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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von der Hurerei
und Volcke zur Schande könte ausgeleget werden,
wenn sich derselben viele finden: allein es ist mir
um nachstehender Folgerungen willen lieb gewesen,
daß ich deren Verzeichniß gefunden. In denen ge-
druckten General-Listen von unserm Lande sind von
1718 bis 1724, 7 Jahre durch diese unglücklich ge-
bohrne beygefüget, es waren in allen 13297, im
Durchschnitt macht das jährlich 1899 oder 1900.
Ich weiß aber, daß man sie nicht überall richtig be-
mercket, daher kan man wohl 2000 Hur-Kinder
setzen, die jährlich im gantzen Lande gebohren wer-
den. So viel sind öffentliche Huren, wie viel sind
nicht noch andere, die nicht Kinder kriegen, und es
zu verhindern suchen? Wie viel ungesetzliche Hand-
lungen und Sünden läßt solches nicht vermuthen?
Man rechnet, daß von 3 bis 4 sichenden Ehen jähr-
lich ein Kind komme. Nach dieser Rechnung sind
6 bis 8000 offenbahre Huren, die noch Kinder be-
kommen, im Lande. Berlin hat wenigstens jähr-
lich 300 Hur-Kinder, folglich fast 1/6 von allen, und
also sind wenigstens 1000 offenbahre Huren in die-
ser Residentz, die noch Kinder bekommen. Ich
kan nicht begreiffen, wie es zugehet, daß man hier-
inn solche tadelhafte Gleichgültigkeit beweisen kan,
und daß man von dem Ernst und Abscheu der
Alten gegen dieses Laster so sehr abgewichen. Ehe-
dem wurden die Personen, die sich hierinn vergin-
gen, gehasset und bestrafet. Die Strafe ward von
einer nicht geringen Schande bey andern auch nur
ehrbaren Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft
begleitet. In der Schweitz ist noch bis auf diesen
Tag dieses alte und höchst löbliche Gesetz, daß der
Vater eines unehligen Kindes nicht nur die Mutter

hey-

Von der Hurerei
und Volcke zur Schande koͤnte ausgeleget werden,
wenn ſich derſelben viele finden: allein es iſt mir
um nachſtehender Folgerungen willen lieb geweſen,
daß ich deren Verzeichniß gefunden. In denen ge-
druckten General-Liſten von unſerm Lande ſind von
1718 bis 1724, 7 Jahre durch dieſe ungluͤcklich ge-
bohrne beygefuͤget, es waren in allen 13297, im
Durchſchnitt macht das jaͤhrlich 1899 oder 1900.
Ich weiß aber, daß man ſie nicht uͤberall richtig be-
mercket, daher kan man wohl 2000 Hur-Kinder
ſetzen, die jaͤhrlich im gantzen Lande gebohren wer-
den. So viel ſind oͤffentliche Huren, wie viel ſind
nicht noch andere, die nicht Kinder kriegen, und es
zu verhindern ſuchen? Wie viel ungeſetzliche Hand-
lungen und Suͤnden laͤßt ſolches nicht vermuthen?
Man rechnet, daß von 3 bis 4 ſichenden Ehen jaͤhr-
lich ein Kind komme. Nach dieſer Rechnung ſind
6 bis 8000 offenbahre Huren, die noch Kinder be-
kommen, im Lande. Berlin hat wenigſtens jaͤhr-
lich 300 Hur-Kinder, folglich faſt ⅙ von allen, und
alſo ſind wenigſtens 1000 offenbahre Huren in die-
ſer Reſidentz, die noch Kinder bekommen. Ich
kan nicht begreiffen, wie es zugehet, daß man hier-
inn ſolche tadelhafte Gleichguͤltigkeit beweiſen kan,
und daß man von dem Ernſt und Abſcheu der
Alten gegen dieſes Laſter ſo ſehr abgewichen. Ehe-
dem wurden die Perſonen, die ſich hierinn vergin-
gen, gehaſſet und beſtrafet. Die Strafe ward von
einer nicht geringen Schande bey andern auch nur
ehrbaren Mitgliedern der buͤrgerlichen Geſellſchaft
begleitet. In der Schweitz iſt noch bis auf dieſen
Tag dieſes alte und hoͤchſt loͤbliche Geſetz, daß der
Vater eines unehligen Kindes nicht nur die Mutter

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[126/0172] Von der Hurerei und Volcke zur Schande koͤnte ausgeleget werden, wenn ſich derſelben viele finden: allein es iſt mir um nachſtehender Folgerungen willen lieb geweſen, daß ich deren Verzeichniß gefunden. In denen ge- druckten General-Liſten von unſerm Lande ſind von 1718 bis 1724, 7 Jahre durch dieſe ungluͤcklich ge- bohrne beygefuͤget, es waren in allen 13297, im Durchſchnitt macht das jaͤhrlich 1899 oder 1900. Ich weiß aber, daß man ſie nicht uͤberall richtig be- mercket, daher kan man wohl 2000 Hur-Kinder ſetzen, die jaͤhrlich im gantzen Lande gebohren wer- den. So viel ſind oͤffentliche Huren, wie viel ſind nicht noch andere, die nicht Kinder kriegen, und es zu verhindern ſuchen? Wie viel ungeſetzliche Hand- lungen und Suͤnden laͤßt ſolches nicht vermuthen? Man rechnet, daß von 3 bis 4 ſichenden Ehen jaͤhr- lich ein Kind komme. Nach dieſer Rechnung ſind 6 bis 8000 offenbahre Huren, die noch Kinder be- kommen, im Lande. Berlin hat wenigſtens jaͤhr- lich 300 Hur-Kinder, folglich faſt ⅙ von allen, und alſo ſind wenigſtens 1000 offenbahre Huren in die- ſer Reſidentz, die noch Kinder bekommen. Ich kan nicht begreiffen, wie es zugehet, daß man hier- inn ſolche tadelhafte Gleichguͤltigkeit beweiſen kan, und daß man von dem Ernſt und Abſcheu der Alten gegen dieſes Laſter ſo ſehr abgewichen. Ehe- dem wurden die Perſonen, die ſich hierinn vergin- gen, gehaſſet und beſtrafet. Die Strafe ward von einer nicht geringen Schande bey andern auch nur ehrbaren Mitgliedern der buͤrgerlichen Geſellſchaft begleitet. In der Schweitz iſt noch bis auf dieſen Tag dieſes alte und hoͤchſt loͤbliche Geſetz, daß der Vater eines unehligen Kindes nicht nur die Mutter hey-

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/172>, abgerufen am 25.11.2024.