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Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905

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"Stella!" rief Frau von Ellissen. "Waren Sie dabei? Antworten Sie schnell, was hat Stella ...?"

"Nichts ernstliches. Es ist wahr, Fräulein Stella sah heute ganz entzückend aus, sie war sehr umringt, tanzte fortwährend, aber beinahe immer mit dem schönen Fernand, obgleich die andern Tänzer auf sie warteten."

"Es ist entsetzlich; und konnte Ihre Schwester das nicht verhindern?"

"Ja, wissen Sie, das geht schwer. Fräulein Stella tut ja doch nur, was ihr gefällt."

"Sie haben recht. Aber gerade da hätte man sie nach Hause bringen sollen."

"Meine Schwester war auch empört über das verstohlene Lachen der Damen, in diesen kleinen Städten ist man ja so bissig - es ist aber nur der Neid."

"Darum soll man sich vor diesen Menschen hüten, sich ihrem Spott so wenig als möglich preisgeben."

"Er aber schien sich darüber nicht zu kränken. Fräulein Stella tanzt gerne Walzer, er ist bekanntlich der beste Tänzer, und so gaben sich beide dem Vergnügen hin und - - auch um die beste Freundin zu kränken. Und Frau Werner ignorirte alles und

„Stella!“ rief Frau von Ellissen. „Waren Sie dabei? Antworten Sie schnell, was hat Stella …?“

„Nichts ernstliches. Es ist wahr, Fräulein Stella sah heute ganz entzückend aus, sie war sehr umringt, tanzte fortwährend, aber beinahe immer mit dem schönen Fernand, obgleich die andern Tänzer auf sie warteten.“

„Es ist entsetzlich; und konnte Ihre Schwester das nicht verhindern?“

„Ja, wissen Sie, das geht schwer. Fräulein Stella tut ja doch nur, was ihr gefällt.“

„Sie haben recht. Aber gerade da hätte man sie nach Hause bringen sollen.“

„Meine Schwester war auch empört über das verstohlene Lachen der Damen, in diesen kleinen Städten ist man ja so bissig – es ist aber nur der Neid.“

„Darum soll man sich vor diesen Menschen hüten, sich ihrem Spott so wenig als möglich preisgeben.“

„Er aber schien sich darüber nicht zu kränken. Fräulein Stella tanzt gerne Walzer, er ist bekanntlich der beste Tänzer, und so gaben sich beide dem Vergnügen hin und – – auch um die beste Freundin zu kränken. Und Frau Werner ignorirte alles und

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[93/0094] „Stella!“ rief Frau von Ellissen. „Waren Sie dabei? Antworten Sie schnell, was hat Stella …?“ „Nichts ernstliches. Es ist wahr, Fräulein Stella sah heute ganz entzückend aus, sie war sehr umringt, tanzte fortwährend, aber beinahe immer mit dem schönen Fernand, obgleich die andern Tänzer auf sie warteten.“ „Es ist entsetzlich; und konnte Ihre Schwester das nicht verhindern?“ „Ja, wissen Sie, das geht schwer. Fräulein Stella tut ja doch nur, was ihr gefällt.“ „Sie haben recht. Aber gerade da hätte man sie nach Hause bringen sollen.“ „Meine Schwester war auch empört über das verstohlene Lachen der Damen, in diesen kleinen Städten ist man ja so bissig – es ist aber nur der Neid.“ „Darum soll man sich vor diesen Menschen hüten, sich ihrem Spott so wenig als möglich preisgeben.“ „Er aber schien sich darüber nicht zu kränken. Fräulein Stella tanzt gerne Walzer, er ist bekanntlich der beste Tänzer, und so gaben sich beide dem Vergnügen hin und – – auch um die beste Freundin zu kränken. Und Frau Werner ignorirte alles und

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Zitationshilfe: Sturza, Marie Tihanyi: Das Gelübde einer dreißigjährigen Frau. Leipzig, 1905, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturza_geluebde_1905/94>, abgerufen am 18.05.2024.