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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von der Hurerei
und 15. Jahr, folglich fast eben so viel Betiler.
Läst man das so fortdauren, so weiß ich nicht, was
daraus werden wird. Wieder die Armuth, so von
Unglücks-Fällen, vom Alter und Schwachheiten
herrühret, solte meiner Einsicht nach noch können
Anstalt gemacht werden; allein wieder solchen
Schwarm Arme, der uns aus der Hurerei bestän-
dig zuwächst, kan fast jetzt nicht mehr ein Hülfs-
Mittel gefunden werden. Es erhellet also hieraus
die Nothwendigkeit, daß man sich bemühe diese böse
Quelle zu verstopfen. Diese Last wird täglich
schwerer, wo man ihr nicht bey Zeiten abhilft, ja
man wird noch lange Zeit hin das Ubel sehen und
empfinden, das man sich bisher zugezogen. An-
derswo ist diese üble Folge der Hurerei nicht so
sichtbar, in Berlin aber ist sie handgreiflich. Ich
wäre vielleicht nicht drauf gekommen, oder hätte die
Wichtigkeit nicht so eingesehen, wenn mich nicht die
vielen Bettler zum Nachdencken veranlasset hätten.

(3.) Es leidet ferner ein Regent dadurch gar
sehr an seinen Einkünften und Unterthanen. An
Einkünften, weil solche muthwillige Bettler das
nicht geben können, was sie doch könten, wenn sie
in der Ordnung geblieben wären. An Unterthanen
und zugleich an Einkünften leidet er, weil viele Men-
schen durch die Venus üm Gesundheit und Leben
kommen. Es werden zwar Kinder wieder geboh-
ren, allein das werden Bettler und böse Buben, mit
denen einer Republic gar nicht gedienet ist, erwach-
sene aber verliehret er, diese verarmen oft über ih-
ren unordentlichen Lüsten, und wo sie nicht sterben,
so werden sie doch untüchtig zur Arbeit und unge-
sund. Und also wird die Zahl der Armen von

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Von der Hurerei
und 15. Jahr, folglich faſt eben ſo viel Betiler.
Laͤſt man das ſo fortdauren, ſo weiß ich nicht, was
daraus werden wird. Wieder die Armuth, ſo von
Ungluͤcks-Faͤllen, vom Alter und Schwachheiten
herruͤhret, ſolte meiner Einſicht nach noch koͤnnen
Anſtalt gemacht werden; allein wieder ſolchen
Schwarm Arme, der uns aus der Hurerei beſtaͤn-
dig zuwaͤchſt, kan faſt jetzt nicht mehr ein Huͤlfs-
Mittel gefunden werden. Es erhellet alſo hieraus
die Nothwendigkeit, daß man ſich bemuͤhe dieſe boͤſe
Quelle zu verſtopfen. Dieſe Laſt wird taͤglich
ſchwerer, wo man ihr nicht bey Zeiten abhilft, ja
man wird noch lange Zeit hin das Ubel ſehen und
empfinden, das man ſich bisher zugezogen. An-
derswo iſt dieſe uͤble Folge der Hurerei nicht ſo
ſichtbar, in Berlin aber iſt ſie handgreiflich. Ich
waͤre vielleicht nicht drauf gekommen, oder haͤtte die
Wichtigkeit nicht ſo eingeſehen, wenn mich nicht die
vielen Bettler zum Nachdencken veranlaſſet haͤtten.

(3.) Es leidet ferner ein Regent dadurch gar
ſehr an ſeinen Einkuͤnften und Unterthanen. An
Einkuͤnften, weil ſolche muthwillige Bettler das
nicht geben koͤnnen, was ſie doch koͤnten, wenn ſie
in der Ordnung geblieben waͤren. An Unterthanen
und zugleich an Einkuͤnften leidet er, weil viele Men-
ſchen durch die Venus uͤm Geſundheit und Leben
kommen. Es werden zwar Kinder wieder geboh-
ren, allein das werden Bettler und boͤſe Buben, mit
denen einer Republic gar nicht gedienet iſt, erwach-
ſene aber verliehret er, dieſe verarmen oft uͤber ih-
ren unordentlichen Luͤſten, und wo ſie nicht ſterben,
ſo werden ſie doch untuͤchtig zur Arbeit und unge-
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[130/0176] Von der Hurerei und 15. Jahr, folglich faſt eben ſo viel Betiler. Laͤſt man das ſo fortdauren, ſo weiß ich nicht, was daraus werden wird. Wieder die Armuth, ſo von Ungluͤcks-Faͤllen, vom Alter und Schwachheiten herruͤhret, ſolte meiner Einſicht nach noch koͤnnen Anſtalt gemacht werden; allein wieder ſolchen Schwarm Arme, der uns aus der Hurerei beſtaͤn- dig zuwaͤchſt, kan faſt jetzt nicht mehr ein Huͤlfs- Mittel gefunden werden. Es erhellet alſo hieraus die Nothwendigkeit, daß man ſich bemuͤhe dieſe boͤſe Quelle zu verſtopfen. Dieſe Laſt wird taͤglich ſchwerer, wo man ihr nicht bey Zeiten abhilft, ja man wird noch lange Zeit hin das Ubel ſehen und empfinden, das man ſich bisher zugezogen. An- derswo iſt dieſe uͤble Folge der Hurerei nicht ſo ſichtbar, in Berlin aber iſt ſie handgreiflich. Ich waͤre vielleicht nicht drauf gekommen, oder haͤtte die Wichtigkeit nicht ſo eingeſehen, wenn mich nicht die vielen Bettler zum Nachdencken veranlaſſet haͤtten. (3.) Es leidet ferner ein Regent dadurch gar ſehr an ſeinen Einkuͤnften und Unterthanen. An Einkuͤnften, weil ſolche muthwillige Bettler das nicht geben koͤnnen, was ſie doch koͤnten, wenn ſie in der Ordnung geblieben waͤren. An Unterthanen und zugleich an Einkuͤnften leidet er, weil viele Men- ſchen durch die Venus uͤm Geſundheit und Leben kommen. Es werden zwar Kinder wieder geboh- ren, allein das werden Bettler und boͤſe Buben, mit denen einer Republic gar nicht gedienet iſt, erwach- ſene aber verliehret er, dieſe verarmen oft uͤber ih- ren unordentlichen Luͤſten, und wo ſie nicht ſterben, ſo werden ſie doch untuͤchtig zur Arbeit und unge- ſund. Und alſo wird die Zahl der Armen von Seiten

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/176>, abgerufen am 26.11.2024.