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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von einer nach Nizza

Auf dieser Straße von Avignon nach Bonpas,
wo man über die Durance fährt, hat man gegen
Nordost die Aussicht auf ein angenehmes, etwa drey
Stunden weit ins Land hinein liegendes Gebürge, und
auf die Hügel, zwischen denen Vaucluse liegt, das
durch den platonischen Petrarcha, der da seine schö-
ne Laura so unnachahmlich besang, berühmt worden
ist. Bey wärmerm und stillern Wetter hätte ich un-
fehlbar eine Wallfahrt nach dieser reizenden Einsiede-
ley vorgenommen.

Die Durance

Man passirt die Durance auf einer an einem
Tau laufenden Fähre. Jch fand sie nicht so gut ge-
macht, als sie in Deutschland zu seyn pflegen, wo
man das Vorder- oder Hintertheil der Fähre an das
Ufer richtet, und so mit Pferd und Wagen in die
Fähre hinein und hernach wieder heraus fährt. Hier
ist die Fähre mit einer Brücke bedeckt, und legt
die Seite aus Ufer an, von welchem man denn den
Wagen, nachdem die Pferde ausgespannt worden,
auf die Brücke der Fähre schiebet, die kaum breit ge-
nug ist, einem Wagen mit vier Rädern Raum zu ge-
ben. Die Durance ist ein schlimmer Fluß, der
bey jedem Regenwetter gewaltig anwächst, und dann
gar oft, bis sich das Wasser verlaufen hat, nicht kann
passirt werden. Dadurch werden die Posten von Pa-
ris nach der Provence sehr oft so aufgehalten, daß sie
von zwey Posttagen zusammentreffen. Man zählt
deswegen diesen Fluß unter die drey Dinge, die der
Provence beschwerlich fallen, und sagt im gemeinen
Sprichworte:

Le Parlement, le Mistral et la Durance
Font trembler toute la Provence.
Der
Tagebuch von einer nach Nizza

Auf dieſer Straße von Avignon nach Bonpas,
wo man uͤber die Durance faͤhrt, hat man gegen
Nordoſt die Ausſicht auf ein angenehmes, etwa drey
Stunden weit ins Land hinein liegendes Gebuͤrge, und
auf die Huͤgel, zwiſchen denen Vaucluſe liegt, das
durch den platoniſchen Petrarcha, der da ſeine ſchoͤ-
ne Laura ſo unnachahmlich beſang, beruͤhmt worden
iſt. Bey waͤrmerm und ſtillern Wetter haͤtte ich un-
fehlbar eine Wallfahrt nach dieſer reizenden Einſiede-
ley vorgenommen.

Die Durance

Man paſſirt die Durance auf einer an einem
Tau laufenden Faͤhre. Jch fand ſie nicht ſo gut ge-
macht, als ſie in Deutſchland zu ſeyn pflegen, wo
man das Vorder- oder Hintertheil der Faͤhre an das
Ufer richtet, und ſo mit Pferd und Wagen in die
Faͤhre hinein und hernach wieder heraus faͤhrt. Hier
iſt die Faͤhre mit einer Bruͤcke bedeckt, und legt
die Seite aus Ufer an, von welchem man denn den
Wagen, nachdem die Pferde ausgeſpannt worden,
auf die Bruͤcke der Faͤhre ſchiebet, die kaum breit ge-
nug iſt, einem Wagen mit vier Raͤdern Raum zu ge-
ben. Die Durance iſt ein ſchlimmer Fluß, der
bey jedem Regenwetter gewaltig anwaͤchſt, und dann
gar oft, bis ſich das Waſſer verlaufen hat, nicht kann
paſſirt werden. Dadurch werden die Poſten von Pa-
ris nach der Provence ſehr oft ſo aufgehalten, daß ſie
von zwey Poſttagen zuſammentreffen. Man zaͤhlt
deswegen dieſen Fluß unter die drey Dinge, die der
Provence beſchwerlich fallen, und ſagt im gemeinen
Sprichworte:

Le Parlement, le Miſtral et la Durance
Font trembler toute la Provence.
Der
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[104/0124] Tagebuch von einer nach Nizza Auf dieſer Straße von Avignon nach Bonpas, wo man uͤber die Durance faͤhrt, hat man gegen Nordoſt die Ausſicht auf ein angenehmes, etwa drey Stunden weit ins Land hinein liegendes Gebuͤrge, und auf die Huͤgel, zwiſchen denen Vaucluſe liegt, das durch den platoniſchen Petrarcha, der da ſeine ſchoͤ- ne Laura ſo unnachahmlich beſang, beruͤhmt worden iſt. Bey waͤrmerm und ſtillern Wetter haͤtte ich un- fehlbar eine Wallfahrt nach dieſer reizenden Einſiede- ley vorgenommen. Man paſſirt die Durance auf einer an einem Tau laufenden Faͤhre. Jch fand ſie nicht ſo gut ge- macht, als ſie in Deutſchland zu ſeyn pflegen, wo man das Vorder- oder Hintertheil der Faͤhre an das Ufer richtet, und ſo mit Pferd und Wagen in die Faͤhre hinein und hernach wieder heraus faͤhrt. Hier iſt die Faͤhre mit einer Bruͤcke bedeckt, und legt die Seite aus Ufer an, von welchem man denn den Wagen, nachdem die Pferde ausgeſpannt worden, auf die Bruͤcke der Faͤhre ſchiebet, die kaum breit ge- nug iſt, einem Wagen mit vier Raͤdern Raum zu ge- ben. Die Durance iſt ein ſchlimmer Fluß, der bey jedem Regenwetter gewaltig anwaͤchſt, und dann gar oft, bis ſich das Waſſer verlaufen hat, nicht kann paſſirt werden. Dadurch werden die Poſten von Pa- ris nach der Provence ſehr oft ſo aufgehalten, daß ſie von zwey Poſttagen zuſammentreffen. Man zaͤhlt deswegen dieſen Fluß unter die drey Dinge, die der Provence beſchwerlich fallen, und ſagt im gemeinen Sprichworte: Le Parlement, le Miſtral et la Durance Font trembler toute la Provence. Der

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/124>, abgerufen am 21.11.2024.