchte, Miß!"

"Man muß nicht fürchten, sondern hoffen. Man muß die Welt für besser halten als sie vielleicht ist. Ein bißchen Optimismus und viel Barmherzigkeit, und das Übel, das man fürchtet, verflüchtigt sich und das Gute, das man wünscht, geht in Erfüllung."

"Ich habe große Angst..." hauchte noch die junge Frau.

"Das ist nicht das Mittel zum Siege. Ah! wenn Sie so beginnen, dann sind Sie von vornherein besiegt. Glauben Sie mir. Als Christus zum Lahmen sagte: ,Erhebe dich, werfe deine Krücken von dir und gehe!' hätte da jener gezweifelt, so würde er

„Lassen Sie doch, kümmern Sie sich nicht darum – sie liebt ihn auf ihre Art – und ich glaube, daß Stella ihn nicht nur lieben, sondern ihm auch als Gattin – Treue bewahren wird!“

„Sie glauben? – Oh! wenn ich wüßte, wenn ich nur die Wahrheit erfahren könnte, wenn es mir möglich wäre, in ihre Seele zu blicken.“

„Ich glaube, Sie verkennen sie. Sie ist aufrichtig bis zur Grausamkeit!“ sagte die Miß.

„Sie halten sie – nur für aufrichtig? –“

„Ja. – Sie – nicht?“

„Ich fürchte, Miß!“

„Man muß nicht fürchten, sondern hoffen. Man muß die Welt für besser halten als sie vielleicht ist. Ein bißchen Optimismus und viel Barmherzigkeit, und das Übel, das man fürchtet, verflüchtigt sich und das Gute, das man wünscht, geht in Erfüllung.“

„Ich habe große Angst…“ hauchte noch die junge Frau.

„Das ist nicht das Mittel zum Siege. Ah! wenn Sie so beginnen, dann sind Sie von vornherein besiegt. Glauben Sie mir. Als Christus zum Lahmen sagte: ‚Erhebe dich, werfe deine Krücken von dir und gehe!‘ hätte da jener gezweifelt, so würde er

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[144/0145] „Lassen Sie doch, kümmern Sie sich nicht darum – sie liebt ihn auf ihre Art – und ich glaube, daß Stella ihn nicht nur lieben, sondern ihm auch als Gattin – Treue bewahren wird!“ „Sie glauben? – Oh! wenn ich wüßte, wenn ich nur die Wahrheit erfahren könnte, wenn es mir möglich wäre, in ihre Seele zu blicken.“ „Ich glaube, Sie verkennen sie. Sie ist aufrichtig bis zur Grausamkeit!“ sagte die Miß. „Sie halten sie – nur für aufrichtig? –“ „Ja. – Sie – nicht?“ „Ich fürchte, Miß!“ „Man muß nicht fürchten, sondern hoffen. Man muß die Welt für besser halten als sie vielleicht ist. Ein bißchen Optimismus und viel Barmherzigkeit, und das Übel, das man fürchtet, verflüchtigt sich und das Gute, das man wünscht, geht in Erfüllung.“ „Ich habe große Angst…“ hauchte noch die junge Frau. „Das ist nicht das Mittel zum Siege. Ah! wenn Sie so beginnen, dann sind Sie von vornherein besiegt. Glauben Sie mir. Als Christus zum Lahmen sagte: ‚Erhebe dich, werfe deine Krücken von dir und gehe!‘ hätte da jener gezweifelt, so würde er

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/145>, abgerufen am 23.11.2024.