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Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741.

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zur Bestimmung der Lebendigen.
§. 109.

Vielen werden einige Zahlen viel zu klein schei-
nen. Man will seine Vater-Stadt gerne groß ha-
ben. Man erwegt aber nicht was die Sache auf
sich habe. Fast in allen Pariser Calendern, und
auch in vielen Geographischen Büchern wird die
Anzahl der Einwohner in Paris auf 2 Millionen
gesetzet. Die Wörter sind bald ausgesprochen, aber
man bedencke was dazu erfordert wird, 2 Millionen
Magen täglich zu füllen. Es ist nicht unmöglich,
aber es stimmt doch nicht mit obigen Regeln zusam-
men. Ich bescheide mich gerne, daß diese Regeln
hin und wieder einige Ausnahme leiden: aber so
ungewiß sind sie doch gewiß nicht, daß statt 20 oder
30, 60 und mehr erfordert würden, daß einer dar-
aus sterbe. So wie es mit Paris gehet, so ist es
allezeit gegangen, und werden viele Städte grösser
und volckreicher gemacht als sie würcklich sind.
Graunt meldet, daß die unverständige Prahlereyen,
indem man London niemahls weniger als etliche
Millionen zugeschrieben, ihn veranlasset die Sache
zu untersuchen. Die Stadt Wien hat auch dieses
Glück gehabt, daß man ihr ein paar mahl mehr Ein-
wohner, als sie würcklich hat, beygeleget. Sie hat
nach der vorigen Rechnung noch nicht 200 tausend,
soll aber nach des Pater Reiffenstuhls [c] und an-
drer Ausspruch 600 tausend haben. Man kan nicht
ohne lachen lesen, wie dieser Mann sich hat angele-
gen seyn lassen, Wien allen andern Städten vorzu-
ziehen. Er giebt ihr 20830 Schritt im Umfang.
Das kan seyn, wenn man die Linie rechnet, die um

Wien
[c] in Vienna gloriosa 1703. in fol.
W 3
zur Beſtimmung der Lebendigen.
§. 109.

Vielen werden einige Zahlen viel zu klein ſchei-
nen. Man will ſeine Vater-Stadt gerne groß ha-
ben. Man erwegt aber nicht was die Sache auf
ſich habe. Faſt in allen Pariſer Calendern, und
auch in vielen Geographiſchen Buͤchern wird die
Anzahl der Einwohner in Paris auf 2 Millionen
geſetzet. Die Woͤrter ſind bald ausgeſprochen, aber
man bedencke was dazu erfordert wird, 2 Millionen
Magen taͤglich zu fuͤllen. Es iſt nicht unmoͤglich,
aber es ſtimmt doch nicht mit obigen Regeln zuſam-
men. Ich beſcheide mich gerne, daß dieſe Regeln
hin und wieder einige Ausnahme leiden: aber ſo
ungewiß ſind ſie doch gewiß nicht, daß ſtatt 20 oder
30, 60 und mehr erfordert wuͤrden, daß einer dar-
aus ſterbe. So wie es mit Paris gehet, ſo iſt es
allezeit gegangen, und werden viele Staͤdte groͤſſer
und volckreicher gemacht als ſie wuͤrcklich ſind.
Graunt meldet, daß die unverſtaͤndige Prahlereyen,
indem man London niemahls weniger als etliche
Millionen zugeſchrieben, ihn veranlaſſet die Sache
zu unterſuchen. Die Stadt Wien hat auch dieſes
Gluͤck gehabt, daß man ihr ein paar mahl mehr Ein-
wohner, als ſie wuͤrcklich hat, beygeleget. Sie hat
nach der vorigen Rechnung noch nicht 200 tauſend,
ſoll aber nach des Pater Reiffenſtuhls [c] und an-
drer Ausſpruch 600 tauſend haben. Man kan nicht
ohne lachen leſen, wie dieſer Mann ſich hat angele-
gen ſeyn laſſen, Wien allen andern Staͤdten vorzu-
ziehen. Er giebt ihr 20830 Schritt im Umfang.
Das kan ſeyn, wenn man die Linie rechnet, die um

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[c] in Vienna glorioſa 1703. in fol.
W 3
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[325/0373] zur Beſtimmung der Lebendigen. §. 109. Vielen werden einige Zahlen viel zu klein ſchei- nen. Man will ſeine Vater-Stadt gerne groß ha- ben. Man erwegt aber nicht was die Sache auf ſich habe. Faſt in allen Pariſer Calendern, und auch in vielen Geographiſchen Buͤchern wird die Anzahl der Einwohner in Paris auf 2 Millionen geſetzet. Die Woͤrter ſind bald ausgeſprochen, aber man bedencke was dazu erfordert wird, 2 Millionen Magen taͤglich zu fuͤllen. Es iſt nicht unmoͤglich, aber es ſtimmt doch nicht mit obigen Regeln zuſam- men. Ich beſcheide mich gerne, daß dieſe Regeln hin und wieder einige Ausnahme leiden: aber ſo ungewiß ſind ſie doch gewiß nicht, daß ſtatt 20 oder 30, 60 und mehr erfordert wuͤrden, daß einer dar- aus ſterbe. So wie es mit Paris gehet, ſo iſt es allezeit gegangen, und werden viele Staͤdte groͤſſer und volckreicher gemacht als ſie wuͤrcklich ſind. Graunt meldet, daß die unverſtaͤndige Prahlereyen, indem man London niemahls weniger als etliche Millionen zugeſchrieben, ihn veranlaſſet die Sache zu unterſuchen. Die Stadt Wien hat auch dieſes Gluͤck gehabt, daß man ihr ein paar mahl mehr Ein- wohner, als ſie wuͤrcklich hat, beygeleget. Sie hat nach der vorigen Rechnung noch nicht 200 tauſend, ſoll aber nach des Pater Reiffenſtuhls [c] und an- drer Ausſpruch 600 tauſend haben. Man kan nicht ohne lachen leſen, wie dieſer Mann ſich hat angele- gen ſeyn laſſen, Wien allen andern Staͤdten vorzu- ziehen. Er giebt ihr 20830 Schritt im Umfang. Das kan ſeyn, wenn man die Linie rechnet, die um Wien [c] in Vienna glorioſa 1703. in fol. W 3

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Zitationshilfe: Süssmilch, Johann Peter: Die göttliche Ordnung in den Veränderungen des menschlichen Geschlechts aus der Geburt, Tod und Fortpflanzung desselben. Berlin, 1741, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suessmilch_ordnung_1741/373>, abgerufen am 22.11.2024.