Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.Von denen Kranckheiten sind sie aber lange noch nicht alle. Mancher Selbst-mörder bleibt verschwiegen, und wird von seinen Freunden zur Vermeidung der Schande heimlich weggebracht, welches in einem so weitläuftigen Or- te süglich angehet. Zu vermuthen ist auch, daß un- ter denen ersoffenen mancher seyn mag, der sich selbst in das Wasser gestürtzet. Insonderheit aber bemercket Graunt, [t] daß die Geilheit vielmehr Menschen tödte als in der Liste enthalten. Er hat ausgefunden daß die 392, so am Malo de los Indos, wie es die Spanier nennen, gestorben, nur vornem- lich aus 2 Kirchspielen, nemlich Aegidii und Mar- tini in the fields, wären, als woselbst die gantz gerin- gen und liederlichsten Hur-Häuser. Die, so in Hospitälern daran gestorben, sind damahls unter dem Titel der an Geschwüren gestorbenen einge- bracht. Er vermuthet auch, daß nur die Personen angegeben, die verhaßt und deren Nasen gantz weg- gefressen gewesen, und daß hingegen sehr viele an- dere zu denen an Consumtion oder Abzehrung ge- storbenen gerechnet worden, theils weil die alten Weiber nach dem Tode nicht so genau erkennen können, woher die Abzehrung entstanden, theils weil sie sich oft durch ein Glaß Ale oder Doppel-Bier die Augen blenden, und durch 2 Groschen statt ei- nen von der gar zu genauen Untersuchung zurück halten lassen. Hieraus läßt sich denn auch die Ur- sach erkennen, woher in London so viele Schwind- süchtige und Hectische. Es ist nicht zu leugnen, die Lufft und andere äusserliche Dinge sind bey vielen die Ursach, aber es ist auch offenbahr, daß sehr viele durch Unmäßigkeit in der Venus und Bachus ihre Kräfte [t] Observ. c. 3. §. 7.
Von denen Kranckheiten ſind ſie aber lange noch nicht alle. Mancher Selbſt-moͤrder bleibt verſchwiegen, und wird von ſeinen Freunden zur Vermeidung der Schande heimlich weggebracht, welches in einem ſo weitlaͤuftigen Or- te ſuͤglich angehet. Zu vermuthen iſt auch, daß un- ter denen erſoffenen mancher ſeyn mag, der ſich ſelbſt in das Waſſer geſtuͤrtzet. Inſonderheit aber bemercket Graunt, [t] daß die Geilheit vielmehr Menſchen toͤdte als in der Liſte enthalten. Er hat ausgefunden daß die 392, ſo am Malo de los Indos, wie es die Spanier nennen, geſtorben, nur vornem- lich aus 2 Kirchſpielen, nemlich Aegidii und Mar- tini in the fields, waͤren, als woſelbſt die gantz gerin- gen und liederlichſten Hur-Haͤuſer. Die, ſo in Hoſpitaͤlern daran geſtorben, ſind damahls unter dem Titel der an Geſchwuͤren geſtorbenen einge- bracht. Er vermuthet auch, daß nur die Perſonen angegeben, die verhaßt und deren Naſen gantz weg- gefreſſen geweſen, und daß hingegen ſehr viele an- dere zu denen an Conſumtion oder Abzehrung ge- ſtorbenen gerechnet worden, theils weil die alten Weiber nach dem Tode nicht ſo genau erkennen koͤnnen, woher die Abzehrung entſtanden, theils weil ſie ſich oft durch ein Glaß Ale oder Doppel-Bier die Augen blenden, und durch 2 Groſchen ſtatt ei- nen von der gar zu genauen Unterſuchung zuruͤck halten laſſen. Hieraus laͤßt ſich denn auch die Ur- ſach erkennen, woher in London ſo viele Schwind- ſuͤchtige und Hectiſche. Es iſt nicht zu leugnen, die Lufft und andere aͤuſſerliche Dinge ſind bey vielen die Urſach, aber es iſt auch offenbahr, daß ſehr viele durch Unmaͤßigkeit in der Venus und Bachus ihre Kraͤfte [t] Obſerv. c. 3. §. 7.