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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von Verhältniß der Sterbenden
fahrung solche können heraus bringen. Nach der-
selben nimmt man wahr, daß manchen Eltern alle
ihre Kinder leben bleiben, daß von 10 und mehrern
oft kaum ein paar sterben, daß aber hingegen andern
Eltern alle Kinder sterben, und sie nichts behalten.
Manche arme wünschten wohl daß sie nicht so viele
hätten, andere aber behielten sie gerne alle, weil sie
Mittel haben, sie zu erziehen und zu versorgen.
Oftmahls ist an Kindern einer gantzen Familie, ei-
nem Lande und grossem Reiche viel gelegen, und
es kan daher viel Gutes und Böses entstehen.
Wir Menschen, die wir uns oft zu Richter auf-
werfen und uns lassen düncken, die Sache müste
so und nicht anders gehen, urtheilen gar leicht mit
vieler Verwegenheit und beleidigen durch Unzufrie-
denheit und Murren die göttlichen Eigenschaften auf
das gröbeste, von denen alles in der Welt zwar or-
dentlich aber mehrentheils verborgen regieret wird.
Denn eben aus dieser Zusammenhaltung dieses Ge-
setzes und dieser Ordnung der Natur mit der Er-
fahrung kan man erkennen, wie zwar diese Regel
sich beständig finde, aber so, daß wir ihr nicht allezeit
können nachspühren. Und eben dieses läßt uns
schliessen, daß GOtt sich auch hierinn als einen ver-
borgenen aber gerechten und weisen GOtt bezeige,
der in denen meisten Familien bey dem Sterben
der Kinder von dieser Regel scheinet abzugehen, der
aber im gantzen sie dennoch weiß heraus zu bringen.
Warum aber geschicht solches? sucht nicht GOtt
dadurch seine verborgene Straffen und Belohnun-
gen als Absichten zu erreichen? Soll uns Men-
schen dieses nicht dazu dienen, daß wir an diese

Ab-

Von Verhaͤltniß der Sterbenden
fahrung ſolche koͤnnen heraus bringen. Nach der-
ſelben nimmt man wahr, daß manchen Eltern alle
ihre Kinder leben bleiben, daß von 10 und mehrern
oft kaum ein paar ſterben, daß aber hingegen andern
Eltern alle Kinder ſterben, und ſie nichts behalten.
Manche arme wuͤnſchten wohl daß ſie nicht ſo viele
haͤtten, andere aber behielten ſie gerne alle, weil ſie
Mittel haben, ſie zu erziehen und zu verſorgen.
Oftmahls iſt an Kindern einer gantzen Familie, ei-
nem Lande und groſſem Reiche viel gelegen, und
es kan daher viel Gutes und Boͤſes entſtehen.
Wir Menſchen, die wir uns oft zu Richter auf-
werfen und uns laſſen duͤncken, die Sache muͤſte
ſo und nicht anders gehen, urtheilen gar leicht mit
vieler Verwegenheit und beleidigen durch Unzufrie-
denheit und Murren die goͤttlichen Eigenſchaften auf
das groͤbeſte, von denen alles in der Welt zwar or-
dentlich aber mehrentheils verborgen regieret wird.
Denn eben aus dieſer Zuſammenhaltung dieſes Ge-
ſetzes und dieſer Ordnung der Natur mit der Er-
fahrung kan man erkennen, wie zwar dieſe Regel
ſich beſtaͤndig finde, aber ſo, daß wir ihr nicht allezeit
koͤnnen nachſpuͤhren. Und eben dieſes laͤßt uns
ſchlieſſen, daß GOtt ſich auch hierinn als einen ver-
borgenen aber gerechten und weiſen GOtt bezeige,
der in denen meiſten Familien bey dem Sterben
der Kinder von dieſer Regel ſcheinet abzugehen, der
aber im gantzen ſie dennoch weiß heraus zu bringen.
Warum aber geſchicht ſolches? ſucht nicht GOtt
dadurch ſeine verborgene Straffen und Belohnun-
gen als Abſichten zu erreichen? Soll uns Men-
ſchen dieſes nicht dazu dienen, daß wir an dieſe

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[210/0256] Von Verhaͤltniß der Sterbenden fahrung ſolche koͤnnen heraus bringen. Nach der- ſelben nimmt man wahr, daß manchen Eltern alle ihre Kinder leben bleiben, daß von 10 und mehrern oft kaum ein paar ſterben, daß aber hingegen andern Eltern alle Kinder ſterben, und ſie nichts behalten. Manche arme wuͤnſchten wohl daß ſie nicht ſo viele haͤtten, andere aber behielten ſie gerne alle, weil ſie Mittel haben, ſie zu erziehen und zu verſorgen. Oftmahls iſt an Kindern einer gantzen Familie, ei- nem Lande und groſſem Reiche viel gelegen, und es kan daher viel Gutes und Boͤſes entſtehen. Wir Menſchen, die wir uns oft zu Richter auf- werfen und uns laſſen duͤncken, die Sache muͤſte ſo und nicht anders gehen, urtheilen gar leicht mit vieler Verwegenheit und beleidigen durch Unzufrie- denheit und Murren die goͤttlichen Eigenſchaften auf das groͤbeſte, von denen alles in der Welt zwar or- dentlich aber mehrentheils verborgen regieret wird. Denn eben aus dieſer Zuſammenhaltung dieſes Ge- ſetzes und dieſer Ordnung der Natur mit der Er- fahrung kan man erkennen, wie zwar dieſe Regel ſich beſtaͤndig finde, aber ſo, daß wir ihr nicht allezeit koͤnnen nachſpuͤhren. Und eben dieſes laͤßt uns ſchlieſſen, daß GOtt ſich auch hierinn als einen ver- borgenen aber gerechten und weiſen GOtt bezeige, der in denen meiſten Familien bey dem Sterben der Kinder von dieſer Regel ſcheinet abzugehen, der aber im gantzen ſie dennoch weiß heraus zu bringen. Warum aber geſchicht ſolches? ſucht nicht GOtt dadurch ſeine verborgene Straffen und Belohnun- gen als Abſichten zu erreichen? Soll uns Men- ſchen dieſes nicht dazu dienen, daß wir an dieſe Ab-

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/256>, abgerufen am 23.11.2024.