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Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742.

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Beschreibung einiger Merckwürdigkeiten
lang, bis sie sich nach und nach an unser Land gewehnt haben. Denn
alle Pflanzen behalten in fremden Ländern einige Jahre lang überall
ihre natürliche Art, hernach aber verändern sie sich nach und nach,
daß man also keine fremde Pflantze lange in ihrer Natur haben kan.
Der Herr M. Kolb berichtet in seiner Beschreibung des Vorge-
bürges der guten Hoffnung
in dem X. Brief I. B. daß man auf
dem Vorgebürge die Europäische Pflantzen nicht länger als 3. Jahr
in ihrer Natur haben könne, nach deren Verlauff schlagen sie überall
aus der Art; daher man denn alle 3. Jahr neue Saamen aus Hol-
land kommen läßt. Es wäre gewiß eine nützliche Bemühung, wenn
sich ein Kräuter-verständiger die Mühe geben würde, zu versuchen,
wie weit man eine Pflantze durch Versetzung in fremdes Erdrich,
Wartung, und andere Mittel, verändern könte. Man kan lesen,
was der scharfsinnige Herr Linneus aus Schweden hievon in den
Abhandlungen der Schwedischen
Academie der Wissenschaften
1. Theil
geschrieben.

Fruchtbar-
keit dieser
Gegend.

Wieder auf die Herrschaft Knonau zu kommen, so ist zu wis-
sen, daß sie nach Beschaffenheit ihrer Grösse eine der fruchtbarsten
Gegenden in dem Canton Zürich ist. Zwar wächst da wenig Wein,
an welchem andre Oerter bey guten Jahren einen Uberfluß haben:
hingegen wird dieser Mangel durch die grosse Menge Obst ersetzet,
insonderheit der Birnen, aus welchen man Most preßt, der den
Unrechter
Gebrauch
der Birnen.
Bauren meistentheils anstatt des Weins dienet. Dieser Gebrauch
der Birnen ist zwar nicht überall gut zu heissen, denn es wäre ohne
Zweifel besser, wenn man sie würde dürr machen und zur Speise
brauchen: wie viel Brod könte man dadurch erspahren: auch könten
arme Leute dieselben, wenn fruchtbare Jahre sind, um ein geringes
Geld kauffen, weil es einen grossen Uberfluß gibt, da sie hingegen
Grosse Men-
ge des
Obstes.
sehr wenig davon bekommen, wenn sie vermostet werden. Von der
Fruchtbarkeit dieses Ländleins ein Zeugniß zu geben, kan folgendes
dienen, daß nach einer gewissen Berechnung nur in dem Dorff
Knonau, allwo nicht viel über 300. Seelen wohnen, in einem Jahre
60000. Viertel Obst (nur die Aepfel und Birnen gerechnet) gewach-
Getrayd.sen sind. (*) Neben diesem ist es an Getrayde auch reich, denn ich habe
nach gemachten vielen Berechnungen der Zehenden gefunden, daß,
ein Jahr durch das andre gerechnet, in jedem Jahr wenigstens

12000.
(*) Ein Viertel ist der vierte Theil eines Scheffels oder Mütts.

Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten
lang, bis ſie ſich nach und nach an unſer Land gewehnt haben. Denn
alle Pflanzen behalten in fremden Laͤndern einige Jahre lang uͤberall
ihre natuͤrliche Art, hernach aber veraͤndern ſie ſich nach und nach,
daß man alſo keine fremde Pflantze lange in ihrer Natur haben kan.
Der Herꝛ M. Kolb berichtet in ſeiner Beſchreibung des Vorge-
buͤrges der guten Hoffnung
in dem X. Brief I. B. daß man auf
dem Vorgebuͤrge die Europaͤiſche Pflantzen nicht laͤnger als 3. Jahr
in ihrer Natur haben koͤnne, nach deren Verlauff ſchlagen ſie uͤberall
aus der Art; daher man denn alle 3. Jahr neue Saamen aus Hol-
land kommen laͤßt. Es waͤre gewiß eine nuͤtzliche Bemuͤhung, wenn
ſich ein Kraͤuter-verſtaͤndiger die Muͤhe geben wuͤrde, zu verſuchen,
wie weit man eine Pflantze durch Verſetzung in fremdes Erdrich,
Wartung, und andere Mittel, veraͤndern koͤnte. Man kan leſen,
was der ſcharfſinnige Herꝛ Linneus aus Schweden hievon in den
Abhandlungen der Schwediſchen
Academie der Wiſſenſchaften
1. Theil
geſchrieben.

Fruchtbar-
keit dieſer
Gegend.

Wieder auf die Herꝛſchaft Knonau zu kommen, ſo iſt zu wiſ-
ſen, daß ſie nach Beſchaffenheit ihrer Groͤſſe eine der fruchtbarſten
Gegenden in dem Canton Zuͤrich iſt. Zwar waͤchſt da wenig Wein,
an welchem andre Oerter bey guten Jahren einen Uberfluß haben:
hingegen wird dieſer Mangel durch die groſſe Menge Obſt erſetzet,
inſonderheit der Birnen, aus welchen man Moſt preßt, der den
Unrechter
Gebrauch
der Birnen.
Bauren meiſtentheils anſtatt des Weins dienet. Dieſer Gebrauch
der Birnen iſt zwar nicht uͤberall gut zu heiſſen, denn es waͤre ohne
Zweifel beſſer, wenn man ſie wuͤrde duͤrꝛ machen und zur Speiſe
brauchen: wie viel Brod koͤnte man dadurch erſpahren: auch koͤnten
arme Leute dieſelben, wenn fruchtbare Jahre ſind, um ein geringes
Geld kauffen, weil es einen groſſen Uberfluß gibt, da ſie hingegen
Groſſe Men-
ge des
Obſtes.
ſehr wenig davon bekommen, wenn ſie vermoſtet werden. Von der
Fruchtbarkeit dieſes Laͤndleins ein Zeugniß zu geben, kan folgendes
dienen, daß nach einer gewiſſen Berechnung nur in dem Dorff
Knonau, allwo nicht viel uͤber 300. Seelen wohnen, in einem Jahre
60000. Viertel Obſt (nur die Aepfel und Birnen gerechnet) gewach-
Getrayd.ſen ſind. (*) Neben dieſem iſt es an Getrayde auch reich, denn ich habe
nach gemachten vielen Berechnungen der Zehenden gefunden, daß,
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(*) Ein Viertel iſt der vierte Theil eines Scheffels oder Muͤtts.
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[24/0028] Beſchreibung einiger Merckwuͤrdigkeiten lang, bis ſie ſich nach und nach an unſer Land gewehnt haben. Denn alle Pflanzen behalten in fremden Laͤndern einige Jahre lang uͤberall ihre natuͤrliche Art, hernach aber veraͤndern ſie ſich nach und nach, daß man alſo keine fremde Pflantze lange in ihrer Natur haben kan. Der Herꝛ M. Kolb berichtet in ſeiner Beſchreibung des Vorge- buͤrges der guten Hoffnung in dem X. Brief I. B. daß man auf dem Vorgebuͤrge die Europaͤiſche Pflantzen nicht laͤnger als 3. Jahr in ihrer Natur haben koͤnne, nach deren Verlauff ſchlagen ſie uͤberall aus der Art; daher man denn alle 3. Jahr neue Saamen aus Hol- land kommen laͤßt. Es waͤre gewiß eine nuͤtzliche Bemuͤhung, wenn ſich ein Kraͤuter-verſtaͤndiger die Muͤhe geben wuͤrde, zu verſuchen, wie weit man eine Pflantze durch Verſetzung in fremdes Erdrich, Wartung, und andere Mittel, veraͤndern koͤnte. Man kan leſen, was der ſcharfſinnige Herꝛ Linneus aus Schweden hievon in den Abhandlungen der Schwediſchen Academie der Wiſſenſchaften 1. Theil geſchrieben. Wieder auf die Herꝛſchaft Knonau zu kommen, ſo iſt zu wiſ- ſen, daß ſie nach Beſchaffenheit ihrer Groͤſſe eine der fruchtbarſten Gegenden in dem Canton Zuͤrich iſt. Zwar waͤchſt da wenig Wein, an welchem andre Oerter bey guten Jahren einen Uberfluß haben: hingegen wird dieſer Mangel durch die groſſe Menge Obſt erſetzet, inſonderheit der Birnen, aus welchen man Moſt preßt, der den Bauren meiſtentheils anſtatt des Weins dienet. Dieſer Gebrauch der Birnen iſt zwar nicht uͤberall gut zu heiſſen, denn es waͤre ohne Zweifel beſſer, wenn man ſie wuͤrde duͤrꝛ machen und zur Speiſe brauchen: wie viel Brod koͤnte man dadurch erſpahren: auch koͤnten arme Leute dieſelben, wenn fruchtbare Jahre ſind, um ein geringes Geld kauffen, weil es einen groſſen Uberfluß gibt, da ſie hingegen ſehr wenig davon bekommen, wenn ſie vermoſtet werden. Von der Fruchtbarkeit dieſes Laͤndleins ein Zeugniß zu geben, kan folgendes dienen, daß nach einer gewiſſen Berechnung nur in dem Dorff Knonau, allwo nicht viel uͤber 300. Seelen wohnen, in einem Jahre 60000. Viertel Obſt (nur die Aepfel und Birnen gerechnet) gewach- ſen ſind. (*) Neben dieſem iſt es an Getrayde auch reich, denn ich habe nach gemachten vielen Berechnungen der Zehenden gefunden, daß, ein Jahr durch das andre gerechnet, in jedem Jahr wenigſtens 12000. Unrechter Gebrauch der Birnen. Groſſe Men- ge des Obſtes. Getrayd. (*) Ein Viertel iſt der vierte Theil eines Scheffels oder Muͤtts.

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Beschreibung einiger Merckwüdigkeiten, Welche er in einer Ao. 1742. gemachten Berg-Reise durch einige Oerter der Schweitz beobachtet hat. Zürich, 1742, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1742/28>, abgerufen am 21.11.2024.