Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905"Wirklich? Und wieso?" "Ach, du hast mich ganz gut verstanden!" Frau von Ellissen blickte Stella an, dann sagte sie plötzlich bewegt: "Wie? Du denkst schon daran, dich zu verheiraten?" "Ich bin neunzehn Jahre alt! Nicht?" Frau von Ellissen sagte traurig: "Du willst mich verlassen, Stella?" "Ach, wenn du sentimental wirst, dann werden wir uns nie verständigen." "Ja, ja, ich weiß, du bist nicht empfindsam. Aber du bist dir schon selbst bewußt, daß es eines Tages dahin kommen muß." "Und du möchtest mich zurückhalten, während es mich drängt, fortzufliegen. Ich sträube mich!" und mit einer reizenden Bewegung ließ sie alle Flitter ihres Kleides in die Luft fliegen. Frau von Ellissen sah sie an: "Also gut, ich werde daran denken." "Woran, bitte?" "Dir den weißen Raben auszuhecken, der dir natürlich im Kopf steckt." „Wirklich? Und wieso?“ „Ach, du hast mich ganz gut verstanden!“ Frau von Ellissen blickte Stella an, dann sagte sie plötzlich bewegt: „Wie? Du denkst schon daran, dich zu verheiraten?“ „Ich bin neunzehn Jahre alt! Nicht?“ Frau von Ellissen sagte traurig: „Du willst mich verlassen, Stella?“ „Ach, wenn du sentimental wirst, dann werden wir uns nie verständigen.“ „Ja, ja, ich weiß, du bist nicht empfindsam. Aber du bist dir schon selbst bewußt, daß es eines Tages dahin kommen muß.“ „Und du möchtest mich zurückhalten, während es mich drängt, fortzufliegen. Ich sträube mich!“ und mit einer reizenden Bewegung ließ sie alle Flitter ihres Kleides in die Luft fliegen. Frau von Ellissen sah sie an: „Also gut, ich werde daran denken.“ „Woran, bitte?“ „Dir den weißen Raben auszuhecken, der dir natürlich im Kopf steckt.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0079" n="78"/> <p>„Wirklich? Und wieso?“</p> <p>„Ach, du hast mich ganz gut verstanden!“</p> <p>Frau von Ellissen blickte Stella an, dann sagte sie plötzlich bewegt:</p> <p>„Wie? Du denkst schon daran, dich zu verheiraten?“</p> <p>„Ich bin neunzehn Jahre alt! Nicht?“</p> <p>Frau von Ellissen sagte traurig:</p> <p>„Du willst mich verlassen, Stella?“</p> <p>„Ach, wenn du sentimental wirst, dann werden wir uns nie verständigen.“</p> <p>„Ja, ja, ich weiß, du bist nicht empfindsam. Aber du bist dir schon selbst bewußt, daß es eines Tages dahin kommen muß.“</p> <p>„Und du möchtest mich zurückhalten, während es mich drängt, fortzufliegen. Ich sträube mich!“ und mit einer reizenden Bewegung ließ sie alle Flitter ihres Kleides in die Luft fliegen.</p> <p>Frau von Ellissen sah sie an:</p> <p>„Also gut, ich werde daran denken.“</p> <p>„Woran, bitte?“</p> <p>„Dir den weißen Raben auszuhecken, der dir natürlich im Kopf steckt.“</p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0079]
„Wirklich? Und wieso?“
„Ach, du hast mich ganz gut verstanden!“
Frau von Ellissen blickte Stella an, dann sagte sie plötzlich bewegt:
„Wie? Du denkst schon daran, dich zu verheiraten?“
„Ich bin neunzehn Jahre alt! Nicht?“
Frau von Ellissen sagte traurig:
„Du willst mich verlassen, Stella?“
„Ach, wenn du sentimental wirst, dann werden wir uns nie verständigen.“
„Ja, ja, ich weiß, du bist nicht empfindsam. Aber du bist dir schon selbst bewußt, daß es eines Tages dahin kommen muß.“
„Und du möchtest mich zurückhalten, während es mich drängt, fortzufliegen. Ich sträube mich!“ und mit einer reizenden Bewegung ließ sie alle Flitter ihres Kleides in die Luft fliegen.
Frau von Ellissen sah sie an:
„Also gut, ich werde daran denken.“
„Woran, bitte?“
„Dir den weißen Raben auszuhecken, der dir natürlich im Kopf steckt.“
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Zitationshilfe: | Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/79>, abgerufen am 16.02.2025. |