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0344" n="296"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von denen Kranckheiten</hi></fw><lb/> ſind ſie aber lange noch nicht alle. Mancher Selbſt-<lb/> moͤrder bleibt verſchwiegen, und wird von ſeinen<lb/> Freunden zur Vermeidung der Schande heimlich<lb/> weggebracht, welches in einem ſo weitlaͤuftigen Or-<lb/> te ſuͤglich angehet. Zu vermuthen iſt auch, daß un-<lb/> ter denen erſoffenen mancher ſeyn mag, der ſich<lb/> ſelbſt in das Waſſer geſtuͤrtzet. Inſonderheit aber<lb/> bemercket Graunt, <note place="foot" n="[t]"><hi rendition="#aq">Obſerv. c.</hi> 3. §. 7.</note> daß die Geilheit vielmehr<lb/> Menſchen toͤdte als in der Liſte enthalten. Er hat<lb/> ausgefunden daß die 392, ſo am <hi rendition="#aq">Malo de los Indos,</hi><lb/> wie es die Spanier nennen, geſtorben, nur vornem-<lb/> lich aus 2 Kirchſpielen, nemlich Aegidii und Mar-<lb/> tini <hi rendition="#aq">in the fields,</hi> waͤren, als woſelbſt die gantz gerin-<lb/> gen und liederlichſten Hur-Haͤuſer. Die, ſo in<lb/> Hoſpitaͤlern daran geſtorben, ſind damahls unter<lb/> dem Titel der an Geſchwuͤren geſtorbenen einge-<lb/> bracht. Er vermuthet auch, daß nur die Perſonen<lb/> angegeben, die verhaßt und deren Naſen gantz weg-<lb/> gefreſſen geweſen, und daß hingegen ſehr viele an-<lb/> dere zu denen an Conſumtion oder Abzehrung ge-<lb/> ſtorbenen gerechnet worden, theils weil die alten<lb/> Weiber nach dem Tode nicht ſo genau erkennen<lb/> koͤnnen, woher die Abzehrung entſtanden, theils weil<lb/> ſie ſich oft durch ein Glaß Ale oder Doppel-Bier<lb/> die Augen blenden, und durch 2 Groſchen ſtatt ei-<lb/> nen von der gar zu genauen Unterſuchung zuruͤck<lb/> halten laſſen. Hieraus laͤßt ſich denn auch die Ur-<lb/> ſach erkennen, woher in London ſo viele Schwind-<lb/> ſuͤchtige und Hectiſche. Es iſt nicht zu leugnen, die<lb/> Lufft und andere aͤuſſerliche Dinge ſind bey vielen<lb/> die Urſach, aber es iſt auch offenbahr, daß ſehr viele<lb/> durch Unmaͤßigkeit in der Venus und Bachus ihre<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Kraͤfte</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0344]
Von denen Kranckheiten
ſind ſie aber lange noch nicht alle. Mancher Selbſt-
moͤrder bleibt verſchwiegen, und wird von ſeinen
Freunden zur Vermeidung der Schande heimlich
weggebracht, welches in einem ſo weitlaͤuftigen Or-
te ſuͤglich angehet. Zu vermuthen iſt auch, daß un-
ter denen erſoffenen mancher ſeyn mag, der ſich
ſelbſt in das Waſſer geſtuͤrtzet. Inſonderheit aber
bemercket Graunt, [t] daß die Geilheit vielmehr
Menſchen toͤdte als in der Liſte enthalten. Er hat
ausgefunden daß die 392, ſo am Malo de los Indos,
wie es die Spanier nennen, geſtorben, nur vornem-
lich aus 2 Kirchſpielen, nemlich Aegidii und Mar-
tini in the fields, waͤren, als woſelbſt die gantz gerin-
gen und liederlichſten Hur-Haͤuſer. Die, ſo in
Hoſpitaͤlern daran geſtorben, ſind damahls unter
dem Titel der an Geſchwuͤren geſtorbenen einge-
bracht. Er vermuthet auch, daß nur die Perſonen
angegeben, die verhaßt und deren Naſen gantz weg-
gefreſſen geweſen, und daß hingegen ſehr viele an-
dere zu denen an Conſumtion oder Abzehrung ge-
ſtorbenen gerechnet worden, theils weil die alten
Weiber nach dem Tode nicht ſo genau erkennen
koͤnnen, woher die Abzehrung entſtanden, theils weil
ſie ſich oft durch ein Glaß Ale oder Doppel-Bier
die Augen blenden, und durch 2 Groſchen ſtatt ei-
nen von der gar zu genauen Unterſuchung zuruͤck
halten laſſen. Hieraus laͤßt ſich denn auch die Ur-
ſach erkennen, woher in London ſo viele Schwind-
ſuͤchtige und Hectiſche. Es iſt nicht zu leugnen, die
Lufft und andere aͤuſſerliche Dinge ſind bey vielen
die Urſach, aber es iſt auch offenbahr, daß ſehr viele
durch Unmaͤßigkeit in der Venus und Bachus ihre
Kraͤfte
[t] Obſerv. c. 3. §. 7.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |