Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

Bild:
<< vorherige Seite

sie in einen Seitenpfad ein. Dieser war so schmal, daß die beiden Räder des Tricycles in die moosige Böschung einschnitten, über Wurzeln stolperten, Zweiglein abrissen, die unteren Blätter abschnitten, während Stella sich die Ellbogen zerkratzte und sich an den hängenden Ästen die Haare ausriß. Aber sie radelte mit der Wut eines Rennfahrers weiter. Dieser Pfad mündete in einen breiten, der Allee parallel laufenden Weg. Stella folgte ihm einige Augenblicke, durcheilte noch einen rasenbewachsenen umbuschten Pfad und kaum zwei Minuten nach ihrer Abfahrt landete sie im Eichenrondell, im selben Augenblick, da der Baron Seuriet das massive eiserne Tor öffnen wollte. Stella, wie ein Pfeil daherfliegend, rief: "Achtung!"

Fred hatte kaum Zeit, den Riegel vorzuschieben, um nicht das Rad auf die Füße zu bekommen. Aber die gewandte Sportslady lenkte mit einer so verteufelten Geschicklichkeit, war so nahe an ihn herangekommen, daß sie in einem plötzlichen Ruck abbiegen mußte. Und sie wäre gefallen, wenn der junge Mann sie nicht um die Taille gefaßt und mit einer leichten Anstrengung seines geschmeidigen Körpers aufrecht erhalten hätte.

"Danke," sagte sie.

sie in einen Seitenpfad ein. Dieser war so schmal, daß die beiden Räder des Tricycles in die moosige Böschung einschnitten, über Wurzeln stolperten, Zweiglein abrissen, die unteren Blätter abschnitten, während Stella sich die Ellbogen zerkratzte und sich an den hängenden Ästen die Haare ausriß. Aber sie radelte mit der Wut eines Rennfahrers weiter. Dieser Pfad mündete in einen breiten, der Allee parallel laufenden Weg. Stella folgte ihm einige Augenblicke, durcheilte noch einen rasenbewachsenen umbuschten Pfad und kaum zwei Minuten nach ihrer Abfahrt landete sie im Eichenrondell, im selben Augenblick, da der Baron Seuriet das massive eiserne Tor öffnen wollte. Stella, wie ein Pfeil daherfliegend, rief: „Achtung!“

Fred hatte kaum Zeit, den Riegel vorzuschieben, um nicht das Rad auf die Füße zu bekommen. Aber die gewandte Sportslady lenkte mit einer so verteufelten Geschicklichkeit, war so nahe an ihn herangekommen, daß sie in einem plötzlichen Ruck abbiegen mußte. Und sie wäre gefallen, wenn der junge Mann sie nicht um die Taille gefaßt und mit einer leichten Anstrengung seines geschmeidigen Körpers aufrecht erhalten hätte.

„Danke,“ sagte sie.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="43"/>
sie in einen Seitenpfad ein. Dieser war so schmal, daß die beiden Räder des Tricycles in die moosige Böschung einschnitten, über Wurzeln stolperten, Zweiglein abrissen, die unteren Blätter abschnitten, während Stella sich die Ellbogen zerkratzte und sich an den hängenden Ästen die Haare ausriß. Aber sie radelte mit der Wut eines Rennfahrers weiter. Dieser Pfad mündete in einen breiten, der Allee parallel laufenden Weg. Stella folgte ihm einige Augenblicke, durcheilte noch einen rasenbewachsenen umbuschten Pfad und kaum zwei Minuten nach ihrer Abfahrt landete sie im Eichenrondell, im selben Augenblick, da der Baron Seuriet das massive eiserne Tor öffnen wollte. Stella, wie ein Pfeil daherfliegend, rief: &#x201E;Achtung!&#x201C;</p>
        <p>Fred hatte kaum Zeit, den Riegel vorzuschieben, um nicht das Rad auf die Füße zu bekommen. Aber die gewandte <hi rendition="#aq">Sportslady</hi> lenkte mit einer so verteufelten Geschicklichkeit, war so nahe an ihn herangekommen, daß sie in einem plötzlichen Ruck abbiegen mußte. Und sie wäre gefallen, wenn der junge Mann sie nicht um die Taille gefaßt und mit einer leichten Anstrengung seines geschmeidigen Körpers aufrecht erhalten hätte.</p>
        <p>&#x201E;Danke,&#x201C; sagte sie.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0044] sie in einen Seitenpfad ein. Dieser war so schmal, daß die beiden Räder des Tricycles in die moosige Böschung einschnitten, über Wurzeln stolperten, Zweiglein abrissen, die unteren Blätter abschnitten, während Stella sich die Ellbogen zerkratzte und sich an den hängenden Ästen die Haare ausriß. Aber sie radelte mit der Wut eines Rennfahrers weiter. Dieser Pfad mündete in einen breiten, der Allee parallel laufenden Weg. Stella folgte ihm einige Augenblicke, durcheilte noch einen rasenbewachsenen umbuschten Pfad und kaum zwei Minuten nach ihrer Abfahrt landete sie im Eichenrondell, im selben Augenblick, da der Baron Seuriet das massive eiserne Tor öffnen wollte. Stella, wie ein Pfeil daherfliegend, rief: „Achtung!“ Fred hatte kaum Zeit, den Riegel vorzuschieben, um nicht das Rad auf die Füße zu bekommen. Aber die gewandte Sportslady lenkte mit einer so verteufelten Geschicklichkeit, war so nahe an ihn herangekommen, daß sie in einem plötzlichen Ruck abbiegen mußte. Und sie wäre gefallen, wenn der junge Mann sie nicht um die Taille gefaßt und mit einer leichten Anstrengung seines geschmeidigen Körpers aufrecht erhalten hätte. „Danke,“ sagte sie.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/44
Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/44>, abgerufen am 03.12.2024.