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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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die der große noch tief am Himmel stehende Mond längs den Hecken verbreitete. Er verbarg sich hinter dem Gebüsch, erschreckt durch das leise Geräusch von Schritten, lauschte mit nervöser Angst, daß er von den Spaziergängerinnen, die sich manchmal verspäteten, gehört werden könnte. Vorsichtig erreichte er so den Rand des Gehölzes und blieb dort regungslos im Schutze eines Baumes. Noch niemals hatte er die Sensationen einer so romantischen Ankunft zu einem nächtlichen Rendez-vous empfunden; er genoß sie als prickelnde ganz ungewohnte Freuden, in seinem so sittsamen Leben. Eine köstliche Erregung verzehnfachte seine Erwartung. Sein junges Blut pochte in seinen Adern, da es nun das leidenschaftliche Glück physischer Erregung empfinden sollte. Er war außer sich vor Freude über das sanfte Dunkel des Abends.

Das Fluidum des Mondes durchdrang ihn durch den Blättervorhang mit einem bis dahin unbekannten Gefühl eines unaussprechlichen Geheimnisses ..

Nicht einen Augenblick zweifelte er an den Wonnen, die ihm zuteil werden sollten. Nicht aus Ungeduld zählte er die Stunden, welche die Glocken des alten romanischen Turmes dort oben langsam von Viertel- zu Viertelstunde verkündeten. Er hätte von der Sehnsuchtswonne

die der große noch tief am Himmel stehende Mond längs den Hecken verbreitete. Er verbarg sich hinter dem Gebüsch, erschreckt durch das leise Geräusch von Schritten, lauschte mit nervöser Angst, daß er von den Spaziergängerinnen, die sich manchmal verspäteten, gehört werden könnte. Vorsichtig erreichte er so den Rand des Gehölzes und blieb dort regungslos im Schutze eines Baumes. Noch niemals hatte er die Sensationen einer so romantischen Ankunft zu einem nächtlichen Rendez-vous empfunden; er genoß sie als prickelnde ganz ungewohnte Freuden, in seinem so sittsamen Leben. Eine köstliche Erregung verzehnfachte seine Erwartung. Sein junges Blut pochte in seinen Adern, da es nun das leidenschaftliche Glück physischer Erregung empfinden sollte. Er war außer sich vor Freude über das sanfte Dunkel des Abends.

Das Fluidum des Mondes durchdrang ihn durch den Blättervorhang mit einem bis dahin unbekannten Gefühl eines unaussprechlichen Geheimnisses ..

Nicht einen Augenblick zweifelte er an den Wonnen, die ihm zuteil werden sollten. Nicht aus Ungeduld zählte er die Stunden, welche die Glocken des alten romanischen Turmes dort oben langsam von Viertel- zu Viertelstunde verkündeten. Er hätte von der Sehnsuchtswonne

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[190/0191] die der große noch tief am Himmel stehende Mond längs den Hecken verbreitete. Er verbarg sich hinter dem Gebüsch, erschreckt durch das leise Geräusch von Schritten, lauschte mit nervöser Angst, daß er von den Spaziergängerinnen, die sich manchmal verspäteten, gehört werden könnte. Vorsichtig erreichte er so den Rand des Gehölzes und blieb dort regungslos im Schutze eines Baumes. Noch niemals hatte er die Sensationen einer so romantischen Ankunft zu einem nächtlichen Rendez-vous empfunden; er genoß sie als prickelnde ganz ungewohnte Freuden, in seinem so sittsamen Leben. Eine köstliche Erregung verzehnfachte seine Erwartung. Sein junges Blut pochte in seinen Adern, da es nun das leidenschaftliche Glück physischer Erregung empfinden sollte. Er war außer sich vor Freude über das sanfte Dunkel des Abends. Das Fluidum des Mondes durchdrang ihn durch den Blättervorhang mit einem bis dahin unbekannten Gefühl eines unaussprechlichen Geheimnisses .. Nicht einen Augenblick zweifelte er an den Wonnen, die ihm zuteil werden sollten. Nicht aus Ungeduld zählte er die Stunden, welche die Glocken des alten romanischen Turmes dort oben langsam von Viertel- zu Viertelstunde verkündeten. Er hätte von der Sehnsuchtswonne

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/191>, abgerufen am 18.05.2024.