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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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Von denen Kranckheiten
wesen? Und es ist ausgemacht, daß jede Unord-
nung in der Amme eine Unordnung im Kinde ver-
ursache, und es werden in dieser Stadt wenige Am-
men gefunden werden, die nicht in einem oder an-
derm Stück eine üble und kränckliche Beschaffenheit
solten an sich haben, hieraus entsteht eine üble Nah-
rung für das Kind, denn wie das Blut so ist auch
die Milch, und hieraus kommen, wie ich von sichern
Personen erfahren, der Scharbock, Ausschlag,
Kropf und viele andere üble Wirckungen. Ich bit-
te euch, um der vielen armen Kinder willen, die hie-
durch können gerettet werden, dieses alles wohl zu
erwegen, und das Volck mit dem allergrößtem
Nachdruck zu ermahnen, daß man die Kinder ihrer
eigenen Mutter Brust saugen lasse. So wohl das
Kind als auch die Mutter haben Vortheile davon.
Daß eine Mutter durch das Säugen soll entkräftet
werden, ist ein eitler und einfältiger Vorwand.
Ich behaupte, daß die Mutter dadurch stärcker wer-
de, und daß ihre Gesundheit dabey in besserem Zu-
stande sich befinde, als sonst. Sie wird finden, daß
solches die beste Cur und Präservativ gegen Mutter-
Beschwerungen und gegen die Unfälle bey folgender
Schwangerschaft und Gefahr des abortus. Ihre
Kinder werden wie die Riesen seyn, dahingegen sie
sonst einem lebendigem Schatten und unreiffen
Frucht nicht unähnlich. Und gewiß, wenn eine
Frau starck gnug ist ein Kind zur Welt zu bringen,
so ist sie auch ohnstreitig nachmahls starck gnug sel-
biges zu ernähren. Es thut mir wehe, wenn ich se-
he und daran gedencke, wie manches armes Kind
täglich durch sorglose Ammen ruiniret wird. Wel-
che Zärtlichkeit solte gleichwohl nicht gegen ein armes

Kind

Von denen Kranckheiten
weſen? Und es iſt ausgemacht, daß jede Unord-
nung in der Amme eine Unordnung im Kinde ver-
urſache, und es werden in dieſer Stadt wenige Am-
men gefunden werden, die nicht in einem oder an-
derm Stuͤck eine uͤble und kraͤnckliche Beſchaffenheit
ſolten an ſich haben, hieraus entſteht eine uͤble Nah-
rung fuͤr das Kind, denn wie das Blut ſo iſt auch
die Milch, und hieraus kommen, wie ich von ſichern
Perſonen erfahren, der Scharbock, Ausſchlag,
Kropf und viele andere uͤble Wirckungen. Ich bit-
te euch, um der vielen armen Kinder willen, die hie-
durch koͤnnen gerettet werden, dieſes alles wohl zu
erwegen, und das Volck mit dem allergroͤßtem
Nachdruck zu ermahnen, daß man die Kinder ihrer
eigenen Mutter Bruſt ſaugen laſſe. So wohl das
Kind als auch die Mutter haben Vortheile davon.
Daß eine Mutter durch das Saͤugen ſoll entkraͤftet
werden, iſt ein eitler und einfaͤltiger Vorwand.
Ich behaupte, daß die Mutter dadurch ſtaͤrcker wer-
de, und daß ihre Geſundheit dabey in beſſerem Zu-
ſtande ſich befinde, als ſonſt. Sie wird finden, daß
ſolches die beſte Cur und Praͤſervativ gegen Mutter-
Beſchwerungen und gegen die Unfaͤlle bey folgender
Schwangerſchaft und Gefahr des abortus. Ihre
Kinder werden wie die Rieſen ſeyn, dahingegen ſie
ſonſt einem lebendigem Schatten und unreiffen
Frucht nicht unaͤhnlich. Und gewiß, wenn eine
Frau ſtarck gnug iſt ein Kind zur Welt zu bringen,
ſo iſt ſie auch ohnſtreitig nachmahls ſtarck gnug ſel-
biges zu ernaͤhren. Es thut mir wehe, wenn ich ſe-
he und daran gedencke, wie manches armes Kind
taͤglich durch ſorgloſe Ammen ruiniret wird. Wel-
che Zaͤrtlichkeit ſolte gleichwohl nicht gegen ein armes

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[286/0334] Von denen Kranckheiten weſen? Und es iſt ausgemacht, daß jede Unord- nung in der Amme eine Unordnung im Kinde ver- urſache, und es werden in dieſer Stadt wenige Am- men gefunden werden, die nicht in einem oder an- derm Stuͤck eine uͤble und kraͤnckliche Beſchaffenheit ſolten an ſich haben, hieraus entſteht eine uͤble Nah- rung fuͤr das Kind, denn wie das Blut ſo iſt auch die Milch, und hieraus kommen, wie ich von ſichern Perſonen erfahren, der Scharbock, Ausſchlag, Kropf und viele andere uͤble Wirckungen. Ich bit- te euch, um der vielen armen Kinder willen, die hie- durch koͤnnen gerettet werden, dieſes alles wohl zu erwegen, und das Volck mit dem allergroͤßtem Nachdruck zu ermahnen, daß man die Kinder ihrer eigenen Mutter Bruſt ſaugen laſſe. So wohl das Kind als auch die Mutter haben Vortheile davon. Daß eine Mutter durch das Saͤugen ſoll entkraͤftet werden, iſt ein eitler und einfaͤltiger Vorwand. Ich behaupte, daß die Mutter dadurch ſtaͤrcker wer- de, und daß ihre Geſundheit dabey in beſſerem Zu- ſtande ſich befinde, als ſonſt. Sie wird finden, daß ſolches die beſte Cur und Praͤſervativ gegen Mutter- Beſchwerungen und gegen die Unfaͤlle bey folgender Schwangerſchaft und Gefahr des abortus. Ihre Kinder werden wie die Rieſen ſeyn, dahingegen ſie ſonſt einem lebendigem Schatten und unreiffen Frucht nicht unaͤhnlich. Und gewiß, wenn eine Frau ſtarck gnug iſt ein Kind zur Welt zu bringen, ſo iſt ſie auch ohnſtreitig nachmahls ſtarck gnug ſel- biges zu ernaͤhren. Es thut mir wehe, wenn ich ſe- he und daran gedencke, wie manches armes Kind taͤglich durch ſorgloſe Ammen ruiniret wird. Wel- che Zaͤrtlichkeit ſolte gleichwohl nicht gegen ein armes Kind

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/334>, abgerufen am 24.11.2024.