Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905"Und du tust recht daran, ich schwöre dir!" "Schwöre nicht, das ist überflüssig. Aber bitte deine Schwiegermutter, sich nicht mit mir zu beschäftigen. Wenn sie das quält, daß ihr Sohn mich auch jetzt, da du verheiratet bist, sieht, so soll sie ihm selbst Vorstellungen machen, sie soll aber so freundlich sein, Miras Ruhe nicht zu stören. Diese Sorte alter Frauen weiß nichts anderes als Erfindungen zu machen, womit sie die Jugend quält. Ich frage dich nur, wo ist die große Unschicklichkeit an seiner Freundschaft, die durch dich, durch unsere intime Freundschaft veranlaßt wurde, und die sich offen, frei vor den Augen aller fortsetzt!" "Ganz sicher" murmelte Alice, die durch Stellas aufrichtigen Ton verwirrt war. Außerdem fing sie wirklich an zu zweifeln. Fernand hatte sie heute nachmittag verlassen, trotz ihrer Bitten, trotz ihrer Tränen und sie war überzeugt gewesen, daß er fortging, um sich mit Stella zu treffen. Aber Stella war hier. Eine unbefangene Freude ließ ihr Herz höher klopfen. "Hör zu!" sagte sie "es ist möglich, daß meine Schwiegermutter zu Mira gekommen ist, weil sie bei einer Szene dabei war, die ich, ... ich kann ... es „Und du tust recht daran, ich schwöre dir!“ „Schwöre nicht, das ist überflüssig. Aber bitte deine Schwiegermutter, sich nicht mit mir zu beschäftigen. Wenn sie das quält, daß ihr Sohn mich auch jetzt, da du verheiratet bist, sieht, so soll sie ihm selbst Vorstellungen machen, sie soll aber so freundlich sein, Miras Ruhe nicht zu stören. Diese Sorte alter Frauen weiß nichts anderes als Erfindungen zu machen, womit sie die Jugend quält. Ich frage dich nur, wo ist die große Unschicklichkeit an seiner Freundschaft, die durch dich, durch unsere intime Freundschaft veranlaßt wurde, und die sich offen, frei vor den Augen aller fortsetzt!“ „Ganz sicher“ murmelte Alice, die durch Stellas aufrichtigen Ton verwirrt war. Außerdem fing sie wirklich an zu zweifeln. Fernand hatte sie heute nachmittag verlassen, trotz ihrer Bitten, trotz ihrer Tränen und sie war überzeugt gewesen, daß er fortging, um sich mit Stella zu treffen. Aber Stella war hier. Eine unbefangene Freude ließ ihr Herz höher klopfen. „Hör zu!“ sagte sie „es ist möglich, daß meine Schwiegermutter zu Mira gekommen ist, weil sie bei einer Szene dabei war, die ich, … ich kann … es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0230" n="229"/> <p>„Und du tust recht daran, ich schwöre dir!“</p> <p>„Schwöre nicht, das ist überflüssig. Aber bitte deine Schwiegermutter, sich nicht mit mir zu beschäftigen. Wenn sie das quält, daß ihr Sohn mich auch jetzt, da du verheiratet bist, sieht, so soll sie ihm selbst Vorstellungen machen, sie soll aber so freundlich sein, Miras Ruhe nicht zu stören. Diese Sorte alter Frauen weiß nichts anderes als Erfindungen zu machen, womit sie die Jugend quält. Ich frage dich nur, wo ist die große Unschicklichkeit an seiner Freundschaft, die durch dich, durch unsere intime Freundschaft veranlaßt wurde, und die sich offen, frei vor den Augen aller fortsetzt!“</p> <p>„Ganz sicher“ murmelte Alice, die durch Stellas aufrichtigen Ton verwirrt war. Außerdem fing sie wirklich an zu zweifeln. Fernand hatte sie heute nachmittag verlassen, trotz ihrer Bitten, trotz ihrer Tränen und sie war überzeugt gewesen, daß er fortging, um sich mit Stella zu treffen. Aber Stella war hier. Eine unbefangene Freude ließ ihr Herz höher klopfen.</p> <p>„Hör zu!“ sagte sie „es ist möglich, daß meine Schwiegermutter zu Mira gekommen ist, weil sie bei einer Szene dabei war, die ich, … ich kann … es </p> </div> </body> </text> </TEI> [229/0230]
„Und du tust recht daran, ich schwöre dir!“
„Schwöre nicht, das ist überflüssig. Aber bitte deine Schwiegermutter, sich nicht mit mir zu beschäftigen. Wenn sie das quält, daß ihr Sohn mich auch jetzt, da du verheiratet bist, sieht, so soll sie ihm selbst Vorstellungen machen, sie soll aber so freundlich sein, Miras Ruhe nicht zu stören. Diese Sorte alter Frauen weiß nichts anderes als Erfindungen zu machen, womit sie die Jugend quält. Ich frage dich nur, wo ist die große Unschicklichkeit an seiner Freundschaft, die durch dich, durch unsere intime Freundschaft veranlaßt wurde, und die sich offen, frei vor den Augen aller fortsetzt!“
„Ganz sicher“ murmelte Alice, die durch Stellas aufrichtigen Ton verwirrt war. Außerdem fing sie wirklich an zu zweifeln. Fernand hatte sie heute nachmittag verlassen, trotz ihrer Bitten, trotz ihrer Tränen und sie war überzeugt gewesen, daß er fortging, um sich mit Stella zu treffen. Aber Stella war hier. Eine unbefangene Freude ließ ihr Herz höher klopfen.
„Hör zu!“ sagte sie „es ist möglich, daß meine Schwiegermutter zu Mira gekommen ist, weil sie bei einer Szene dabei war, die ich, … ich kann … es
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