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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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"Haben Sie nicht im Vorbeigehen dem Orgelspiel ein wenig zugehört?"

"Wir sind sogar eingetreten, um besser zu hören," antwortete Frau von Ellissen, "es wurden Gesänge und Präludien von seltener Schönheit geprobt."

"Wirklich ganz herrlich," bemerkte Stella, die sich mit den Ellenbogen auf den Tisch gelümmelt hatte und mit ihrer Hand die Feder anmutig im Kreise herumtanzen ließ.

Die Miß versuchte, ihr einen unzufriedenen Blick zuzuwerfen und erteilte ihr eine kleine Rüge:

"Ihre Aufgaben, Stella ... doch etwas schneller, nicht so nachlässig."

"Ich arbeite ja, Miß, darf man denn nicht einmal verschnaufen?"

Als Stella sich wieder an das Schreiben machte, wandte sich Miß neuerdings an Frau von Elissen:

"Ja, man übte die von Friedrich Seuriet komponierte Hymne, welche zu Ostern aufgeführt werden soll."

"Unter der Leitung Ihres Bruders, nicht wahr?"

"Nein, Franz hat für diese Aufführung seinen Platz einem seiner Schüler übertragen."

„Haben Sie nicht im Vorbeigehen dem Orgelspiel ein wenig zugehört?“

„Wir sind sogar eingetreten, um besser zu hören,“ antwortete Frau von Ellissen, „es wurden Gesänge und Präludien von seltener Schönheit geprobt.“

„Wirklich ganz herrlich,“ bemerkte Stella, die sich mit den Ellenbogen auf den Tisch gelümmelt hatte und mit ihrer Hand die Feder anmutig im Kreise herumtanzen ließ.

Die Miß versuchte, ihr einen unzufriedenen Blick zuzuwerfen und erteilte ihr eine kleine Rüge:

„Ihre Aufgaben, Stella … doch etwas schneller, nicht so nachlässig.“

„Ich arbeite ja, Miß, darf man denn nicht einmal verschnaufen?“

Als Stella sich wieder an das Schreiben machte, wandte sich Miß neuerdings an Frau von Elissen:

„Ja, man übte die von Friedrich Seuriet komponierte Hymne, welche zu Ostern aufgeführt werden soll.“

„Unter der Leitung Ihres Bruders, nicht wahr?“

„Nein, Franz hat für diese Aufführung seinen Platz einem seiner Schüler übertragen.“

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[5/0006] „Haben Sie nicht im Vorbeigehen dem Orgelspiel ein wenig zugehört?“ „Wir sind sogar eingetreten, um besser zu hören,“ antwortete Frau von Ellissen, „es wurden Gesänge und Präludien von seltener Schönheit geprobt.“ „Wirklich ganz herrlich,“ bemerkte Stella, die sich mit den Ellenbogen auf den Tisch gelümmelt hatte und mit ihrer Hand die Feder anmutig im Kreise herumtanzen ließ. Die Miß versuchte, ihr einen unzufriedenen Blick zuzuwerfen und erteilte ihr eine kleine Rüge: „Ihre Aufgaben, Stella … doch etwas schneller, nicht so nachlässig.“ „Ich arbeite ja, Miß, darf man denn nicht einmal verschnaufen?“ Als Stella sich wieder an das Schreiben machte, wandte sich Miß neuerdings an Frau von Elissen: „Ja, man übte die von Friedrich Seuriet komponierte Hymne, welche zu Ostern aufgeführt werden soll.“ „Unter der Leitung Ihres Bruders, nicht wahr?“ „Nein, Franz hat für diese Aufführung seinen Platz einem seiner Schüler übertragen.“

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/6>, abgerufen am 21.11.2024.